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Lexikon der Neurowissenschaft: Echoorientierung

Echoorientierung w, Echoortung, Echolokalisierung, Echopeilung, Echolotung, E echolocation, Benutzung des Echos eigener Lautsignale zur räumlichen Orientierung. Über diese Fähigkeit verfügen die meisten Fledermäuse, wenige Flughunde und einige Kleinsäuger (Spitzmäuse) sowie Wale und Delphine. Diese Tiere senden Schallimpulse aus und schließen aus der Zeitdifferenz bis zum Eintreffen des Echos auf die Entfernung der Reflexionsfläche. Das räumliche Auflösungsvermögen dieser Methode ergibt sich aus dem Quotienten zwischen der Schallgeschwindigkeit und der Frequenz der Peillaute, d.h. mit zunehmender Schallfrequenz können immer kleinere Gegenstände und Hindernisse geortet werden. Kleinfledermäuse erzeugen Laute im Ultraschallbereich (20-200 kHz; siehe Zusatzinfo 1 ) mit hohem Auflösungsvermögen, so daß sich die Tiere im dunklen Raum gut orientieren und Beutetiere lokalisieren können. Von Fledermäusen ist bekannt, daß die Eigenschaften ihres auditorischen Systems eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Echoorientierung darstellen ( siehe Zusatzinfo 2 ). Spezialisierte Regionen im auditorischen Cortex messen die Verzögerungszeiten von Echos und damit den Abstand von Hindernissen und Beuteinsekten. Das Zeitauflösevermögen ihres auditorischen Systems ist beträchtlich erhöht im Vergleich zu anderen Säugetieren, und bei manchen Spezies ist auch die Cochlea angepaßt für die bevorzugte Wahrnehmung der Echofrequenzen (auditorische Fovea). Da die Absorption der Schallimpulse durch die Luft mit zunehmender Frequenz ansteigt und die Intensität der Schallwellen mit der Entfernung quadratisch abnimmt, ist die Reichweite der Echoortung bei landbewohnenden Tieren stark begrenzt. Im Wasser ist die Schalldämpfung demgegenüber wesentlich geringer, und infolge der Dichte dieses Mediums sind sowohl die Intensität des Schalldrucks als auch die Schallgeschwindigkeit erheblich höher. Deshalb besitzen einige Walarten und Delphine, die Suchlaute mit einer Frequenz von etwa 200 kHz ausstoßen, ein Ortungssystem mit enormer potentieller Reichweite, welches jedoch aufgrund der erhöhten Wellenlänge von Schall im Wasser im Vergleich zum Luftschall ein deutlich reduziertes räumliches Auflösevermögen haben sollte. Über die tatsächliche Leistungsfähigkeit der Echoortung bei Meeressäugern ist bisher nur wenig bekannt. – Untersuchungen an blinden Menschen haben ergeben, daß auch sie über die unbewußte Fähigkeit der Echoorientierung verfügen. Allerdings sind sie nur in der Lage, größeren Gegenständen, auf die sie sich zu bewegen, auszuweichen. Raumorientierung, Ultraschallwahrnehmung.

Echoorientierung

1 Höchste Ruffrequenzen bei Fledermäusen:
Der bislang gemessene Rekordhalter unter den Fledermäusen ist die Hipposideride Cloeotis perceivali mit 212 kHz Ruffrequenz. Dieses Tier verwendet einen konstantfrequenten Ruf, so daß für die Echoortung auch sein Hörbereich bis mindestens 212 kHz gehen muß. Vermutlich gibt es noch höher ortende Fledermäuse; für derart hohe Frequenzen ist es jedoch schwierig, ein sensitives Mikrophon zu konstruieren.

Echoorientierung

2 Spezialitäten des Hörsystems von Fledermäusen:
In Anpassung an das Hören hoher Frequenzen ist das Trommelfell der Fledermäuse besonders dünn und flächenmäßig erheblich kleiner als bei anderen Säugetieren vergleichbarer Größe. Die in einer Knochenkapsel eingelagerte Cochlea ist nur über Bindegewebe mit der Schädelbasis verbunden und zudem durch Fetteinlagerungen von dieser isoliert. Dadurch wird eine Schallübertragung beim Ausstoßen der Peillaute durch Knochenleitung verhindert. Der Innenohrkanal ist übermäßig lang. Zudem ist die Basilarmembran in ihnem basalen Teil, dem Ort, an dem Ultraschallfrequenzen perzipiert werden, stark vergrößert. Weiterhin ist die Refraktärzeit der akustischen Nervenzellen um den Faktor 10 geringer als bei anderen Säugetieren. Außerdem wurden Nervenzellen entdeckt, die noch Zeitdifferenzen zwischen 2 eintreffenden Echos von 60-65 μs registrieren können. Für die Richtungslokalisation eines Echos besitzen die Tiere Nervenzellen, die Zeitunterschiede von 100 μs zwischen dem Eintreffen des Signals am linken und rechten Ohr auflösen können.

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