Digitalisierung als letzte Rettung
Der Titel des Buchs »Die digitale Pille« trifft genau den Kern: Es geht um die Verbindung zwischen Medizin und Digitalisierung. Der medizinische Fortschritt ist beeindruckend, Einschätzungen zufolge verdoppelte sich 2020 das medizinische Wissen alle 70 Tage. Bei der digitalen Technologie herrscht dagegen Nachholbedarf. Es wundert also nicht, dass die Autorinnen und Autoren des Werks, Elgar Fleisch, Christoph Franz, Andreas Herrmann und Annette Mönninghoffen, allesamt keine Mediziner sind. Trotzdem ist ihre Expertise in Information- und Technologiemanagement, Betriebswirtschaftslehre und Marktforschung genau jetzt gefragt. Wie im Untertitel versprochen, nehmen die Autoren die Leser mit auf eine Reise durch die Gesundheitssysteme der Gegenwart und wagen einen Blick in ein digitales Gesundheitssystem der Zukunft.
Abwechslungsreich, strukturiert und verständlich
Nun klingt der Begriff »Gesundheitssystem« nicht gerade nach einer aufregenden Reise. Trotzdem kombinieren die Autoren auf abwechslungsreiche Art faktisches Wissen und persönliche Fallbeispiele aus aller Welt.
Das Buch ist in drei Bereiche eingeteilt, die wiederum in kurze, übersichtliche Kapitel unterteilt sind. Die drei Abschnitte bauen logisch aufeinander auf, stehen aber gleichzeitig für sich. Und das ist das Besondere: Die Leser entscheiden selbst, was sie wann lesen möchten. Wer zunächst einen Crashkurs für Möglichkeiten und Grenzen der aktuellen Gesundheitssysteme braucht, startet am Anfang. Wer sich für das Potenzial der Digitalisierung interessiert, schlägt den zweiten Teil auf. Wer das alles schon weiß oder einfach neugierig ist, springt direkt zur entscheidenden Frage am Ende: Wie könnte ein digitales Gesundheitssystem der Zukunft aussehen? Für eventuell auftretende Wissenslücken zwischendurch haben die Autoren Wiederholungen eingestreut, die bei der Komplexität des Themas ohnehin nicht schaden.
Die gegenwärtigen Gesundheitssysteme werden Opfer ihres eigenen Erfolgs, so die eingängige Warnung. Es ist ein Teufelskreis: Die Menschen werden älter, das Krankheitsrisiko wächst, und wer krank ist, muss behandelt werden; die Anzahl der Behandlungen und deren Kosten rasen in unvorstellbare Höhen, lassen uns aber länger leben. Das soll die Digitalisierung nun richten. Das Wie definieren die Autoren in insgesamt 25 Punkten.
Sie stellen Start-ups vor sowie etablierte Unternehmen, die mit ihren Technologien wichtige Trends in Richtung digitale Medizin setzen. Der Weg dahin verläuft online, denn online heißt schneller, einfacher, günstiger und vor allem Zugriff auf alle Datenbanken der Welt. Je mehr Daten zur Verfügung stehen, desto präziser die Leistung für die einzelnen Patienten. Gleichzeitig sind diese Daten gesellschaftlich relevant für die Erforschung und Entwicklung neuer Therapien.
Da es hierbei um extrem sensible Informationen geht, ist der Datenschutz nicht weit. Der wird erst überraschend spät im Buch thematisiert. Doch wer gezielt danach sucht, blättert einfach zum richtigen Kapitel. Eine Universallösung für die durchaus berechtigten Sorgen der Patienten haben die Autoren nicht. Sie definieren aber drei Teillösungen: Schulung der Nutzer, klare Regeln für Unternehmen und Berücksichtigung des Umgangs schon bei der Entwicklung neuer Systeme. Eine Lösung wird es in Zukunft geben müssen, denn dem Datenschutz-Problem stehen unzählige digitale Chancen gegenüber.
Insgesamt handelt es sich bei dem Buch um ein Nachschlagewerk, in dem jeder die für ihn interessanten Informationen rund um digitale Medizin finden kann. Es ist für alle empfehlenswert, die erfahren möchten, wie man sich schon jetzt und in Zukunft digital therapieren lassen kann.
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