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Meere: Korallenseuche wirbelt Ökosysteme durcheinander

Seit 2014 breitet sich eine tödliche Krankheit unter Korallen der Karibik aus. Ihr Verschwinden verändert das ganze Ökosystem – mit vielen Verlierern, aber auch ein paar Gewinnern.
Ein Korallenriff in Belize mit toten, bleichen Korallen, lebenden gesunden und farbigen Geweihkorallen sowie kranken, bleichen als auch gesunden bunten Hirnkorallen. Vor der zentralen Koralle schwimmt ein bunter Falterfisch.
In diesem Korallenriff vor der Küste von Belize sind viele Korallen schon abgestorben oder sterben gerade. Nur die Geweihkorallen überdauern.

2014 beobachteten Biologen erstmals das Absterben von Steinkorallen vor der Küste von Miami, das inzwischen als Stony Coral Tissue Loss Disease, kurz SCTLD, bekannt ist. Rasch breitete sich die durch einen noch unbekannten Erreger ausgelöste Seuche über die Karibik aus und vernichtet flächendeckend kugel- oder polsterförmige Steinkorallen – mit weit reichenden Folgen für die betroffenen Regionen, wie eine Studie von Sara Swaminathan von der University of Florida und ihrem Team zeigt.

Viele Korallenkrankheiten befallen nur einzelne Arten, doch SCTLD betrifft ein breites Spektrum an Spezies und kann bis zu 80 Prozent dieser Riffe schädigen. Hat die SCTLD einmal ein Riff erreicht, schreitet die Seuche rasch voran: In den Florida Keys breitet sie sich teilweise mit Geschwindigkeiten von 100 Meter pro Tag aus. Betroffene Korallen sterben schnell ab und werden anschließend von Algen überwuchert, so dass sie nicht durch andere Korallen ersetzt werden.

Swaminathans Team analysierte Daten von den US-Jungferninseln, anderer US-Territorien in der Karibik und im westlichen Atlantik wie vor Florida, Puerto Rico und der Inselgruppe der Dry Tortugas. Dabei konzentrierten sich die Forschenden auf die Folgen der Krankheit für Fische sowie benthische Riffgemeinschaften, also am Boden lebende Organismen wie Weich- und Geweihkorallen, Algen und Schwämme. Die Epidemie zerstört nicht nur die anfälligen Korallenpopulationen, sondern in der Folge damit assoziierte Krusten aus bestimmten Algen, die für den Aufbau der Riffstruktur entscheidend sind. Stattdessen gedeihen schnell wachsende Großalgen, Cyanobakterien und ästige Feuerkorallen. Insgesamt ändert sich das Riff von einem System, in dem harte Strukturen dominieren, hin zu einem Lebensraum, das von weichen Algen bestimmt wird.

Davon profitieren einige wenige pflanzenfressende Tierarten. Insgesamt schrumpft die Artenvielfalt jedoch, weil der Strukturreichtum des Riffs schrumpft: Ein totes Riff wird schnell durch Umwelteinflüsse zertrümmert, vor denen die Algen nicht schützen können. Nur kurzzeitig können sich deshalb darin auch bestimmte Fischarten halten, welche weniger von den Korallen abhängig sind als vielmehr von den durch diese geschaffenen Nischen und Höhlen.

Als Auslöser der SCTLD haben Biologen Bakterien im Verdacht, welche das Gewebe der Steinkorallen attackieren und auflösen. Denn Studien hatten gezeigt, dass von bestimmten Bakterien kolonisierte Korallen der Krankheit nicht zum Opfer fielen. Behandelte man anschließend infizierte Exemplare mit einem derartigen probiotischen Cocktail, überlebten sie die Krankheit und regenerierten wieder. Flächendeckend kann diese Methode bislang jedoch noch nicht eingesetzt werden.

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  • Quellen
Science Advances , 2024

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