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News: Steine, die vom Himmel fallen

Noch vor gut 200 Jahren gab es Astronomen, die glaubten, Meteoriten könnten etwas in der Art sein, was heute als UFO bekannt ist. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts setzte sich allerdings die Erkenntnis durch, dass sie aus dem Kosmos stammen - genauer aus dem Asteroidengürtel. Doch wie sie aus dieser Region zur Erde gelangen können, blieb unklar. Das haben Astronomen aus der Tschechei und Italien jetzt offenbar gelöst: Sie haben ein Modell entwickelt, das beschreibt, wie die Gesteinsbrocken in einer Folge verschiedener Prozesse schließlich die Erde erreichen.
Kurz nachdem Astronomen den kosmischen Ursprung von Meteoriten entdeckt hatten, fand Giuseppi Piazzi im Jahr 1801 den ersten AsteroidenCeres – im Weltall. Da immer mehr dieser Himmelskörper gefunden wurden, schlossen Astronomen daraus, dass es sich bei Meteoriten um Bruchstücke von Asteroiden handelt. Wie Meteoriten allerdings zur Erde gelangen, blieb unklar. Denn Stoßprozesse würden die Gesteinsbrocken viel zu heftig beschleunigen. Die Gravitationskraft der Planeten Jupiter und Saturn kann Asteroidenfragmente aber in eine Region lenken, die mit der Erdbahn überlappt. Für diesen Mechanismus gibt es genügend Hinweise, doch er reicht nicht aus, um die Menge Material zu erklären, welche die Erde jedes Jahr erreicht – etwa 1000 Tonnen.

Schon um das Jahr 1900 herum hatte ein russischer Ingenieur namens Yarovsky bemerkt, dass Meteoriten in verschiedene Richtungen unterschiedlich viel Wärme abstrahlen. Denn die der Sonne zugewandte Seite heizt sich stärker auf als die Gegenseite. Dadurch entsteht eine kleine Kraft, die den Steinbrocken von seiner ursprünglichen Bahn wegtreibt. Deswegen driftet ein Meteorit mit etwa 15 bis 1500 Kilometer im Jahr langsam durch das All. So können Asteroiden während Millionen von Jahren durch das Weltall treiben. Auf ihrem langen Weg werden sie wahrscheinlich durch Stöße mit anderen Objekten immer weiter zerstückelt, sodass sich ein Schwarm immer kleinerer Bruchstücke bildet, die mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten durch den Kosmos fliegen, von denen schließlich einige wenige die Erde erreichen.

Um den komplexen Yarovsky-Effekt quantitativ zu analysieren, haben D. Vokorouchlický vom Institute of of Astronomy der Charles University in Prag und P. Farinella vom Dipartimento di Astronomia der University of Trieste ihn in eine Computersimulation übersetzt (Nature vom 5. Oktober 2000). Die Rechnungen begannen mit einem Schwarm kleiner Teilchen, die zusammen genommen die Masse eines Asteroiden mit einem Durchmesser von 500 Meter besaßen. Mehrere gleichzeitig wirkende Mechanismen beeinflussten den Strom aus rund 66 Millionen Fragmenten. Die Rechnungen simulierten eine Entwicklung über einen Zeitraum von bis zu einer Milliarden Jahre. Weil von den Asteroiden Vesta, Hebe und Flora bereits bekannt war, dass Teile von ihnen Meteorite bilden, wählten die Wissenschaftler sie als Ursprungsorte der Gesteinsbrocken.

Ihre Rechnungen zeigen, dass der Yarovsky-Effekt einen sehr effektiven Transportmechanismus darstellt. Er beeinflusst zwischen 40 und 90 Prozent der die Erde erreichenden Meteoriten. Die Forscher halten den Effekt für "groß genug, um ihn in der Zukunft bei Beobachtungen erdnaher Asteroiden nachzuweisen". Zudem sagt das Modell der beiden Astronomen die Altersverteilung der Meteoriten korrekt voraus.

Der Yarovsky-Effekt war schon über Jahrzehnte bekannt. "Aber der Idee fehlte ein quantitativer Beweis", kommentiert Clark Chapman vom Southwest Research Institute in Boulder, Colorado. "Das ist, was Vokrouhlický und Farinella jetzt liefern." Einige Details fehlen zwar noch, aber "die Theorie, wie Meteoriten zur Erde gelangen, ist im Grunde genommen vollständig."

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