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Lexikon der Neurowissenschaft: Membranproteine

Membranproteine, E membrane proteins, Proteine, die Bestandteile aller biologischer Membranen sind und den verschiedenen zellulären Membranen ihre Spezifität verleihen. Einheitliche "Strukturproteine", wie sie früher vielfach angenommen wurden, gibt es nicht. Die in die Lipiddoppelschicht der Biomembranen eingelagerten oder peripher assoziierten Membranproteine sind für die meisten spezifischen Funktionen einer Membran, z.B. Transport von Substanzen (Membrantransport), Bildung von Ionenkanälen, Herstellung von Zell-Zell-Kontakten (Zelladhäsion), Zell-Zell-Erkennung und Kontakt zum Zellskelett, verantwortlich. Sie können auch als Enzyme, meist innerhalb eines Multienzymkomplexes, oder als Rezeptoren fungieren. Als letztere interagieren sie mit bestimmten, in der Regel für sie spezifischen Substanzen. – Man unterscheidet zwei Klassen von Membranproteinen: die den Membranen mehr oder weniger stark oberflächlich assoziierten peripheren oder extrinsischen Membranproteine und die in der Lipidschicht verankerten oder durch sie hindurchreichenden integralen oder intrinsischen Membranproteine. Die peripheren Membranproteine sind über elektrostatische Kräfte und Wasserstoffbrücken an die Membranlipide bzw. an integrale Proteine gebunden und können relativ leicht von der Membran abgelöst werden, z.B. durch drastische Veränderung des Ionenmilieus. Sie stehen funktionell mit der Membran in Zusammenhang, gehen jedoch, im Gegensatz zu den integralen Membranproteinen, keine hydrophoben Wechselwirkungen mit ihr ein. Das wohl bekannteste periphere Protein ist das Spectrin, das mit einer Reihe weiterer peripherer Proteine (z.B. Ankyrin, Actin, Adducin) das Membranskelett der Erythrocyten bildet. Ähnliche Netzwerke konnten inzwischen auch in anderen Zellen nachgewiesen werden. – Bei den integralen Membranproteinen (ca. 3/4 der Membranproteine) spielen hydrophobe Wechselwirkungen mit den Membranlipiden eine entscheidende Rolle. Sie können nur mit Hilfe von Detergentien aus der Membran herausgelöst ("solubilisiert") werden. Solche integralen Membranproteine können fest in der Membran verankert sein (Proteolipid, Lipophilin), z.B. mittels kovalenter Verknüpfung durch eine Fettsäurekette (Myristinsäure, Palmitinsäure) oder eine Prenylgruppe (Farnesylgruppe, Geranylgruppe). Viele derartige Oberflächenmembranproteine besitzen einen Glykosylphosphatidylinosit-Anker (GPI-Anker), z.B. NCAM. Das Protein wird kovalent über ein Glykan an das Phosphatidylinosit gebunden, dieses wirkt über die beiden Fettsäuren als Membrananker. Diese membranständigen Oberflächenproteine liegen fast immer in glykosylierter Form vor; die Glykosylierung spielt vermutlich beim Sortieren der Proteine und bei der Erhaltung einer stabilen Konformation eine Rolle. – Eine andere Gruppe von integralen Proteinen tritt durch die Membran hindurch (als sogenannte Transmembranproteine). Nur ein relativ kleiner Anteil eines Transmembranproteins (pro "Membrandurchgang" 20-25 Aminosäuren) ist tatsächlich im hydrophoben Bereich der Membran lokalisiert. Der weitaus größere Teil ist zu den angrenzenden hydrophilen Bereichen des Cytoplasmas bzw. des extraplasmatischen (extrazellulären) Raums hin exponiert. Die im hydrophoben Innern der Membranen angeordneten Abschnitte weisen ein besonderes Aminosäuremuster auf, denn es überwiegen dort solche Aminosäuren, die hydrophobe und unpolare Reste tragen, z.B. Alanin, Phenylalanin, Leucin, Isoleucin, Valin, Threonin. Außerdem liegen diese Bereiche der Membranproteine nur selten in der β-Faltblattstruktur, sondern hauptsächlich in Form einer α-Helix vor. Bei dieser sogenannten hydrophoben Helix weisen die unpolaren Aminosäurereste nach außen und gehen hydrophobe Wechselwirkungen mit den Membranlipiden ein. – Membranproteine können, ebenso wie die Membranlipide, in der Membran diffundieren: sie unterliegen einer regen lateralen und Rotationsdiffusion, wie Untersuchungen an den Membranen der Stäbchen für das Rhodopsin ergeben haben ( siehe Abb. ). Dabei werden die Membranproteine durch das Membranskelett, ein filamentartiges Proteinnetz an der Innenseite der Plasmamembran, welches in Kontakt zu integralen Membranproteinen steht, in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt oder sogar von diesem gelenkt. Nur wenige Proteine diffundieren völlig frei, andere verharren an einem Ort, bilden Gruppen, die sich bald wieder auflösen, und formieren sich an anderer Stelle neu. Beispiele hierfür sind der Epidermiswachstumsfaktor und die Cadherine. Viele Rezeptormoleküle können ihre Funktion der Signalweitergabe ins Zellinnere nur erfüllen, wenn sie sich zuvor zu Paaren zusammengefunden haben. – Die meisten Membranproteine werden vermutlich direkt am rauhen endoplasmatischen Reticulum synthetisiert und über den Golgi-Apparat in die verschiedenen Kompartimente verteilt. Die Membrankomponenten verlassen den Golgi-Apparat in einer Vielzahl von Vesikeln; für die Nervenzelle kommt dabei den synaptischen Vesikeln und ihren Vorläufern eine besondere Bedeutung zu (Exocytose, Synapsen). Wie bei den Exportproteinen muß eine aminoterminale Insertionssignalsequenz die vektorielle Translation einleiten. Im Gegensatz zu einem Exportprotein soll das Membranprotein jedoch in der Membran verbleiben, so daß ein zusätzliches Stopsignal (eventuell eine hydrophobe Aminosäuresequenz, die sich dann zur α-Helix anordnet) existieren muß. Ionenkanäle, Membran, Proteine.



Membranproteine

Experiment zur Veranschaulichung der lateralen Diffusion von Membranproteinen am Beispiel des Rhodopsins (Rh) in den Membranstapeln der Stäbchenzellen der Netzhaut.
a Die linke Seite aller Membranen des Stapels wurde durch intensive Bestrahlung ausgebleicht.
b In weniger als 1 min haben sich gebleichte und nicht gebleichte Rh-Moleküle durch laterale Diffusion wieder vermischt.

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