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Quantencomputer: Google demonstriert effiziente Quantenfehlerkorrektur

Quantencomputer sind von Natur aus so fehleranfällig, dass sie nur mit Fehlerkorrektur betrieben werden können. Zwei solcher Verfahren kratzen an der Grenze zur Praxisreife.
Google-Gebäude in Seattle

Seine »Überlegenheit« hat Sycamore bereits 2019 demonstriert: Der Quantencomputer der Gruppe Google Quantum AI erledigte damals eine bestimmte, rein für diesen Zweck ersonnene Aufgabe schneller als ein klassischer Computer. Nun hat das Team auf Basis dieses Geräts auch die Fehlerkorrektur eines solchen Systems weiterentwickelt.

War Ersteres noch aus akademischer Sicht wichtig, praktisch jedoch nicht nutzbar, sei der Gruppe nun »ein großer Schritt zur Praxisanwendung« gelungen, urteilt Tommaso Calarco auf Anfrage des Science Media Center. Der Wissenschaftler vom Forschungszentrum Jülich beschäftigt sich selbst mit dem Bau von Quantencomputern, war aber an der aktuellen Veröffentlichung nicht beteiligt.

Im Fachblatt »Nature« demonstriert Google Quantum AI den Einsatz zweier Fehlerkorrekturverfahren. Diese Verfahren sind unabdingbar für jeden Quantencomputer. Denn seine Qubits – die quantenphysikalischen Pendants der klassischen Computerbits – reagieren hochsensibel auf Umwelteinflüsse und ändern oft während der Berechnung ihren Zustand. Dadurch produzieren sie immer wieder falsche Ergebnisse. Dies zu bemerken und zu korrigieren, ohne dass der fragile Zustand zerstört wird, ist Aufgabe der Fehlerkorrekturverfahren.

Im Sycamore-Computer besteht jedes der 54 Qubits aus einem winzigen, supraleitenden Schaltkreis. Ein verbreitetes Verfahren zur Fehlerkorrektur besteht darin, diese Einheiten so zu verknüpfen, dass jedes Qubit, das man für die Berechnung braucht, technisch gesehen aus mehreren Hardware-Qubits besteht. Ist eins davon fehlerhaft, verrät sich dies beim Vergleich mit den jeweils verknüpften Hardware-Qubits.

Google Quantum AI zeigt zwei verschiedene Verfahren

Dieses Prinzip lässt sich auf unterschiedlichste Arten und Weisen in die Tat umsetzen. Zwei davon hat Google Quantum AI nun realisiert. Beim ersten Verfahren, dem so genannten Wiederholungscode, sind die Hardware-Qubits wie bei einer Kette verknüpft. Es ist die einfachere der beiden Techniken; mit ihr kann man von den beiden möglichen Fehlertypen entweder nur den einen oder den anderen erfassen. Das zweite Verfahren, der Oberflächencode, besteht aus einer zweidimensionalen Anordnung der Qubits und erlaubt es, beide Fehlertypen simultan zu detektieren.

Eines der wichtigsten Ergebnisse der Studie ist der experimentelle Nachweis eines theoretisch vorhergesagten Phänomens: Mit wachsender Zahl von Hardware-Qubits pro (logischem) Qubit sinkt die Fehlerrate exponentiell. Das konnten die Forscher von Google Quantum AI für den Fall der kettenförmigen Wiederholungscodes in der Tat messen, indem sie die Zahl der verschalteten Hardware-Qubits von 5 auf 21 steigerten.

Jedes neu hinzugefügte Hardware-Qubit verbessert die Genauigkeit dadurch überproportional stark. »Wäre dies nicht so, würden die benötigten Ressourcen für die Fehlerkorrektur so stark wachsen, dass die Vorteile der Quantenalgorithmen an sich aufgefressen würden«, schreiben Sven Ramelow und Helen Chrzanowski in ihrem Kommentar zur Studie an das Science Media Center. Beide erforschen an der Berliner Humboldt-Universität ebenfalls Quantensysteme.

Als weiterer wichtiger Fortschritt der aktuellen Studie gilt der Umstand, dass das Google-Team diese Fehlerkorrekturmechanismen über 50 Berechnungszyklen aufrechterhalten hat. Die Fehlerrate lag teils auf einem Niveau, wie es für einen tatsächlichen Einsatz des Quantencomputers notwendig ist.

Als noch nicht ausreichend bewerten unabhängige Experten dagegen die Umsetzung des komplexeren, jedoch viel praxisrelevanteren Verfahrens des Oberflächencodes. Hier konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Google Quantum AI die Fehlerrate bislang nicht auf ein Niveau absenken, wie es für echte Berechnungen gebraucht wird.

Überhaupt steht der finale Schritt – die Qubits samt Fehlerkorrektur so zu verschalten, dass sie Berechnungen durchführen – noch aus. Dennoch spricht der Innsbrucker Quantencomputerexperte Peter Zoller zusammenfassend von einem Erfolg durch entscheidende technologische Verbesserungen auf allen Ebenen im Sycamore-Prozessor. »Der Weg zur Fehlerkorrektur ist ein Marathon, Fortschritte in diese Richtung sind inkrementell, aber bemerkenswert.«

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