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Medizintechnik: Quantensensor auf Diamantbasis misst Herzsignale einer Ratte

Mit Quantensensoren lassen sich die extrem schwachen Magnetfelder des Herzens messen. Doch bisherige Geräte sind teuer, sperrig und müssen aufwändig gekühlt werden. Nun gibt es eine viel versprechende Alternative.
Ein Diamant funkelt
Der Diamant-Quantensensor auf Basis von Stickstoff-Fehlstellen sieht zwar etwas anders aus als dieser Brillant, aber erstmals konnten Forschende damit das Herzmagnetfeld einer lebenden Ratte vermessen.

Erstmals hat ein Quantensensor auf Diamantbasis die magnetischen Herzsignale eines Tiers außerhalb des Körpers gemessen. Das berichtet ein Team um Xing Rong von der University of Science and Technology of China in einer noch nicht abschließend begutachteten Studie, die auf dem Preprint-Server »arXiv« veröffentlicht wurde. Sie soll demnächst im Fachjournal »Physical Review Applied« erscheinen. Es ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg dahin, hochsensible, quantenbasierte Sensoren flächendeckend in der Medizin einzusetzen.

Die magnetischen Signale des Herzens sind ein nützlicher Indikator für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Aber sie sind auch extrem schwer zu detektieren, denn ihre Magnetfeldstärke liegt im Pikotesla-Bereich und ist damit Millionen Mal schwächer als etwa die des Erdmagnetfelds. Um die Signale zu messen, nutzen Mediziner bislang spezielle supraleitende Magnetfeldsensoren, so genannte SQUIDs, die sehr teuer und sperrig sind sowie auf extrem tiefe Temperaturen im Millikelvin-Bereich gekühlt werden müssen. Eine Verbesserung könnten empfindliche Quantengeräte auf der Basis von Diamanten sein. Denn im Unterschied zu den supraleitenden Quanteninterferometern (SQUIDs) kann man diese auch bei Raumtemperatur betreiben. Doch bisher sei für ihre Verwendung eine Operation am offenen Brustkorb erforderlich gewesen, sagte Erstautor Xing Rong gegenüber dem »New Scientist«.

Der Quantensensor, den er mit seinen Kollegen entwickelt hat, enthält einen etwa 100 Mikrometer dicken Diamanten, bei dem einige der Kohlenstoffatome entfernt und durch Stickstoff ersetzt wurden. Diese Veränderungen wirken sich auf die Quantenzustände aus, die die Elektronen des Diamanten einnehmen können. Wird der Diamant mit einem Laser und Mikrowellen bestrahlt, leuchtet er mit unterschiedlicher Intensität, wenn er verschiedene Magnetfelder wahrnimmt.

Die Forscher testeten ihren Sensor an einer lebenden Ratte. Um die Herzsignale zu erfassen, setzten sie verschiedene Techniken zur Verbesserung der Empfindlichkeit ein. So verstärkten sie das magnetische Signal um den Diamanten herum mit Hilfe einiger Komponenten, die den magnetischen Fluss bündeln. Obwohl es dem Sensor noch an Präzision mangele, habe das Experiment bewiesen, dass dieser nichtinvasive Ansatz funktionieren kann, sagte Teammitglied Ziyun Yu.

Jörg Wrachtrup von der Universität Stuttgart sagte dem »New Scientist«, es habe zwar bereits ähnliche Demonstrationen gegeben, diese hätten allerdings in eher künstlichen Laborsituationen stattgefunden. »Dies ist ein solider Schritt nach vorn, der sicherlich inspirierend und aufschlussreich ist.« Wenn die Empfindlichkeit des neuen Sensors verbessert würde, könnte er dank seiner geringen Größe beispielsweise an bestehenden medizinischen Geräten wie Endoskopen angebracht werden. »Das würde sich auf die täglichen klinischen Anwendungen auswirken«, sagte er. »Mir haben Chirurgen bereits gesagt, dass ein solches Gerät sehr hilfreich wäre.«

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