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Kommentare - - Seite 1115

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • Halbwahr oder Halbverlogen

    25.01.2005, Rüdiger Biesold
    Ein großer Teil der prinzipiellen Gegner von Stammzellforschung beruft sich auf ethische Grundsätze aus religiösen oder pseudoreligiösen Gründen. Dort wird geflissentlich übersehen, daß ein großer Teil dieser Kulturen aus extrauterinen Befruchtungen stammt und vermutlich niemals die Chance zur Weiterentwicklung hat. Diese Leute müßten konsequenterweise auch die Entstehung befruchteter Eizellen außerhalb des Körpers bekämpfen. Nur kämpfen diese Leute meistens gleichzeitig gegen Verhütung und Abtreibung in Gegenden, wo ziemlich sicher ist, daß ein entstehendes Kind als Waise aufwächst, an Krankheiten vorher stirbt oder verhungert. Im Gesamtbild also sehr ethisch.
    Die Seite der Wissenschaftler und Politiker, die die Stammzellenforschung durchsetzen wollen oder wenigstens hinnehmen ist aber nicht besser. Die sprechen nur von Gewinnung von Zellinien aus nicht verwendeten befruchteten Eizellen, obwohl natürlich auch mit abgetriebenen Feten experimentiert wird. Es wird für großartige Resolutionen auf UN-Ebene eingetreten, aber nichts im eigenen Land unternommen. Es wird beständig von der Notwendigkeit der Stammzellenforschung zur Beherrschung bzw. Folgenlinderung insbesondere genetischer Fehler geredet. Die laufende Klonforschung läßt man aber ebenso laufen und distanziert sich bestenfalls halbherzig. Was sonst noch alles gebaut werden kann, wird sowieso schamhaft verschwiegen (mindestens ein tierisch-menschliche Chimäre ist schon gebaut worden). Die Selbstdarstellung als gute Samariter verstellt den Blick auf die Erträge völlig, als ob Geld keine Rolle spielte.
    Die eigentlichen ethischen Probleme scheinen mir aber zu sein, daß mit Hilfe dieser Forschungen Lebewesen erzeugt werden können, die nur für Spezialzwecke da sind (also besonders für das Militär), die Möglichkeiten von sog. Designerbabys und die Verschlechterung des Genpools wegen der Möglichkeit zur Vermehrung gegen die Natur. Eine qualitative Verschlechterung des Genpools ist aber insbesondere bei den hauptsächlich betroffenen Europiden (nur die können sich das derzeit leisten) wegen deren besonders engen Genpool besonders gefährlich. Die Frage, ob wir wirklich alles sollten was wir könnten, wird viel zu wenig gestellt. Deshalb freue ich mich keineswegs nur klammheimlich, daß die Stammzellkiste zumindest erstmal gegen die Wand zu fahren scheint.
    Damit man mich nicht mißversteht, ich hätte persönlich wegen vorhandener genetischer Defekte durchaus etwas davon, wäre diese Forschung erfolgreich und ich habe deshalb auf biologische Nachkommen verzichtet. Aber mir ist die Palette der Risiken bei erfolgreicher Stammzellforschung einfach zu groß.
  • Bezahlter Leichtsinn

    21.01.2005, Rüdiger Biesold
    Die Vorstellungen eines Institutsdirektors über die Sicherheit vor Nichtverbreitung gentechnisch veränderter Pflanzen sind gelinde gesagt haarsträubend. "Weil nicht alle Samen aufgehen" und "Weil wildwachsende keimlinge entfernt werden" sei eine Verbreitung nicht möglich. Vermutlich sind deshalb auch die Weinstöcke der angrenzenden Weinberge entfernt worden.
    Wie will denn dieser Herr sicher stellen, daß Vögel Samen nicht viel weiter verbringen und diese dort zuverlässig entfernt werden; so eine gentechnisch veränderte Pflanze kann ja jeder sofort erkennen und entfernen.
    Mit genau solcher Hirnakrobatik setzen die Gentechnik-Fanatiker ihren Wahn durch und werden die Welt auf Dauer verseuchen. Wie sagte doch die zuständige Kommissarin der EU: Wenn etwas in der Welt ist, kommt es schwerlich wieder heraus. Hoffentlich folgen dem auf EU-Ebene auch hinreichende Taten und legen solchen Institutsdirektoren das Handwerk und hoffentlich ist es bis dahin nicht schon in Teilgebieten zu spät.
  • "Inselpopulation"

    19.01.2005, Rüdiger Biesold
    Die Europiden haben eine deutlich engeren Genpool als Afrikaner; schon deren Genpool ist bezogen auf andere Arten relativ eng. Wäre der Mensch z.B. ein Gepard mit ebenfalls sehr engem Genpool müßte man sich wegen der geringen Variabilität Gedanken um das Fortbestehen dieser Art machen; vielleicht sind wir als Art aber deshalb so anfällig für Pandemien. Nach Brian Sykes (die 7 Töchter Evas) gehen alle Europiden auf 7 Frauen zurück (lediglich die Basken nur auf 6), die sich auf die Stufen 3 und 1 zurückführen lassen. Biologisch sind die Europiden also eine klassische Inselpopulation, da können sich relativ leicht zufällig vorhandene und sonst möglicherweise sogar ungünstige schon lang vorhandene Merkmale durchsetzen. Möglicherweise sind die europiden Vorfahren sogar dem Druck der für ihr Biotop genetisch besser angepaßten (was noch zu beweisen wäre) ausgewichen und fanden so mehr oder weniger zufällig das für ihre Ausstattung besser geeignete Biotop.
  • Schwieriges Problembewusstsein

    19.01.2005, Rüdiger Biesold
    Es ist wohl weniger die Frage, was die Gerichtsmediziner und Vaterschaftstester derzeit tun bzw. welche Abschnitte sie benutzen. Wie so häufig muss auch hier die Frage gestellt werden, was sonst noch alles mit solchen Techniken möglich ist, dort liegt das tatsächliche Problem. Wie wir alle wissen (oder wissen sollten) werden Staaten nicht nur von intelligenten Menschenfreunden regiert; das ist auch in formellen Demokratien so. Vergessen wir nicht, dass ein Herr Hitler jedenfalls demokratisch durch Wahl an die Macht kam. Wer will solche Entwicklung irgendwo ausschließen. Was glauben denn die Testgläubigen, was ein solches System und andere Grundsatzfundamentalisten mit solchen Möglichkeiten und elektronisch gespeicherten Gen-Daten eines ganzen Volkes anstellen? Häufig genügt auch nur eine ausgewiesene mittelmäßige Perspektivlosigkeit in den Führungsetagen, um darunter unkontrolliert dem Missbrauch Tor und Tür zu öffnen.
    Allein mit diesen Vaterschaftstests werden garantiert viel mehr Familien und insbesondere Kinder unglücklich gemacht. Da müsste die Gesellschaft incl. politischer Leitung und Justiz viel mehr soziologisch als biologisch denken; die Ähnlichkeit von Genen allein begründet jedenfalls keine Beziehung und schon gar nicht Liebe. Ausgerechnet die Fundamentalreligiösen stützen ihren diesbezüglichen Propagandateil und ihr verlogenes Gesellschaftsmodell ständig auf die biologischen Zusammenhänge und verbieten oder verdammen gleichzeitig die Evolution.
    Schließlich bleibt noch der Fall Verbrechensbekämpfung. Da wird wieder vorgegeben, dass jeder Straftäter mal klein angefangen hat. Da sind die Grenzen nun sehr fließend und deshalb beliebig änderbar. Wenn jetzt mit z.B. Taschendieben angefangen wird, kann ich das auch leicht auf Steuerschummler und Parkplatzsünder und mehr ausdehnen. Da bleiben außer Diplomaten und raffgierigen Berufspolitikern nicht mehr viele unerfasst. Insoweit hat auch der aktuelle Mordfall/Totschlag (an dem sich die Diskussion wieder mal hochzog) ein 'Gschmäckle'. Der Täter hatte freiwillig eine Speichelprobe abgegeben und war deshalb aus dem Verdachtsfall ausgeschieden. Warum sind dann die Daten noch in den Polizeicomputern? Bei richterlicher Anordnung gibt es Löschungsfristen, Straftäter sind nach Fristabläufen frei und nach weiteren Fristen auch mit makellosem Strafregister (was ich keineswegs immer gut finde!); gilt das alles bei Freiwilligkeit nicht? Oder ist der behördlichen Sammelwut sowieso jetzt schon nichts heilig? Die Stasi lässt grüßen! An diesen Punkten kollidiert jedenfalls das Schutzinteresse des Bürgers mit sich selbst; er kann und soll vor Kriminellen geschützt werden, aber er muss auch vor einem übermächtigen Staat (s. 1984 von Orwell)geschützt werden.
  • Danke.

    18.01.2005, Claus Pulina
    Kurz und bündig: Danke - dieser Beitrag war mehr als notwendig.
  • Wie kann das sein?

    18.01.2005, Tauri
    Ich bin sicherlich absoluter Laie im Wissenschaftssektor, nichtsdestotrotz stellt sich mir bei dem o.g. Artikel folgende Frage:

    Wenn die Gattung Homo nach herrschender Lehrmeinung vor ca. 2,5 Millionen Jahren aus Afrika heraus den Planeten erobert hat, wie kann es dann sein, dass diese Inversion - laut Ihrem Artikel nach Schätzung der Genetiker vor ca. 3 Millionen Jahren entstanden - bei Europäern am häufigsten auftritt?!

    Ich meine, wenn diese Inversion noch vor Erscheinen des anatomisch modernen Menschen entstanden ist, wie kann Sie dann im "Ursprungskontinent" der Menschheit kaum vorhanden sein? Spricht dies nicht eher für eine Mutation jüngeren Datums?

    Stellungnahme der Redaktion

    Sie haben Recht, dass die Vorfahren der Menschen erst sehr viel später - vermutlich vor noch nicht einmal 100 000 Jahren - den afrikanischen Kontinent verlassen haben. Es genügen jedoch wenige Individuen, die zufällig bestimmte Mutationen mit nach Europa genommen haben - was unter Genetikern als "Flaschenhalseffekt" bekannt ist.



    Die Autoren schließen auch nicht aus, dass die Mutation von anderen Homo-Arten, wie H. heidelbergensis oder H. erectus, erst später übernommen worden ist.



    Mit freundlichen Grüßen



    Andreas Jahn

    Redaktion wissenschaft-online

  • Licht

    16.01.2005, Claudia Wolter
    Ich wundere mich über die Helligkeit, die die Bilder vom Titan haben. Ich frage mich, ob die wohl nachträglich aufgehellt wurden, denn woher sollte denn auf den Titan das Licht kommen? Die Sonne ist nur noch ein sehr heller Stern und Saturn selbst ist ein Planet. Mich würden aber die tatsächlichen Licht verhältnisse auf Titan interessieren. Die ersten Bilder, die vom Mars kamen, zeigten deutlich, wie dunkel es auf dem Mars ist und logischerweise auch sein muß. Ein Umstand, der alle irdischen Pflanzen-Träume unmöglich machen müßte.
    Stellungnahme der Redaktion

    Sehr geehrte Frau Wolter,



    auf Titan ist es wirklich recht dunkel. Wie etwa unsere Kollegen in der aktuellen Ausgabe von Astronomie Heute vorrechnen, empfängt der Saturnmond etwa hundertmal weniger Licht als die etwa zehnmal sonnennähere Erde (um ganz genau zu sein: 1,1 Prozent). Zudem gelangt durch die dichte Atmosphäre des Mondes noch einmal zehnmal weniger Licht - und so herrscht auf Titan auch mittags nur ein Tausendstel der irdischen Taghelle. Das allerdings ist immer noch etwa 500 Mal mehr als in einer irdischen Vollmondnacht - Licht genug für gute Aufnahmen mit höherer Belichtungsdauer.



    Licht dürfte also irdischen Pflanzen keine Sorgen machen. Grünzeug könnte allerdings Albträume wegen der frostigen Außentemperatur haben ...



    Mit freundlichen Grüßen,

    Jan Osterkamp,

    Redaktion

  • Mehr Vorsicht bei der Interpretation!

    14.01.2005, W. Schulte-Kramer
    Hier könnte man berechtigterweise auf den letzten Artikel dieser Ausgabe verweisen: 'Mehr Vorsicht bei der Interpretation von Daten gefordert'! Durch welche Untersuchungen konnte etwa der im Leserbrief von Frau Pauly geäußerte Verdacht, dass familiäre Umstände das häufigere und frühere Auftreten von Depressionen fördert, ausgeräumt werden, zumal kaum ein Mechanismus vorstellbar ist, der eine genetische Disposition - und um eine solche kann es sich ja nur handeln - von Generation zu Generation verstärkt. Gerade bei einer solchen emotional belastenden Aussage sollten die Aussagen doppelt abgesichert werden, um einer Verstärkung der Depression der Betroffenen und in der Gesellschaft auszuschließen.

  • welche Zeit stimmt nun?

    14.01.2005, Helmut Meißner
    "Erdzeit 10.06 Uhr MEZ, 1270 Kilometer über Titan-Normalnull - Eintritt in die Atmosphäre "

    So beschreiben Sie in Ihrer Internetausgabe die Eintrittszeit Huygens in die Titanatmosphäre. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass einige Redakteure verschiedener wissenschaftlicher Artikel nicht vertraut sind mit der Weltzeit und der Umrechnung in MEZ.
    Während in einigen Zeitungen die Rede ist von 11.00 Uhre MEZ,(«Huygens» soll am Freitag um 11.00 Uhr in die Atmosphäre des Saturn- Mondes eintreten und rund zweieinhalb Stunden lang Daten sammeln. Aachener-Zeitung.de) schreiben andere, wie auch Sie von 10.00 MEZ.
    Als langjähriger Abonnent von Spektrum vertraue ich eher den Angaben Ihrer qualifizierten Redakteure.
    Ich finde es traurig, dass gerade bei solchen Angaben, wie UT und MEZ, oder Millionen und Milliarden, regelmäßig gravierende Fehler in Fachartikeln gemacht werden, und so die meist fachlich nicht so versierten Leser
    noch mehr verunsichert und verwirrt werden. Gerade die Redakteure wissenschaftlicher Artikel sollten zur Vermeidungung solch ärgerlicher Vertauschungen und Aufklärung der Leser beitragen, als durch eigene Unwissenheit, oder unzureichende Recherche, noch weiter zur Verunsicherung beizutragen
    Stellungnahme der Redaktion

    Sehr geehrter Herr Meißner,



    Oh ja - der Zeitangaben-Mischmasch nimmt gerade bei den verschiedenen Stundenplänen der Huygens-Mission recht verwirrende Züge an. Die in unserem Artikel avisierten Zeitpunkte stimmen allerdings - zumindest nach Lage der Dinge von heute morgen am 14. Januar.



    Allerdings möchte ich einige schreibende Kollegen in Schutz nehmen: Besonders Tageszeitungen oder gar nur wöchentlich oder monatlich erscheinenden Zeitschriften, die sich mit dem Thema Huygens beschäftigten, mussten sich auf die mehr oder weniger "vorläufigen" Angaben verlassen, die von der Missionsplanung der Esa vorab bereitgestellt wurden. Diese Zeiten stimmten eigentlich erstaunlich genau, waren allerdings nicht völlig exakt.



    Zudem trägt die Esa ein amüsantes Schmankerl zur Verwirrung bei: Sie führt neben der MEZ (beziehungsweise der CET, Central European Time), eine eigene Zeitrechnung, die 'Earth Received time'. Diese Spielart bezeichnet Zeitpunkte, bei denen die 67 Minuten, welche eine Nachricht von Saturn zur Erde benötigt, zur MEZ addiert werden.



    Bei dem Huygens-Stundenplan auf spektrumdirekt
    ist stattdessen die "echte" mitteleuropäische Winter-Erdzeit angegeben.



    Mit freundlichen Grüßen (und gespannt auf den Ausgang der Huygens-Mission),

    Jan Osterkamp,

    Redaktion

  • Warum Hinweis auf genetische Ursachen?

    13.01.2005, Dr. Susanne Pauly
    Wieso ist dieser Befund ein Hinweis auf genetische Ursachen von Depressionen? Ich halte es für wahrscheinlicher, dass die Kinder depressiver Eltern deshalb häufiger depressiv werden als andere, weil ihre Eltern ihnen aufgrund ihrer eigenen Schwermütigkeit nicht genügend vorleben können, wie man Freude am Leben empfindet.
  • Und was wurde getan?

    12.01.2005, Rüdiger Biesold
    Da wird gesagt, in der Regel ... Wann waren diese Daten verfügbar und was wurde unternommen? Das auslösende Beben war in seinen Dimensionen sehr schnell bekannt. Die Satelliten hätten also "befragt" werden können. Da kann sich doch niemand hinter "nicht vorhandenen Warnsystemen" verstecken; es gibt auch andere Informationswege, keiner wurde auch nur versucht.
    Nach der Verwüstung in Nordsumatra war noch mehr als eine Stunde Zeit, um Indien, Sri Lanka und die Malediven zu warnen. Für die afrikanischen Küsten waren 8 Stunden Zeit.
    Selbst bei Berücksichtigung der angeblichen Stunden für die Übermittlung und Auswertung wären noch Stunden Zeit gewesen. Nichts wurde unternommen; warum und mit welcher Motivation?
    Schließlich gibt es auch noch militärische Satelliten, diese sind noch empfindlicher und übermitteln Daten nicht erst nach Stunden. Man kann damit erklären, daß ein voll ausgerüsteter Flugzeugträger so schnell auftaucht und von irgendwelchen Schäden an militärischen westlichen Einrichtungen im Tsunamigebiet nichts bekannt wurde. Aber da das Militär sich nicht rührte, als Menschen noch zu retten waren, darf die nachgehende militärische Operation wohl kaum als rein humanitär eingeschätzt werden.
    Hier ist viel aufzuklären.
    Stellungnahme der Redaktion

    Sehr geehrter Herr Biesold,




    in der Tat war die Schwere des Bebens an sich relativ schnell bekannt. Entsprechende Meldungen gingen von der National Oceanic & Atmospheric Administration (NOAA), dem US Geological Survey oder dem Australia Emergency Management aus. Alle deuteten auch bereits die Möglichkeit entsprechender Tsunamis an. Da aber im Indischen Ozean keine entsprechenden Sensoren installiert sind, beruhten diese Hinweise allein auf theoretischen Konstrukten.




    Zudem löst nicht jedes schwere Seebeben auch Tsunamis aus: Eine Woche vor dem Ereignis bei Sumatra erschütterte ein Seebeben der Stärke 8,1 auf der Richter-Skala den Südpazifik nahe der neuseeländischen Macquarie-Inseln, ohne dass es dort zu Flutwellen kam. Erst wenn massive Erdhebungen oder -senkungen beteiligt sind, können Tsunamis ausgelöst werden, und diese müssen dann mit Sonden erkannt werden.




    Ungeachtet dieser Schwierigkeiten gaben die NOAA und die indische Marine Warnmeldungen heraus. Durch die Hinweise der NOAA konnten an afrikanischen Küsten - vor allem in Kenia und Tansania - Evakuierungen eingeleitet werden, die die Zahl der Toten dort stark minimierten. In Somalia verhinderte das Fehlen staatlicher Strukturen ähnliche Maßnahmen, weswegen dieser Staat am Horn von Afrika ungleich stärker getroffen wurde als andere der Region.




    Die indische Marine sandte, kurze Zeit nachdem ihr Stützpunkt auf den Nikobaren überflutet wurde, einen Notruf an das Festland. Daraufhin schickte ihre Zentrale ein Fax mit einer Warnung an den Minister für Wissenschaft und Technologie - allerdings nicht an den aktuellen, sondern an seinen Vorgänger. Weitere wertvolle Zeit ging somit verloren.




    Zeitungsmeldungen sprachen davon, dass in Thailand von Meteorologen Warnungen vor Tsunamis zurückgehalten worden wären, um die Tourismusindustrie zu schützen. Deshalb musste auch der Leiter des thailändischen Meteorologischen Diensts seinen Posten quittieren. Inwiefern die Gerüchte der Wahrheit entsprechen, lässt sich aber noch nicht verifizieren.




    Fakt ist aber auch, dass die Tsunamis eine sehr kurze Laufzeit zwischen dem Epizentrum und den Küsten Sumatras, der Andamanen und Nikobaren sowie Thailands hatten. Tsunamis bewegen sich meist mit Geschwindigkeiten von bis zu 800 Kilometern pro Stunde durch das Wasser und erreichten so die Küsten Sumatras innerhalb weniger Minuten, das thailändische Phuket nach sechzig Minuten, Indien und Sri Lanka nach zwei bis drei Stunden und Ostafrika nach fünf bis sechs Stunden. Ohne lokale Warnzentren war es vor allem bei den ersten beiden Fällen kaum möglich, die Bevölkerung rechtzeitig zu warnen.




    Wie das Beispiel des indischen Stützpunkts auf den Nikobaren zeigt, waren auch militärische Einrichtungen sehr wohl betroffen. Auf hoher See aber machen sich Tsunamis kaum bemerkbar, sie erreichen nur geringe Wellenhöhen und zwischen den einzelnen Wellenkämmen können mitunter viele Kilometer liegen. Flugzeugträgern auf dem Meer kann somit nichts passieren. Gerüchte machten allerdings die Runde, der britisch-amerikanische Stützpunkt Diego Garcia südwestlich von Indien wäre schwer betroffen. Tatsächlich zeigen aber aktuelle Satellitenbilder eine intakte Insel.




    Dies hat nun allerdings nichts mit Verschwörungstheorien zu tun, sondern liegt in der Geografie und Geologie der Insel und ihres umgebenden Meeresbodens begründet. Tsunamis konnten hier nicht ihre ganze zerstörerische Wucht entfalten, da die entsprechenden geologischen Voraussetzungen entfallen: Die Insel steigt unvermittelt aus dem Meer empor und besitzt keine flachen Schelfbereiche, auf denen sich das Wasser haushoch aufstauen kann. Folglich stieg der Meeresspiegel nur an, und es entstanden keine starken Wellen.




    Die NOAA hat übrigens schon mit der Aufklärung begonnen: Untersuchungen sollen nun klären, ob nicht doch Pannen bei der Behörde passiert sind, die vielleicht rettende Warnungen verzögerten.




    Mit freundlichen Grüßen


    Daniel Lingenhöhl

  • Rättisch

    11.01.2005, Rüdiger Biesold
    Zum wiederholten Mal ein Hinweis auf präadaptiv vorhandene Eigenschaften von homo. Wer sich aber mit den differenzierten Lautäußerungen von anderen Primaten, Ratten und noch einigen anderen Tieren beschäftigt hat, kann solche Ergebnisse weniger verwundert zur Kenntnis nehmen. Man muß sich eher wundern, warum solche Erkenntnis so lange Zeit braucht, bis sie wieder einen Stein aus der "Krone der Schöpfung" bricht.
    Man sollte aber in wissenschaftlichen Abhandlungen nicht einen Dialekt des Niederländischen für die Sprache verwenden; vielleicht lassen sich Ratten ja auch auf unterschiedliche Dialekte einer Sprache trainieren, aber das wäre die nächste Untersuchungsrunde.
  • DAS Jahrhundert der Hirnforschung?

    11.01.2005, Ingo-Wolf Kittel
    Davon sollen Neurowissenschaftler und gleich elf im Jahre Vier seines Bestehens und damit 96 - in Worten: sechsundneunzig! - Jahre vor seinem Ende überzeugt sein: Uns erwartet das Jahrhundert der Hirnforschung? Wenn da nicht etwas durcheinander geraten und verwechselt worden ist. Jedenfalls enthält DAS MANIFEST dieser Elfergruppe keine derartige Voraussage, noch hat m. W. irgendein anderer seriöser Wissenschaftler eine solche Voraussage jemals irgendwo abgegeben.

    Prognostische Potenz dieses Kalibers scheint nur Journalisten im Heidelberger Raum auszuzeichnen. Neben dem Referenten weist sie nämlich der Chefredakteur von Gehirn & Geist auf, seinem Studium nach Germanist und Physiker, in dessen Zeitschrift immer wieder zu- wenn nicht überspitze Behauptungen über Bedeutung und Reichweite der Hirnforschung zu finden sind. (...vielleicht aus marktstrategischem Kalkül; wenn man nämlich im Impressum der Zeitschrift den Berichterstatter als Mitglied seiner Redaktion aufgeführt findet, liegt nahe zu vermuten, dass diese Überzeichnungen einer abgesprochenen redaktionellen Linie entsprechen könnten, wenn sie nicht Zeichen subjektiver Begeisterung sind, von der allerdings zu fragen bleibt, wie sie durch Hirnforschung zu erklären ist...)

    Bereits im ersten Erscheinungsjahr von G&G wurde ja schon geunkt, in der - wenn man nicht gleich bis zu den Ägyptern und vor allem Hippokrates zurückblicken will: an die zweihundert Jahre betriebenen - Hirnforschung, von der man sich vor gut einem Jahrhundert schon einmal die Erklärung aller Fragen und Probleme, damals allerdings nur in der Psychiatrie erhofft hatte, 'bahne' sich wieder eine, dieses Mal jedoch gleich die größte wissenschaftliche Herausforderung, und natürlich des 21. Jahrhundert an. Gerade mal zwei Jahre später topt der Chef dies noch und meint in seiner Anmerkung zu der Ausgabe von spektrumdirekt vom 16. Oktober 2004, nach der vielzitierten 'Dekade des Gehirns' bereits das Jahrhundert der Hirnforschung ausrufen zu können, ja es in seinem ansonsten text- und zeitgleichen G&G-Editorial als solches sogar schon vorstellen zu dürfen. Denn offenbar hat er schier unglaubliche seherische Fähigkeiten und erkennt schon heute, dass sie sich auf ihrer Bahn 'anschickt', die Leitwissenschaft des 20. Jahrhunderts - die Physik - zu beerben und in die Rolle des Zugpferds für kulturelle und gesellschaftliche Umwälzungen zu schlüpfen.

    Mit der letzten Behauptung kolportiert er auf seine Weise Behauptungen eines ausgesprochen forschen 'Neurophilosophen'. Dieser hatte vor zwei Jahren in einem als Streitgespräch hingestellten gemeinsamen G&G-Interview mit einem wirklichen Hirnforscher, der ihm allerdings seltsamerweise nirgendwo widersprach, sondern im Gegenteil einträchtig unterstützte, unter dem martialischen Titel Frontalangriff auf unsere Menschenwürde(?!) in der schillernden Pose erhabender Autorität mit diagnostischem Scharfblick und dem Weitblick eines Propheten von geradezu alttestamentarischer Monumentalität dramatische Veränderungen bis zu den Grundlagen unserer Kultur als Folge der Hirnforschung - ja nun: entweder voraus- oder geweissagt, oder festgestellt oder aber als Konsequenzen bisheriger Interpretationen dort gewonnener Daten gefordert.

    Da verwundert nicht, dass Hellseher mit derartigen Visionen Naheliegendes schlicht übersehen und von nüchternen - und ziemlich ernüchternden... - Reflexionen selbst von eigenen Kollegen auf Methoden und Begriffe, mit denen Hirnforscher arbeiten, kaum Notiz nehmen, sei es die 1998 publizierte kritische Bestandsaufnahme von Andreas K. Engel zum neurobiologischen Wahrnehmungsparadigma oder jetzt zuletzt das epochale Werk Philosophical Foundations of Neuroscience, das der australische Neurophysiologe Max R. Bennett in Zusammenarbeit mit dem Oxforder Philosophen Peter M. S. Hacker verfasst und 2003 publiziert hat. Es ist nicht auszuschließen, dass diese Arbeiten sogar bewusst übergangen werden. Denn aus ihnen ergibt sich ein deutlich anderes Bild von der realen Bedeutung und Reichweite bisheriger Hirnforschung als Apologeten zu zeichnen suchen, deren Fantasie größer zu sein scheint als Kenntnis und Verständnis realer Gegebenheiten. Sogar ein wohl nicht zuletzt wegen seiner Tendenz zu großzügigen Verallgemeinerungen überall als Experte gefragter und auftretender Hirnforscher verbreitet - so z.B. in dem gerade im November 2004 erschienenen Suhrkamp-Büchl Hirnforschung und Willensfreiheit (es 2378, S. 67) - die Mär, dass in der die Hirnforschung bisher keine grundlegende Methoden- und Begriffskritik durchgeführt worden sei, was nebenbei bemerkt nicht gerade für einen entwickelte Fähigkeit zur Selbstreflexion und Selbstkritik unter Hirnforschern sprechen würde, wenn diese Angabe realistisch wäre (die außerdem die gesamte wissenschaftstheoretische Reflexion zur neurowissenschaftlichen Theoriebildung außer Betracht lässt, die etwa von philosophischer Seite viel länger schon angestellt worden ist).

    Selbstkritik scheint aber auch mehr als nötig, wie DAS MANIFEST in der Tat 'manifestiert': die genannten elf Verfasser - nach dem besagten Editorial bedeutende Neurobiologen und führende Neurowissenschaftler - schreiben dort z.B., dass ihre experimentelle Arbeit sich in entscheidenden Bereichen auf einem Niveau abspiele, das sie selbst mit dem von Jägern und Sammlern vergleichen; noch bemerkenswerter steht es um die Aussagekraft ihrer Untersuchungstechniken: nach ihrem eigenen Vergleich kann man damit soviel oder wohl treffender so wenig ergründen, wie aus dem Stromverbrauch eines Computers!

    Es erscheint deswegen ebenso wagemutig wie unglaubwürdig, eine Forschungsdisziplin auf einem derartigen Niveau als eine 'Herausforderung' zu bezeichnen, wenn man nicht sagen will, es sei eine Herausforderung, mit Methoden derart beschränkter Reichweite ein so komplizierteste Organ wie das Gehirn untersuchen zu müssen und erst recht, auf dieser Grundlage auch noch menschliches Handeln und Reagieren neurophysiologisch 'erklären' zu wollen. DAS MANIFEST ist da ganz deutlich: bis heute verstehen danach Hirnforscher noch nicht einmal in Ansätzen, nach welchen Regeln das Gehirn arbeitet, und mehr noch: Es ist überhaupt nicht klar, wie man dies mit den heutigen Mitteln erforschen könnte.

    Schon deswegen dürfte ausgeschlossen sein, dass sich schon bald - wenn überhaupt jemals... - allein aus neurophysiologischen und anderen neurobiologischen Befunden über medizinische und therapeutische Konsequenzen hinaus weiterreichendere Folgen für unsere Kultur oder sogar deren 'Grundlagen' ergeben oder auch nur ergeben könnten, von Auswirkungen dramatischer Art gar nicht erst zu reden! Von der Hirnforschung ist aufs erste und womöglich auf längere Zeit noch nicht einmal irgendetwas psychologisch wirklich Relevantes zu erwarten. Es ist vielmehr genau umgekehrt, worauf der Psychologe Dörner in seinem Kommentar zu dem MANIFEST
    Man muss wissen, wonach man sucht hinweist.

    Hirnforschung ist auf die Psychologie angewiesen, damit in dieser Forschung erhobene Befunde überhaupt sinnvoll interpretiert werden können! Deswegen könnten Hirnforscher paradoxerweise am ehesten die psychologische Forschung fördern: da sie präzise psychologische Konzepte benötigen, denen sie die Daten ihrer Registrierinstrumente zuordnen können, üben sie Druck, ja vielleicht sogar 'heilsamen Zwang' auf die wissenschaftliche Psychologie zur Fortentwicklung ihrer Begriffe, Konzepte und Theorien aus. Auf diese Weise würden Hirnforscher zum wissenschaftlichen Fortschritt der Psychologie und damit vielleicht - indirekt - zur Klärung und Präzisierung unseres eigenen Selbstverstehens führen und so zur Entwicklung eines wissenschaftlich tragfähigen, 'anthropologischen' Selbstverständnisses oder 'Menschenbildes'.

    Das wäre sicher auch schon was - und nach langer Zeit der Vorherrschaft eher spekulativer Konzepte etwa aus psychoanalytischer Tradition gewiss auch ein Fortschritt. (Und Vorarbeiten dazu gibt es sogar auch schon, und zwar seit 1998: in dem Buch Philosophische Grundlagen der Psychologie des in Essen lehrenden Psychologen und Philosophen Dirk Hartmann!)


  • Welche Folgen in Birma??!!

    08.01.2005, Sigrid Mehrke
    Ich finde es erschreckend, dass in den Medien Birma überhaupt nicht erwähnt wird! Es hat doch dort sicherlich auch Verluste und Schäden gegeben. Es kann doch nicht sein, dass ein ganzes Volk Privatbesitz einer menschenverachtenden Clique ist, deren Anpruch von den Politikern (was ja weniger wundert), aber auch von den Medien einfach so stillschweigend respektiert wird.
    Haben Sie denn Informationen?
    Stellungnahme der Redaktion

    Sehr geehrte Frau Mehrke,




    die Meldungen aus Myanmar (Birma) sind widersprüchlich und finden sich tatsächlich nur dann und wann in den Zeitungen. Die Regierung des Landes nennt nur etwa 90 Todesopfer und wenige hundert Obdachlose als direkte Folgen der Tsunamis. Das betroffene Gebiet liegt im Südosten des Landes, wird gegenüber Ausländern überwiegend abgeriegelt, und auch Hilfsorganisationen erhielten anfänglich keinen Zugang.




    Italienische Medienberichte, die auf den Schilderungen christlicher Missionare und von Birmesen im Exil beruhten, sprachen letzte Woche entgegen der offiziellen Verlautbarungen von vielen tausend Opfern in Birma. Das Rote Kreuz und "Ärzte ohne Grenzen" bestätigten allerdings die Zahlen der Regierung. Sie gehen tatsächlich von nur relativ wenigen Opfern aus.




    Dies mag erstaunen, denn das Gebiet grenzt nördlich an das katastrophal getroffene thailändische Khao Lak an. Myanmar könnte aber aus verschiedenen Gründen den verheerenden Folgen der Flutwellen entgangen sein: Einen beträchtlichen Teil der Wucht des Wassers dürften die vorgelagerten, dünn besiedelten Inseln der birmesischen Küste geschluckt haben, sodass sie auf dem Festland nicht mehr mit der Wucht ankamen wie an exponierten Stellen. Auch ist dieser Küstenabschnitt generell weniger dicht bevölkert als jener im benachbarten Thailand und wird zudem von Touristen nicht frequentiert. Schließlich wurde dieser Teil Myanmars in weit geringerem Umfang umgestaltet wie die thailändische Küste. Anstelle von ausgedehnten Hotelanlagen oder Garnelenzuchtbetrieben finden sich hier noch gesunde Mangrovenbestände, die ebenfalls die Wirkung von Tsunamis abschwächen können.




    Mit freundlichen Grüßen




    Daniel Lingenhöhl

  • Passivrauchen und intellektuelle Fähigkeiten

    06.01.2005, Peter Altreuther
    Vorsicht mit Schlussfolgerungen bei statistischen Tests.
    Die Originalarbeit ist sehr interessant. Sie zeigt zwar, dass kognitive Fähigkeiten signifikant von der Höhe der Cotinin-Spiegel abhängen; sie nimmt aber auch in den Blick, dass es noch andere Einflußgrößen geben könnte, die mit der "Qualität der Umgebung", Ethnizität, Erziehungsstatus der Eltern etc. zusammenhängen und deren Einfluss nicht untersucht wurde, was ausdrücklich erwähnt wird. Andere Schädigungen sind gleichfalls erwähnt, aber in ihrem Einfluss auf die Ergebnisse nicht bewertet: So ist die Cotininkonzentration auch mit einer höheren Bleikonzentration im Blut korreliert, die, wie auch das häusliche Umfeld, kognitive Fähigkeiten beeinträchtigt. Da der Einfluss der Umgebungsfaktoren nicht beurteilt werden kann, ist die einseitige Korrelation mit dem Rauchen durch diese Arbeit nicht bewiesen.
    ...übrigens, ich bin Nichtraucher!
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