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News: Neues Immunsystem gefällig?

Immunsysteme sind transplantiertem Gewebe gegenüber notorisch intolerant. Trotzdem erzielten Wissenschaftler schon einige Erfolge dabei, die Immunantwort zu dämpfen, so daß tierische Organe nicht abgestoßen werden. Jetzt versuchte sich ein Team an einer drastischeren Strategie: Die Forscher ersetzten das Immunsystem von Mäusen durch ein neues, das transplantierte Zellen akzeptiert.

Die hartnäckigste Barriere bei der Xenotransplantation – der Übertragung von Gewebe von einer Tierart auf eine andere – war beim Menschen die alpha-Galactose (aGal). Dieses Zuckermolekül befindet sich an den Außenseiten aller Säugetierzellen – nur nicht an denen von Primaten. Wenn das menschliche Immunsystem daher auf eine Zelle stößt, die aGal auf ihrer Oberfläche trägt, erkennt es das Transplantat als körperfremd und beginnt mit seiner Zerstörung. John Iacomini und seine Kollegen am Massachusetts General Hospital und der Harvard Medical School gingen dieses Problem an, indem sie das Immunsystem zwangen, seine Zellen durch solche zu ersetzen, die aGal tolerieren.

Das wäre möglich, nahmen die Wissenschaftler an, wenn in einem ersten Schritt die Knochenmarkzellen eines Patienten abgesaugt werden. In die entfernten Zellen müßte dann ein Gen für das Enzym Galactosyltransferase (GT) eingefügt werden, das aGal an die Oberfläche der Immunzellen bindet. Dieses aGal-Knochenmark könnten die Ärzte dem Patienten wieder injizieren. Die behandelten Zellen sollten dann ein neues Immunsystem bilden, das aGal als körpereigen anerkennt.

Die Wissenschaftler untersuchten ihre Idee an einem Mäusestamm, dem das GT-Gen fehlt. Wie beim Menschen löst das Immunsystem dieser Tiere eine Immunantwort gegen aGal aus. Die Forscher entfernten zuerst das Knochenmark der Tiere. Bei zwölf Mäusen ersetzten sie es durch Zellen, die das GT-Gen trugen. Dreizehn andere erhielten Knochenmark mit einem Kontrollgen. Als die Wissenschaftler 15 Wochen später die Antikörperkonzentration der Tiere untersuchten, hatten die Kontrollmäuse ebensoviele Antikörper gegen aGal wie vor dem Versuch. Bei den Mäusen mit dem künstlich eingeführten GT-Gen dagegen fanden sie praktisch keine Antikörper gegen aGal. Daraus läßt sich schließen, daß die modifizierten Immunzellen aGal tatsächlich als körpereigen anerkannten (Science vom 18. September 1998).

Siehe auch

  • Spektrum der Wissenschaft 9/97, Seite 70
    "Xenotransplantation"
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