Lexikon der Neurowissenschaft: Blindheit
Blindheit, E blindness, das Fehlen der Sehfähigkeit. Ein Verlust der Sehfähigkeit (Erblindung) kann durch verschiedene biologische Ursachen wie Infektionen, Mutationen, altersbedingte oder evolutive Prozesse verursacht werden ( siehe Zusatzinfo ). Weltweit gibt etwa 38 Millionen blinde Menschen. Menschen, die erblindet sind, entwickeln oft Strategien, den Mangel an visueller Information durch Aufmerksamkeiten in anderen Sinnesmodalitäten wenigstens teilweise auszugleichen. Aufmerksames Hören liefert Informationen über die Natur der Schallquelle, aber auch über die Umgebung, weil sich der Schall durch Objekte, an denen er reflektiert wird, verändert. So kann das leichte Schlagen mit einem Blindenstock dem Benutzer weit mehr Informationen geben als die bloße Tatsache, ob ein Hindernis im Wege steht oder nicht (Echoorientierung). – Anscheinend können von Geburt an Blinde Geräusche besonders am Rand des Wahrnehmungsbereiches besser erkennen und orten als Sehende. Offenbar übernehmen hier Gehirnareale, die ursprünglich für die Reizverarbeitung des Gesichtssinns vorgesehen waren, Aufgaben bei der Verarbeitung von akustischen Reizen. Neben der präziseren Abstimmung der neuronalen Einheiten wurden auch Hinweise auf Reorganisation der Areale gefunden. – Erblindete Tiere kommen oft erstaunlich gut zurecht. Mit Hilfe des Hörens, Riechens und Fühlens entkommen sie möglichen Feinden und finden meist auch ohne fremde Hilfe ausreichend Nahrung. In der Zoologie werden Arten beschrieben, die sich in ökologischen Nischen eingenistet haben, in denen es kein Licht gibt, z.B. in Höhlen oder der Tiefsee. Diese Tiere haben ihre Sehfähigkeit in einem evolutiven Prozeß verloren. Tiere, die in einer lichtlosen Umgebung leben, haben oft andere Sinnesorgane in besonderer Weise entwickelt und zeigen hochentwickelte somatosensorische Wahrnehmungsfähigkeiten und akustische Kommunikationsformen. Bei Blindmäusen wurden anatomisch-funktionelle Sonderanpassungen ihres auditorischen Systems beschrieben, die sich schon in der Ausbildung ihres Mittelohrs manifestieren. Ablepsie.
Blindheit
Die Hälfte aller Erblindungen geht auf eine krankhafte Veränderung der Augenlinse zurück. Da die Augenlinse in der Embryonalentwicklung frühzeitig von der Durchblutung abgekoppelt wird, ist sie besonders anfällig gegen Störungen des Stoffwechsels, die zu einem Verlust ihrer Transparenz führen. Linsentrübungen jeder Art werden als Katarakt oder grauer Star bezeichnet. Die Ursachen einer Kataraktbildung können sowohl erblich als auch erworben sein. Sie reichen von mechanischen Verletzungen des Auges über den Einfluß von Medikamenten (z.B. Steroide, Acetylcholin-Esterase-Hemmer) zu systemischen Erkrankungen (z.B. Diabetes mellitus, Hypocalcämie, Down-Syndrom). In der überwiegenden Zahl der Fälle handelt es sich jedoch um eine altersbedingte Linsentrübung. Eine Therapie zur Vorbeugung gegen Kataraktbildung gibt es bisher nicht; deshalb bleibt die einzige Behandlungsmöglichkeit die operative Entfernung der trüben Linse, die gegebenenfalls durch eine künstliche Linse ersetzt werden kann. Dadurch wird oft wieder eine gute Sehfähigkeit erreicht. Nach dem Katarakt ist das Glaukom, auch grüner Star genannt, die zweithäufigste Erblindungsursache. Etwa 1% aller Menschen leiden an einem Glaukom. Bei einem Glaukom ist die Papille (blinder Fleck) atrophisch, der Gesichtsfeldausfall erfolgt fortschreitend, ist zunächst oft ringförmig, breitet sich dann in die Peripherie des Gesichtsfelds aus, läßt aber das Gesichtsfeldzentrum und damit die Sehschärfe bis in die Spätstadien der Erkrankung unbeeinträchtigt, so daß der Patient bis dahin kaum etwas bemerkt. Schließlich ist der Augeninnendruck erhöht. Das Glaukom wird in der Regel durch medikamentöse oder operative Senkung des Augeninnendrucks behandelt. Eine Infektion der Bindehaut des Auges durch Chlamydia trachomatis kann ebenfalls zur Erblindung führen. Dieser Erreger kommt vor allem in Ländern mit warmem Klima, schlechtem Lebensstandard und mangelnder Hygiene vor und gehört zu den häufigsten chronischen Entzündungen des Menschen überhaupt. Unbehandelt führt er zur Erblindung, eine Behandlung mit Antibiotika kann dies jedoch verhindern.
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