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News: Uralte Platten

Üblicherweise schiebt sich die schwere Ozeankruste unter die leichten Kontinente, doch bisweilen finden sich Reste ozeanischer Kruste auch an der Erdoberfläche, wo sie den Geologen zugänglich sind. Die ältesten dieser Ophiolith-Komplexe - so glaubte man bisher - sind kaum zwei Milliarden Jahre alt. Doch in China fanden sich jetzt derlei Gesteine, die viel älter sind und davon zeugen, dass die Lithosphäre schon vor 2,5 Milliarden Jahren aus starren Platten bestand.
Die Erdkruste unter den Ozeanen unterscheidet sich physikalisch und geochemisch von den kontinentalen Krustenteilen. Weil die Gesteine der ozeanischen Kruste reicher an schweren Elementen ist, hat sie auch eine höhere Dichte. Deshalb liegt sie tiefer als die Kontinente und bildet den Grund der Meere. Heute wird die ozeanische Kruste überall entlang den ozeanischen Rückensystemen gebildet - tausende von Kilometer langen Nähten, an denen ständig Lava austritt und die neugebildeten Krustenteile wie entlang eines Fließbandes nach außen gedrängt werden.

Und da sich die Erde nicht ausdehnt, muss die ozeanische Kruste irgendwo wieder im Erdinneren verschwinden. Sie wird subduziert, und zwar unter die vergleichsweise leichten Kontinente. Dies geschieht vor allem entlang der Küsten des Pazifik, sei es unter Japan, Kalifornien, Indonesien oder Chile.

Das ist der plattentektonische Regelfall, doch bisweilen schiebt sich ozeanische Kruste auch auf die Kontinente, wird also obduziert. Solche an Land verfrachteten Krustenteile heißen Ophiolith-Komplexe. Dabei handelt es sich um eine Abfolge geochemisch relativ homogener Gesteine, die sich in ihrem vertikalen Aufbau nur strukturell unterscheiden und auf diese Weise die typische Bildung solcher Sequenzen widerspiegeln.

An der Basis finden sich massive und kristalline Gabbros. Sie erstarrten über lange Zeiträume in der Tiefe des Erdmantels und weisen deshalb gut sichtbare Kristalle auf. Darüber lagern Basalte, die relativ rasch und nahe der Oberfläche abkühlten. Dabei schrumpften sie und bildeten so typische polygonale Säulen aus. Obenauf liegen schließlich die so genannten Kissen-Basalte, Laven die oberflächlich ausflossen, vom Meerwasser abgeschreckt wurden und dabei zu runden und länglichen Formen erstarrten.

All diese Prozesse sind Ausdruck plattentektonischer Vorgänge, die irgendwann einsetzten, als die Erde eine starre Lithosphäre ausbildete, deren Fragmente auf der verformbaren und fließfähigen Asthenosphäre schwimmen (lithos, griech.: Stein; asthenos, griech.: weich) . Die ältesten Nachweise für plattentektonische Vorgänge - jene Ophiolith-Komplexe nämlich - fanden Forscher bisher in Kanada und Finnland. Demnach hat die Kontinentalverschiebung eine Geschichte, die 1,96 Milliarden Jahre zurückreicht.

Im Sommer 2000 stießen Timothy Kusky von der St. Louis University und seine Kollegen rund 250 Kilometer nordöstlich von Peking indes auf einen fast 15 Kilometer mächtigen Ophiolith, der mindestens 500 Millionen Jahre früher entstand. Datierungen zeigten, dass die Gesteine des Dongwanzi-Ophioliths rund 2,5 Milliarden Jahre alt sind, also dem Erdzeitalter des Archaikums entstammen. Jahrzehntelang hatten sich die Forscher gestritten, ob das Gesicht der Erde in jener Zeit schon von plattentektonischen Vorgängen geprägt wurde, Hinweise wie diesen hat es nie gegeben.

Die Folgen dieser Entdeckung könnten noch viel weiter reichen, denn die Erde hatte nicht nur viel früher eine starre Kruste, sondern war zu jener Zeit womöglich auch schon von Organismen bewohnt, die komplexer waren als bisher gedacht. Schließlich könnte die vulkanische Tätigkeit am Grund der ersten Ozeane die Evolution der ersten Lebensformen kräftig beschleunigt haben. Wer weiß, vielleicht hatten sich im Bereich der nährstoffreichen heißen Quellen sogar schon die ersten mehrzelligen Organismen entwickelt.

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  • Quellen
Science 292(5519): 1142–1145 (2001)

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