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News: Hilfe zur Selbsthilfe

Mit einer neuen Gentherapie, die sich anscheinend den zelleigenen genetischen Reparaturmechanismus zu Nutze macht, um fehlerhafte DNA-Sequenzen umzuschreiben, wurden bei Ratten bemerkenswerte Erfolge erzielt. Die Studie könnte großen Einfluß auf künftige Behandlungsweisen bei Hämophilie und anderen unheilbaren genetisch bedingten Krankheiten haben.
Seit mehr als einem Jahrzehnt suchen Forscher nach einem Weg, um auf wirkungsvolle Weise heilende DNA in Zellen einzubringen. Clifford Steer und sein Team von der University of Minnesota Medical School in Minneapolis benutzten eine Technik, die bereits früher vielversprechende Ergebnisse zeigte: sogenannte chimäre Moleküle, Schleifen, die sowohl DNA als auch RNA enthalten (Nature Medicine vom März 1998).

Gene sind informationstragende Abschnitte der DNA. Die Zellen erstellen von ihnen Kopien aus RNA, einem sehr ähnlichen Molekül, um nach dieser Anleitung ihre Proteine zu synthetisieren. Ein chimäres Molekül ist so aufgebaut, daß die Abfolge seiner Bausteine – der Nucleotide – mit dem zu therapierenden Gen übereinstimmt. Nur die fehlerhafte Stelle liegt diesmal in der gesunden Variante vor. Bei der Hämophilie (Bluterkrankheit) muß zum Beispiel nur ein einziges Nucleotid korrigiert werden.

Bisher weiß niemand sicher, wie die Chimären es schaffen, die DNA-Sequenzen umzuschreiben. Forscher vermuten, daß nach erfolgter Bindung der Chimäre an den passenden DNA-Bereich in einer Zelle der Reparaturmechanismus der Zelle die schlechte Übereinstimmung entdeckt, das falsche Nucleotid aus seiner eigenen DNA entfernt und den korrekten Baustein einfügt. Der RNA-Anteil der Chimäre wirkt bei der Anlagerung an das Ziel-Gen mit und verhindert, daß Enzyme das chimäre Molekül abbauen.

Frühere Versuche, genetische Fehler mit Chimären zu korrigieren, wurden mit unterschiedlichem Erfolg nur mit Zellen in Kultur durchgeführt. Die neue Studie ist der erste Versuch, diese Methode an Tieren zu testen. Steer und seine Kollegen injizierten das Molekül – überzogen mit einem Polymer, das der Chimäre erlaubt, in Leberzellen einzudringen – in die Schwanzvenen von Ratten. In diesem Fall sollten die Chimären keine Krankheit heilen, sondern die Mutation herbeiführen, die bei Menschen Hämophilie verursacht. Hämophilie tritt auf, wenn die Leberzellen kein Protein erzeugen können, das für die Blutgerinnung lebenswichtig ist. In der Tat koagulierte das Blut behandelter Ratten nicht so schnell wie das jener Ratten, die eine Salzinjektion erhielten. Als die Forscher die Leber der Tiere untersuchten, fanden sie heraus, daß 40% der Zellen die induzierte Mutation aufwiesen. Eine Veränderung in der DNA in nur 5% der Leberzellen wäre zur Heilung eines Hämophiliepatienten ausreichend, sagt Steer. Der nächste Schritt ist nach seiner Meinung der Versuch, die Technik umgekehrt einzusetzen, dieses Mal um die Hämophilie-Mutation in Hunden zu korrigieren.

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