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News: Salzpumpe

Seit Israels erster Premierminister David Ben-Gurion die Wüsten erblühen lassen wollte, ist von nachhaltiger Nutzung der kostbaren Grundwasserreserven nur selten die Rede. Schon dringt in den Küstenregionen Meerwasser ein und verseucht das Trinkwasser mit Schadstoffen.
Salzpumpe
Die Schwimmbäder, Golfplätze und immerfort grünen, weil ständig bewässerten Gärten der Israelis fordern ihren Tribut. Seit langem nutzt das Land seine beiden kleinen Grundwasserleiter derart aus, dass die spärlichen Niederschläge schon längst nicht mehr ausreichen, um die geschundenen Reserven zu erneuern.

Durch die permanente Überziehung des Wasserkontos sind die Grundwasserspiegel Israels insbesondere entlang seiner Küsten inzwischen so weit abgesunken, dass nunmehr salzhaltiges Mittelmeerwasser in den Untergrund eindringen kann, sich aufgrund seiner höheren Dichte unter das Süßwasser schiebt und dieses schließlich bis weit ins Hinterland verdrängt. Aus immer mehr Trinkwasserbrunnen quillt nur mehr untrinkbares Meerwasser.

Schlimmer noch: Mit dem Salzwasser gelangen auch die Schadstoffe aus dem Meer - Abwässer, Lösungsmittel und Ölrückstände etwa - in den Untergrund, wo nach Ansicht von Forschern um Ishai Dror vom Weizmann Institute in Rehovot die gefährliche Salzpumpe zu arbeiten beginnt.

Diese Salzpumpe beruht auf der simplen Tatsache, dass Stoffe von hohen Konzentrationen hin zu niedrigen diffundieren - ein Prozess, der sich an einem Tropfen Tinte in einem Wasserglas leicht studieren lässt: Auch ohne jedes Rühren wird das Wasser aufgrund der Molekülbewegungen bald gleichmäßig blau sein.

Gleiches passiert in den Grundwasser führenden Schichten im Untergrund: Kommt das schadstoffhaltige Salzwasser hier mit dem schadstofffreien Süßwasser in Kontakt, bewegen sich die Schadstoffe per Diffusion über die Grenzfläche hinweg in das Trinkwasser - ohne dass es dabei zu einer Vermischung der Wassermassen kommt.

Im Kleinen haben die Forscher dies in ihrem Labor nachgestellt, indem sie Diffusionszellen bauten - das sind zwei Wasserbehälter, die von einer durchlässigen Schicht, in diesem Fall einer Sandschicht, voneinander getrennt sind. Kurzum: Die Wässer in solchen Zellen stehen in Kontakt zueinander, hin- und herströmen können sie aber nicht.

Ist die Konzentration eines Stoffes in der einen Zelle höher als die in der anderen, so bildet sich ein Konzentrationsgefälle aus, sodass etwa Salzionen aus dem Salzwasser in das Süßwasser diffundieren - bis die Konzentrationen ausgeglichen sind und in beiden Zellen der gleiche Salzgehalt messbar ist.

Genau das beobachteten die Forscher auch, wenn sie ausgewählte organische Schadstoffe in die eine Zelle träufelten. Überrascht waren sie jedoch über die deutlich unterschiedlichen Diffusionsraten - je nachdem, ob beide Zellen Süßwasser enthielten oder eine davon Salzwasser: Zwischen Salz- und Süßwasser diffundierten die Stoffe viel schneller als zwischen Süß- und Süßwasser.

Für das küstennahe Grundwasser hat das vermutlich weitreichende Konsequenzen, bedeutet dies doch nach Ansicht der Forscher, dass die Gefahr der Schadstoffeinträge durch eindringendes Meerwasser weitaus höher ist als bislang gedacht - zumal auch die Tatsache nicht beruhigt, dass die Löslichkeit solcher Schadstoffe bei hohen Salzgehalten gering ist, Meerwasser also ohnehin nur kleine Mengen davon transportieren kann.

In Wahrheit kommen diese Substanzen aber eben nicht nur in gelöster Form vor, sondern auch in Gestalt kleiner Tröpfchen - ähnlich wie die Fettaugen auf einer Suppe. Das Meer kann somit unter Umständen, nach einem Unfall auf See etwa, bis weit ins Landesinnere und über Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg zu einem unkalkulierbaren Risiko werden.

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