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Warkus' Welt: Eine philosophische Vorschau auf 2024

Drei Großereignisse stehen der Philosophie im kommenden Jahr bevor. Der Philosoph Matthias Warkus erklärt, was da los ist. Eine kalendarische Kolumne.
Antiker Kalender mit Sternbildern
Der Philosophie steht ein ereignisreiches Jahr bevor. Das steht allerdings nicht in den Sternen, sondern im Veranstaltungskalender unseres Kolumnisten.

Das Jahr neigt sich dem Ende, und es lohnt sich ein Blick auf 2024 – auch und vor allem, was den Philosophiebetrieb angeht: Denn nächstes Jahr wird in Deutschland und Europa an philosophischen Großveranstaltungen mehr los sein als in den vergangenen Jahren. Woran liegt das? Starten wir ausnahmsweise mal am Ende: im Herbst.

September: Der Deutsche Kongress für Philosophie

In Münster findet vom 22. bis 26. September 2024 der Deutsche Kongress für Philosophie statt, ausgerichtet von der Deutschen Gesellschaft für Philosophie (DGPhil). Dabei handelt es sich um die größere der beiden großen deutschen Fachgesellschaften für Philosophie und die wahrscheinlich größte philosophische Fachgesellschaft Europas.

Ein wissenschaftlicher Kongress besteht, das ist bei der Philosophie nicht anders, zwar in erster Linie aus Vorträgen und Diskussionen von und für Fachleute an Hochschulen. Der Deutsche Kongress für Philosophie ist jedoch so groß, dass er traditionell auch Programmteile hat, die sich an die breite Öffentlichkeit richten. Beim letzten in Präsenz abgehaltenen Kongress in Berlin 2017 – er findet in der Regel alle drei Jahre statt – gab es hochkarätig besetzte Podien, die Themen diskutierten wie den Status populärer Philosophie, das moralische Problem der Integration von Flüchtlingen oder die Frage, was eine psychische Krankheit eigentlich ist. Für 2024 ist das Programm noch nicht veröffentlicht, aber nach meiner Erfahrung lohnt es sich für Fachleute wie für interessierte Laien, den Termin wenigstens mit Bleistift in den Kalender zu schreiben.

August: Der Weltkongress der Philosophie

Noch vor diesem Pflichttermin des deutschsprachigen Philosophiebetriebs kommt vom 1. bis 8. August 2024 ein noch größerer Zirkus auf unseren alten Kontinent, nämlich der Weltkongress der Philosophie, der seit 1990 vom Weltbund der philosophischen Gesellschaften (FISP) ausgetragen wird. Er findet in der Regel alle fünf Jahre statt und ist wirklich ein großes Spektakel. Ich war beim vorletzten Weltkongress 2013 in Athen dabei und fand die Menge der Teilnehmenden aus aller Herren Länder schon an sich beeindruckend. Auch beim Weltkongress 2024 in Rom soll es eine populäre Sparte geben, Titel: »Philosophische Dialoge zu kritischen gesellschaftlichen Fragen«. Das Rahmenprogramm mit Veranstaltungen an historischen Orten wird sicherlich ähnlich beeindruckend wie in Athen.

Interessant ist der Weltkongress der Philosophie auch auf Grund seiner Sprachvielfalt: Die offiziellen Vortragssprachen sind Chinesisch, Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Russisch und Spanisch. Da der internationale Wissenschaftsbetrieb sonst heutzutage meist ausschließlich in Englisch arbeitet, erscheint das fast ein wenig anachronistisch. Ob es sich angesichts der Hotelpreise und der Kongressgebühr von mehr als 200 Euro pro Person lohnt, dafür im August nach Rom zu fahren, sei dahingestellt. Aber falls Sie dort zur gleichen Zeit zufällig Urlaub machen, wissen Sie, wohin all die blassen Leute mit ihren Namensschildern unterwegs sind.

April: Immanuel Kants 300. Geburtstag

Das größte philosophische Ereignis 2024 überhaupt ist jedoch das Kant-Jahr. Immanuel Kant (1724–1804) feiert am 22. April seinen 300. Geburtstag. Nur zur Sicherheit noch einmal ganz kurz zusammengefasst: Kant hat Bahnbrechendes in quasi allen Disziplinen der Philosophie geleistet: in der Erkenntnistheorie, Metaphysik, Ethik, Ästhetik oder politischen Philosophie. Praktisch alles, was in der Philosophie europäischer Tradition nach ihm kam, ist direkt oder indirekt von ihm beeinflusst. Im Jubeljahr soll unter anderem in Lüneburg das erste Kant-Museum Deutschlands eröffnen, als Abteilung des Ostpreußischen Landesmuseums.

Der 14. Internationale Kant-Kongress war eigentlich in Kants Heimatstadt Königsberg geplant, das heute das russische Kaliningrad ist. Wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine wurde er nach Bonn verlegt, wo er nun vom 8. bis 13. September stattfindet. In der Bundeskunsthalle in Bonn ist außerdem bis zum 17. März 2024 die Ausstellung »Immanuel Kant und die offenen Fragen« zu sehen. Und zum Kant-Jahr werden sich sicherlich weitere Ausstellungen und Veranstaltungen sowie Buchveröffentlichungen, Feuilletonbeiträge und dergleichen im ganzen deutschen Sprachraum und darüber hinaus überschlagen.

Gibt es vernünftige Rassisten? Hat nicht nur der Ärger unseres Vorgesetzten eine Ursache, sondern auch alles andere auf der Welt? Und was ist eigentlich Veränderung? Der Philosoph Matthias Warkus stellt in seiner Kolumne »Warkus’ Welt« philosophische Überlegungen zu alltäglichen Fragen an.

Wie Sie sehen: Das kommende Jahr wird für viele Philosophinnen und Philosophen hier zu Lande eine ereignisreiche Zeit. Meine Kolumne wird dies natürlich, wo es sich lohnt, noch einmal näher beleuchten. Schauen Sie wieder vorbei und kommen Sie gut ins neue Jahr!

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