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Metzler Lexikon Philosophie: Upaniṣaden

(sanskrit: upaniṣad). Die U. sind Appendices ritualistisch-spekulativen, philosophischen Inhalts, die den liturgischen Brāhmaṇas (Veden) angehängt sind. Literaturgeschichtlich unterscheidet man vier Schichten: die älteren U. Bṙhadäraṇyaka-, Chändogya-, Taittirīya-, Aitareya-, Kauṣītaki- undKena-U.; die mittleren U. in metrischer Sprache Mahānārāyaṇa-, Kaṭha-, Iṣā-, Śvetāśvatara- und Muṇḍaka-U.; die jüngeren U. Praśna-, Māṇḍūkya-, Maitrāyaṇī-U. (in ungefährer relativer chronologischer Reihenfolge). Die jüngeren U. weisen z.T. buddhistischen Einfluss auf und liefern somit einen terminus post quem 483 v.Chr. (Todesdatum des Buddha). Die übrigen, meist dem Atharva-Veda zugeordneten U. sind beträchtlich jünger und inhaltlich heterogen. Während die ältere vedische Literatur anonym, bzw. von mythischen Weisen überliefert ist, treten in den U. zum erstenmal individuelle Denkerpersönlichkeiten auf, an die sich bestimmte Grundkonzepte der U.-Philosophie festmachen lassen: Śāṇḍilya (Chāndogya-U. 3.14), Yājñavalkya (Bṙhadāraṇyaka-U. 2.4., 3.1.ff.), Uddālaka Āruṇi (Chāndogya-U. 5.17., 6.1.ff.) und sein Sohn Śvetaketu (Bṙhadāraṇyaka-U. 6.2.). Philosophisch gesehen enthalten die U. verschiedene Gedanken unterschiedlicher Entwicklungsstufen, als einheitliche »Grundlehre« kann man jedoch die der Identität von Brahman und Ātman ansehen, die den Ausgangspunkt für das System des Vedānta bildete. Daneben sind die U. voll an Spekulationen über das (Opfer-)Feuer (Fünf-Feuer-Lehre), Atem (prāṇa, z.B. Kauṣītaki-U. 2. 14., Bṙhadāraṇyaka-U. 3.9.26., 6.1.7.), den Kosmos (sarvam, Bṙhadāraṇyaka-U. 1.2.5.) usw. Während in den Brāhmaṇas makro-mikrokosmische Identifikationen im rituellen Zusammenhang angestellt wurden, verlagert sich nun der Schwerpunkt des Denkens in den Bereich des individuellen Seins: es gilt die Probleme des menschlichen Daseins – Geburt, Tod, Seele – zu lösen. Dies spielt sich im Bereich der Konzepte Unsterblichkeit (amṙta, Bṙhadāraṇyaka-U. 2.5.10.), Wiedergeburt (Saṃsāra), Tatvergeltung (Karma, Bṙhadāraṇyaka-U. 3.2.13., 4.4.5.) ab. Mit dem Aufkommen und Zusammengehen dieser verschiedenen Vorstellungen vollzieht sich eine Änderung in der Beurteilung des Seins. Das durch das Karma endlose Wiedergeboren-Werden wird als leidvoll empfunden (Maitrāyaṇa-U. 4.2.), die Erlösung in der Erkenntnis der Einheit von individueller Seelen-Monade (Ātman) und Allseele (Brahman) gefunden (Bṙhadāraṇyaka-U. 3.5.1.). In den U. vollzieht sich nach Glasenapp »der Übergang von der mythischen zur eigentlichen philosophischen Weltdeutung«.

Literatur:

  • P. Deussen: Allgemeine Geschichte der Philosophie. Bd. I.2. Leipzig 1922
  • A. B. Keith: The Religion and Philosophie of the Veda and Upanisads. 2 Bde. Cambridge/London 1925
  • K. Mylius: Geschichte der Literatur im alten Indien. Leipzig 1983. S. 78 ff
  • H. Oldenberg: Die Lehre der Upanisaden und die Anfänge des Buddhismus. Göttingen 1915
  • R. D. Ranade: A Constructive Survey of Upanishadic Philosophy. Poona 1926
  • W. Ruben: Die Philosophen der Upanisaden. Bern 1947
  • Übersetzungen: P. Deussen: Sechzig Upanishad’s des Veda. Leipzig 1897
  • E. Hanefeld: Philosophische Haupttexte der älteren Upanisaden. Wiesbaden 1976
  • J. Mehlig: Weisheit des alten Indiens. Bd. 1. München 1987.

MD

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Herausgegeben von Peter Prechtl (†) und Franz-Peter Burkard.

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