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Kompaktlexikon der Biologie: Bakterien

Bakterien, Schizomycetes (Spaltpilze, von Naegeli, 1857), Schizomycetae (von Niel, 1941), Bacteriophyta, mikroskopisch kleine, einzellige Mikroorganismen, die nach der Teilung in einfachen Zellverbänden vereint bleiben können und die keinen echten Zellkern (Kern, Prokaryoten) enthalten. Durch das Fehlen eines echten Kerns lassen sie sich von den übrigen (eukaryotischen) Mikroorganismen leicht abgrenzen. Früher wurden die Bezeichnungen B. und Prokaryoten synonym verwendet. Molekulargenetische Untersuchungen ergaben jedoch, dass es zwei Abstammungslinien der Prokaryoten gibt. Sie werden heute in zwei Urreiche (oder Domänen) aufgeteilt: die Bacteria („echte Bakterien“, früher: Eubakterien) und die Archaea (Archaebakterien). Die dritte Domäne des Lebens sind die Eucarya (Eukaryoten).

Allgemeine Merkmale. Die durchschnittliche Größe der „normalen“ Bakterien liegt zwischen 1 und 10 μm, meist um 1 μm; einige „Riesenbakterien“ erreichen Längen über 50 μm (Achromatium oxaliferum, Thiospirillum jenense). Zu den größten Bakterien gehört Thiomargarita namibiensis (Durchmesser der kugelrunden Zellen bis 0,75 mm). Zu den kleinsten kultivierbaren Formen gehören die Mykoplasmen (0,4 – 0,8 μm). B. können sehr unterschiedliche Formen aufweisen (Bakterienformen), die charakteristische Aggregate (Ketten, Filamente, mycelartige Verbände, Fruchtkörper) bilden können. Bei einigen B. lassen sich Anfänge einer Zelldifferenzierung erkennen, z.B. bei Actinomyceten ein mycelartiges Wachstum mit spezialisierten Ernährungs- und Vermehrungshyphen (bei Streptomyceten). Ein Lebenszyklus mit unterschiedlichen morphologischen Formen findet sich z.B. bei den Actinomyceten und bei den Myxobakterien. Eine echte Sexualität wie bei höheren Organismen tritt bei Bakterien noch nicht auf.

Die Zellen der B. sind meist relativ einfach strukturiert und in der Regel von einer Zellwand umgeben (Bakterienzelle, Bakterienzellwand). Viele Bakterienarten sind beweglich, meist durch einfache Geißeln (Flagellen). Die Geißeln können außerhalb der Zelle (z.B. bei Bazillen) oder unterhalb einer Zellhülle (z.B. von Spirochäten) angeordnet sein.

Unter ungünstigen Bedingungen können einige B. Myxosporen, Mikrocysten und Cysten oder hitzeresistente Endosporen (Bakteriensporen) ausbilden.

Vorkommen. Aufgrund der geringe Größe, den vielfältigen Ernährungsformen und Stoffwechselaktivitäten sind B. fast überall auf der Erde nachweisbar. B. kommen im Boden (Bodenbakterien) vor, im Wasser, in der Luft, in und auf Pflanzen (Knöllchenbakterien), Tieren und Menschen (Darmflora, Mundflora, Vaginalflora). B. können auch intrazellulär in Protozoen oder tierischen Zellen leben. Viele Arten besiedeln die unterschiedlichsten Biotope, einige Spezialisten wachsen dagegen nur unter besonderen Umweltbedingungen, z.B. in heißen Quellen (extremophile Bakterien, hermophile Bakterien), in extrem sauren Gewässern (acidophile Mikroorganismen), in Eis und Schnee (psychrophile Bakterien) und kilometertief unter der Erde.

Ernährung. B. können nahezu alle natürlichen organischen Substanzen abbauen (Mineralisation) und spielen eine überragende Rolle im Kohlenstoffkreislauf, im Stickstoffkreislauf und im Schwefelkreislauf. Unter anaeroben Bedingungen gibt es jedoch Limitierungen: Hier ist kein Abbau von Lignin oder Aromaten mit mehr als vier Ringen möglich. Die meisten B. benötigen organische Substrate als Energiequelle (Chemoorganotrophie). Einige Bakteriengruppen gewinnen dagegen ihre Stoffwechselenergie durch Oxidation anorganischer Substrate (Chemolithotrophie) oder durch Umwandlung von Lichtenergie (Fototrophie). Im Energiestoffwechsel sind die aerobe Atmung weit verbreitet. Unter anaeroben Bedingungen kann Energie durch Gärung, anaerobe Atmung oder Fotosynthese gewonnen werden. Als C-Quelle benutzen die meisten B. organische Verbindungen (C-Heterotrophie), andere B. dagegen CO2 (C-Autotrophie). Im Biosynthesestoffwechsel benötigen viele B. nur eine C-Quelle, um daraus alle Kohlenstoffverbindungen der Zelle aufzubauen. Andere B., z.B. Milchsäurebakterien, wachsen nur bei einem komplexen Nährstoffangebot mit Vitaminen und anderen Wachstumsfaktoren (Suppline).

Wachstum und Abtötung. Das Wachstum der B. ist in der Regel mit einer Vermehrung verbunden (Bakterienwachstum). Typisch ist eine Zweiteilung (daher die frühere Bez. „Spaltpilze“), die auch binäre Spaltung genannt wird ( vgl. Abb. ). Oft erfolgt die Vermehrung auch durch Knospung, Fragmentation, Fruchtkörperbildung und Vermehrungssporen. Die Teilung kann ca. 15 min, mehrere Stunden oder Tage dauern. Die optimalen Temperaturen für das B.-Wachstum liegen bei den (mesophilen) B. zwischen 20 und 40 °C. Deutlich darüber liegende Temperaturoptima weisen die thermophilen B. (Maximum 113 °C) auf, deutlich darunter liegende Optima die psychrophilen B (Minimum: – 15 °C). Die meisten B. bevorzugen einen leicht alkalischen oder neutralen pH-Wert. Abweichend davon verhalten sich die acidophilen B. (acidophile Mikroorganismen), die z.T. extrem niedrige pH-Werte zwischen 1 und 4 bevorzugen, und die alkalophilen Bakterien, die bei pH-Werten von 8,5 (teilweise auch pH 10 und 11) gezüchtet werden.

B. werden in der Regel durch Sterilisationsverfahren (Sterilisation) abgetötet.

Taxonomische Einordnung. In der konventionellen Taxonomie von B. spielten die phänotypischen Eigenschaften (Morphologie, Gram-Reaktion, Stoffwechseleigenschaften etc.) der jeweiligen Organismen eine tragende Rolle. Die phylogenetischen Beziehungen zwischen Prokaryoten sind dagegen erst durch rDNA-Sequenzanalysen aufgeklärt worden und führten teilweise zu einer völlig anderen Klassifizierung als bisher. Die Taxonomie der Bakterien befindet sich auch heute ständig im Fluss, da (neue) Erkenntnisse basierend auf Sequenzanalysen von Nucleinsäuren zu neuen Einordnungen führen. Vielfach wird als offizielle Quelle für die Taxonomie Bergey's Manual of Systematic Bacteriology verwendet, dessen zweite Auflage ab dem Jahr 2000 in mehreren Bänden erscheint. Unter den kultivierten Organismen gibt es 14 bzw. 15 große Linien (Äste) von Bacteria ( vgl. Tab. ) und drei Linien von Archaea. (Zur Taxonomie der Archaea siehe Archaebakterien). Die Linien Thermotoga, Thermodesulfobacterium und Aquifex werden in der Gruppe Hyperthermophile zusammengefasst.

Wirtschaftliche Bedeutung. B. werden heute als Produzenten zahlreicher Stoffe genutzt, z.B. für die Herstellung von Essigsäure, Milchsäure, Aminosäuren, Antibiotika, Vitaminen und Enzymen (Biotechnologie). Von Bedeutung ist auch ihr Beitrag zur Konservierung von Nahrungsmitteln und Futter (Sauerkraut, Silage, Milchsäurebakterien).

In der Umweltbiotechnologie werden B. genutzt in Kläranlagen, bei der Abluftreinigung (Biofilter), beim Abbau von Problemstoffen, bei der Kompostierung und bei der Produktion von Biogas. Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Schädlingsbekämpfung mit Bacillus thuringiensis.

Zu den wirschaftlich negativen Wirkungen, die B. haben können, gehören der Verderb von Lebensmitteln (Fäulnis), die Zerstörung von Material durch Biokorrosion, die Bildung außerordentlich giftger Toxine (Botulinustoxin, Nahrungsmittelvergiftung) und die Auslösung bakterieller Krankheiten.

Literatur: Brock, D.: Mikrobiologie, Heidelberg 2000 (enthält einen Vorabdruck des Inhaltsverzeichnisses der zweiten Auflage von Bergey's Manual of Systematic Bacteriology)



Bakterien: Vermehrung von Bakterien: Die meisten B. vermehren sich durch Zweiteilung (binäre Spaltung): Die Zelle wächst zur doppelten Größe an; von außen nach innen bilden sich Querwände aus, und zwei gleich große Tochterzellen teilen sich ab (1). Eine Reihe von B. vermehrt sich ähnlich wie Hefezellen durch Knospung oder Sprossung (2)



Bakterien: Die wichtigsten Linien (Äste) der Bacteria auf der Grundlage von 16S-rDNA-Vergleichen

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Redaktion:
Dipl.-Biol. Elke Brechner (Projektleitung)
Dr. Barbara Dinkelaker
Dr. Daniel Dreesmann

Wissenschaftliche Fachberater:
Professor Dr. Helmut König, Institut für Mikrobiologie und Weinforschung, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Professor Dr. Siegbert Melzer, Institut für Pflanzenwissenschaften, ETH Zürich
Professor Dr. Walter Sudhaus, Institut für Zoologie, Freie Universität Berlin
Professor Dr. Wilfried Wichard, Institut für Biologie und ihre Didaktik, Universität zu Köln

Essayautoren:
Thomas Birus, Kulmbach (Der globale Mensch und seine Ernährung)
Dr. Daniel Dreesmann, Köln (Grün ist die Hoffnung - durch oder für Gentechpflanzen?)
Inke Drossé, Neubiberg (Tierquälerei in der Landwirtschaft)
Professor Manfred Dzieyk, Karlsruhe (Reproduktionsmedizin - Glück bringende Fortschritte oder unzulässige Eingriffe?)
Professor Dr. Gerhard Eisenbeis, Mainz (Lichtverschmutzung und ihre fatalen Folgen für Tiere)
Dr. Oliver Larbolette, Freiburg (Allergien auf dem Vormarsch)
Dr. Theres Lüthi, Zürich (Die Forschung an embryonalen Stammzellen)
Professor Dr. Wilfried Wichard, Köln (Bernsteinforschung)

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