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Mikrobiologie: Tiefseeboden reich an Leben

Tiefseebohrungen brachten Mikroben ans Licht, die in rund 1,6 Kilometern Tiefe unter dem Ozeanboden leben. Die Organismen sind damit in fast doppelt so großer Tiefe entdeckt worden wie die bisherigen Rekordhalter unter dem Meer.

Die zu den Bakterien und Archaeen zählenden Mikroben wachsen unter Tage in 60 bis 100 Grad Celsius heißen Sedimentschichten, die sich vor 46 bis 100 Millionen Jahren abgelagert hatten, berichtet das Wissenschaftlerteam um Erwan Roussel von der Université de Bretagne Occidentale.

Bislang waren noch nie Vertreter der unterseeischen Boden-Lebewelt aus mehr als einem Kilometer Tiefe gefunden worden. Dennoch hatten Forscher bislang hochgerechnet, dass in den Sedimenten zwei Drittel der Biomasse aller Prokaryoten – Bakterien und Archaeen – des Planeten enthalten sind. Tatsächlich scheinen die Prokaryoten unter dem Ozean sogar in deutlich größerer, "etwa 100- bis 1000-facher" Dichte zu siedeln als unter den Kontinenten, schließen die Wissenschaftler aus Analysen mehrerer Bohrungen. Im Ozeanboden könnten damit ein Zehntel des insgesamt in Lebewesen gebundenen Kohlenstoffs enthalten sein, so das Teammitglied John Parkes von der University of Cardiff.

Die Wissenschaftler vermuten, dass auch in noch größerer und heißerer Tiefe Leben auf seine Entdeckung wartet. Die obere Grenze für Leben liege vermutlich erst um die 113 Grad Celsius.

Möglicherweise handele es sich bei den Lebensgemeinschaften auch um die ältesten Organismen der Erde, spekuliert Parkes: Es sei denkbar, dass die Keime nicht durch einsickerndes Meerwasser immer wieder in die Tiefe gelangten, sondern tatsächlich schon bei der Ablagerung der Sedimente vor Millionen Jahren eingeschlossen wurden. In dem einzigartigen Lebensraum entwickelten sich dort womöglich sehr langsam teilende Formen mit extrem langer Generationenfolge, die sich wegen fehlender Bedrohung durch Viren oder Räuber mehr um die Erhaltung ihrer selbst als um die Fortpflanzung kümmern. (jo)

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