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Kosmologie: Ist das Universum leicht gekrümmt?

Die erste Himmelskarte der Planck-Mission

Sie bergen das Zeug für eine Revolution unseres kosmologischen Weltbildes: Eine Reihe von Anomalien im kosmischen Mikrowellenhintergrund, welche die betreuenden Forscher der Planck-Satellitenmission vor einem halben Jahr der Öffentlichkeit präsentierten. Auf der Panoramaaufnahme des Nachthimmels ist das Universum 380 000 Jahre nach seiner Entstehung einprägt – zu einem Zeitpunkt, als sich erste Wasserstoffatome bilden konnten und der junge Kosmos durchsichtig für Strahlung wurde. Sie erreicht die Erde heute aus allen Richtungen in Form eines schwachen Mikrowellenrauschens. Kleine Schwankungen in der Temperatur der Strahlung verraten, in welcher Himmelsrichtung damals wie viel Masse verteilt war.

Die erste Himmelskarte der Planck-Mission | Im Juli 2010 stellte die Europäische Raumfahrtbehörde ESA diese erste Version der Himmelskarte der Planck-Mission vor. Sie wird vor allem von der Strahlung von Vordergrundobjekten innerhalb unseres Milchstraßensystems dominiert. Die Scheibe unserer Galaxis ist das horizontale Band in der Bildmitte, die bläulichen bis violetten Gebilde sind die Strahlung von Gas- und Staubwolken. Oberhalb und unterhalb der galaktischen Strahlung ist der kosmische Mikrowellenhintergund zu sehen, er hat eine in dieser Darstellung rötlich gelbe, körnige Struktur.

Schon das Team des Planck-Vorgängers WMAP hatte Hinweise darauf gefunden, dass die Dichte der im Mikrowellenhintergrund eingeprägten Massen auf der einen Seite des 13,8 Milliarden Jahre alten Himmelspanoramas geringfügig höher zu sein scheint als auf der anderen Seite. Nun haben zwei Forscher ein mögliche Erklärung für diese durch Planck bestätigte "Anisotropie" vorgeschlagen: Das Universum als Ganzes könnte, anders als bisher angenommen, leicht gekrümmt sein. So ließen sich die beobachteten Muster im kosmischen Mikrowellenhintergrund erklären, schreiben Andrew Liddle von der University of Edingburgh und seine Kollegin Martina Cortês von der Universität Lissabon.

Derartige Überlegungen haben Physiker schon in der Vergangenheit diskutiert. Planck liefert jedoch auch den Beweis dafür, dass der Kosmos allenfalls schwach gekrümmt sein kann. Liddle und Cortês rechtfertigen ihre These daher mit einer trivialen Erklärung: Die Krümmung des Universums könnte so klein sein, dass das beobachtbare Universum (also jener Bereich des Weltraums, dessen Licht uns seit dem Urknall bisher erreicht hat) für uns lediglich flach wirkt – so wie die Erde für einen Beobachter, der bis zum Horizont blickt. In Wahrheit sei das Universum jedoch "offen", es soll also die Form einer sehr flachen Schale annehmen. Das könnte den Theoretikern zufolge die Folge eines hypothetischen "Krümmungsfeldes" sein, das einst zusätzlich zur so genannten Inflation gewirkt hat: Sie soll das Universum in den ersten Sekundenbruchteilen nach dem Urknall gewaltig aufgeblasen haben.

Derartige Überlegungen gab es in der Vergangenheit schon öfter, insbesondere durch Kosmologen, die mit Hilfe der String-Theorie den Urknall modellieren wollen. Liddle und Cortês haben nun Rechnungen durchgeführt, denen zufolge ein Krümmungsfeld die beobachteten Dichteschwankungen im Mikrowellenhintergrund erklären könnte. Anders als früher veröffentlichte Resultate knüpfen sie das neue Feld an jene Mechanismen der Inflation, die die Form des Universums bedingen. Damit werde das "Krümmungsfeld" nicht mehr einfach so aus einem Hut gezogen, lobt Marc Kamionkowski von der Johns Hopkins Universität in Baltimore in einem Begleitkommentar. Dennoch mahnt er zur Vorsicht: Zum einen zeige die Arbeit von Liddle und Cortês noch einige Ungereimtheiten. Zum anderen sei generell nicht sicher, ob die Anisotropie im kosmischen Mikrowellenhintergrund überhaupt real ist – bisher könne man nicht ausschließen, dass es sich um einen statistischen Ausreißer unter den etlichen von Planck bestimmten Parametern handele.

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