Archäologie: Die Nadel im Knochenhaufen
Elf Stunden dauert die Fahrt von Nowosibirsk zu einem der wohl aufregendsten archäologischen Fundorte der letzten Jahre. Der Weg führt über holprige Straßen Richtung Südosten durch die weite Ebene der südsibirischen Steppe, bis sich schließlich die Ausläufer des Altai-Gebirges vor uns erheben. Schluchten, reißende Gebirgsbäche und idyllische Holzhäuser prägen die Landschaft; Adler schweben über uns hinweg. Hoch über dem Fluss Anui, hinter der Kurve eines Feldwegs, taucht sie plötzlich auf: die Denisova-Höhle – und alle Gedanken an die lange, strapaziöse Reise verfliegen. Genau dort entdeckten Archäologen vor rund zehn Jahren die Überreste einer bis dahin unbekannten Menschenart und veränderten damit grundlegend unsere Vorstellung von der menschlichen Frühzeit.
Nachdem unsere Spezies, der Homo sapiens, vor Hunderttausenden von Jahren in Afrika auftauchte, breitete sie sich allmählich nach Europa und Asien aus. Dort begegnete sie anderen Menschenformen wie den Neandertalern, mit denen sie sich jahrtausendelang ihren Lebensraum teilte, bevor diese schließlich verschwanden. Inzwischen wissen wir, dass die verschiedenen Menschengruppen nicht nur nebeneinander hergelebt hatten. Sie zeugten sogar Nachwuchs miteinander. Noch heute tragen wir Menschen die DNA unserer ausgestorbenen Verwandten in uns.
Wann und wo genau sich unsere Vorfahren getroffen haben, wie oft sie sich vermischt haben und wie sie sich gegenseitig kulturell beeinflussten, ist allerdings immer noch ein Rätsel. Leider kennen wir bisher noch zu wenige Fundplätze aus jener Zeit, und oft bargen diese lediglich Steinwerkzeuge und andere Artefakte. Menschliche Fossilien, die vollständig genug wären, um sie sicher einer bestimmten Menschenart zuordnen zu können, fehlen hingegen fast immer. Und so lässt sich nur selten feststellen, welche Spezies die Geräte hergestellt hat, die man aus jener Übergangszeit kennt, und wie diese genau zu datieren sind …
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