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Lexikon der Neurowissenschaft: Neurosyphilis

Neurosyphilis w, cerebrospinale Syphilis, Neurolues, Lues cerebrospinalis, E neurosyphilis, Krankheit des Nervensystems, die durch Befall mit dem Syphilis-Erreger (Treponema pallidum) hervorgerufen wird. Die Symptome betreffen Gehirn, Rückenmark, Hirnhäute und Nervenwurzeln. Die Häufigkeit liegt bei 1/100000 (BRD, 1981). Es werden entweder bevorzugt die Gefäße und Bindegewebe befallen (mesenchymale Neurosyphilis) oder das Hirngewebe (parenchymatöse Neurosyphilis). Von allen unbehandelten, mit Syphilis infizierten Personen entwickeln nur 5-10% eine Neurosyphilis. Im Sekundärstadium der Syphilis machen 1-2% eine akute (früh-)luische Meningitis (Hirnhautentzündung) oder Meningoencephalitis (Encephalitis) durch. Überwiegend manifestiert sich die Neurosyphilis erst im Spätstadium der Syphilis (Tertiärstadium, von einigen Autoren auch als quartäre Lues klassifiziert), wenn im Frühstadium nicht oder unzureichend antibiotisch behandelt wurde. Heute ist daher die gefürchtete, früher häufige Neurosyphilis selten geworden. Die Diagnose gelingt durch klinische und serologische Befunde, z.B. eine Erhöhung der Lymphocytenanzahl in der Cerebrospinalflüssigkeit ( siehe Zusatzinfo ). Liegen Entzündungsanzeichen in der Cerebrospinalflüssigkeit vor, ohne daß klinische Symptome auftreten, spricht man von asymptomatischer Neurolues der Früh- oder Spätlatenz (je nach Stadium, betroffen sind 30% aller Patienten mit Neurolues). Zur Therapie kommt Penicillin zum Einsatz. – Man unterscheidet verschiedene Formen: 1) meningovaskuläre Form der Neurosyphilis: Sie tritt bei 2-3% aller Infizierten nach einer Latenzzeit von 4 bis 10 Jahren auf und manifestiert sich als basale Meningitis mit Hirnnervenausfällen, als Meningoencephalitis mit neurologischen Herdsymptomen oder durch cerebrale Durchblutungsstörungen, organische Psychosyndrome, epileptische Anfälle und Pupillenanomalien. 2) Die progressive Paralyse tritt bei 2-5% aller Infizierten 8 bis 15 Jahre nach der Infektion auf (organisches Psychosyndrom, Demenz, Sprechstörungen, psychotische Symptome wie Größenwahn, epileptische Anfälle, Pupillenanomalien). 3) Tabes dorsalis (Rückenmarksschwindsucht), die bei 1-5% aller Infizierten ab dem 10. bis 20. Jahr nach Infektion auftritt. Sie ist eine Erkrankung der Hinterwurzeln und Hinterstränge mit Erlöschen der Muskeleigenreflexe, herabgesetztem Muskeltonus, Ataxie, sensiblen Ausfalls- und Reizerscheinungen (teils als einschießende heftige Schmerzen in inneren Organen), Verlust der Tiefensensibilität, schmerzlose Geschwüre der Haut und Störungen der Blasenfunktion. Pupillenanomalien (Argyll-Robertson-Phänomen u.a.) sind häufig, eine Atrophie des Opticus tritt in 30% der Fälle auf. Die Taboparalyse bezeichnet die Kombination einer Tabes dorsalis mit der progressiven Paralyse. 4) Die gummöse Form der Neurosyphilis führt zur Bildung von derben Knoten, sogenannten Gummata, in Gehirn und Rückenmark, wobei je nach Lokalisation durch Raumforderung unterschiedliche Symptome entstehen. 5) Die spinale Neurosyphilis ist selten (3% aller Patienten mit Neurosyphilis): Manifestation unter dem Bild einer Querschnittsmyelitis (Myelitis) oder einer degenerativen Systemerkrankung (mit Absterben motorischer Vorderhornzellen).

Neurosyphilis

Diagnose der Neurosyphilis:
Derzeit empfohlen wird die Treponema-pallidum-Hämagglutinations-Reaktion (TPHA) als Suchtest und der Nachweis treponemenspezifischer IgM-Antikörper mittels Fluoreszenz-Treponema-Antikörper-Absorption (19-S-IgM-FTA-ABS) als Aktivitätsparameter; beide Tests werden 2-3 Wochen nach Infektion reaktiv. Für die Beteiligung des Zentralnervensystems spricht neben entzündlich veränderter Cerebrospinalflüssigkeit der Nachweis der intrathekalen Produktion treponemenspezifischer Antikörper.

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