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Aschewinter: Keine globalen Katastrophen durch Supervulkane

Gigantische Vulkane verursachen durch ihre Aschewolken ebenso katastrophale vulkanische Winter – sollte man meinen. Doch der Kühleffekt eines Supervulkans bleibt wohl mäßig.
Vulkan Pinatubo, Philippinen, Eruptionswolke
Der Ausbruch des Pinatubo im Jahr 1991 kühlte die Erde um etwa ein halbes Grad ab. Untersuchungen zeigen, dass selbst die größten Vulkane nur zirka dreimal so stark kühlen.

Wenn Supervulkane wie die Yellowstone-Caldera in den USA oder Mount Toba in Indonesien explodieren, schießen sie enorme Mengen Asche und Schwefel bis hoch in die Stratosphäre. Seit Jahrzehnten rätseln Fachleute, ob das eine globale Katastrophe auslösen könnte. Grundsätzlich erscheint das plausibel: Schon kleinere Ausbrüche in historischer Zeit senkten die globale Temperatur deutlich. Vielfach gewaltigere Ausbrüche sollten einen entsprechend drastischeren vulkanischen Winter auslösen – so gibt es die Hypothese, dass eine Eruption des Toba-Supervulkans vor 74 000 Jahren die Menschheit an den Rand des Aussterbens brachte. Doch nun legt die Untersuchung eines Teams um Zachary McGraw von der Columbia University in New York nahe, dass der Klimaeffekt der Supervulkane deutlich überschätzt wird.

Wie das Team in der Fachzeitschrift »Journal of Climate« berichtet, ist auch bei den größten Ausbrüchen der Kühleffekt wohl moderat. In der Analyse gingen die Fachleute zwei große Probleme der bisherigen Forschung direkt an. Zum einen nämlich gibt es keine klaren geologischen Hinweise auf globale Katastrophen im Zusammenhang mit bekannten Supervulkan-Eruptionen. Zum anderen liefern bisherige Modelle eines supervulkanischen Winters sehr unterschiedliche Ergebnisse für den Kühleffekt. Die enorme Unsicherheit in den Modellen rührt, wie die Arbeitsgruppe berichtet, aus dem starken Einfluss, den die Größe der kühlenden Schwefelaerosole auf den Effekt hat. Und es ist schwer, genaue Größenangaben zu den Schwefelaerosolen zu machen, die ein Supervulkan erzeugt.

Die Arbeitsgruppe simulierte deswegen mehrere Versionen der prähistorischen Supereruption des Mount Toba in einem Klimamodell, jeweils mit einer anderen Größenverteilung der entscheidenden Schwefelsäuretropfen. Dabei zeigte sich der außerordentlich starke Einfluss dieses Werts: Je nachdem, welche Annahmen die Fachleute ins Modell einbauten, produzierte es Effekte, die von extremer Kälte bis hin zu globaler Erwärmung reichten. Parallel dazu untersuchten sie mit einem atmosphärenchemischen Modell, wie die Gesamtmenge an Schwefel mit der Größe der entstehenden Tröpfchen zusammenhängt. Diese Daten führte das Team dann mit Temperaturindikatoren aus der Zeit der Toba-Eruption zusammen – darunter archäologische Befunde aus Indien und Afrika –, die einen Rahmen für das Ausmaß der Klimaeffekte bieten.

Dabei kommt das Team um McGraw zu dem Resultat, dass die Abkühlung infolge der gigantischen Eruption überraschend moderat blieb. Selbst zwei Milliarden Tonnen vulkanisches Schwefeldioxid in der Atmosphäre senkten demnach die globale Temperatur um kaum mehr als anderthalb Grad. Damit muss auch nicht gesondert erklärt werden, warum Menschen nach der Eruption im nicht allzu weit entfernten Indien lebten. Bisher vermuteten Fachleute, dass dort durch glückliche Zufälle ein günstigeres Klima herrschte als im Rest der Welt. Doch dieser kam ebenfalls glimpflich davon. Die Untersuchung legt nahe, dass Klimaeffekte durch explosive Vulkanausbrüche eine Obergrenze haben, und erklärt, warum selbst die gigantischsten Supervulkane keine Spuren in der Geschichte des Lebens hinterlassen haben. Die totale Apokalypse bleibt damit einem anderen Vulkantyp vorbehalten: dem Flutbasalt.

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