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22.03.2021, Dr. Helmut Tributsch, Gleisdorf Österreich
Es gibt eine neue Publikation (2021) mit dem Titel: „Zeitneutralität der Naturgesetze in Frage gestellt. Zeit ist keine Illusion, sondern fortlaufender energiegetriebener Informationsverlust“. (“Time neutrality of natural laws challenged. Time is not an illusion but energy-driven ongoing information loss” Journal of Modern Physics, 12, 300-327. doi: 10.4236/jmp.2021.123023. https://www.scirp.org/journal/paperinformation.aspx?paperid=107438 )
Sie enthält zwei Beweise gegen die Zeitneutralität der Naturgesetze (auf die Carlo Rovelli und wichtige Physiktheorien aufbauen), findet, dass eine dynamische Energie die Zeit antreibt, und leitet damit erstmals die thermodynamischen Gesetze von fundamentalen Prinzipien her. Die Philosophen und rational denkenden Menschen, die immer mit einer fortlaufenden, historischen Zeit argumentierten, würden Recht behalten. Die Debatte über die Zeit ist also noch nicht zu Ende.
Brauchen wir Astronomie an allgemeinbildenden Schulen? Ja, aber nicht als eigenes Schulfach. Das ist meine Meinung nach 57 Jahren Begeisterung für die Astronomie und knapp 40 Jahren Lehrtätigkeit als Physiklehrer an einem Gymnasium in Schleswig-Holstein. Warum?
Der verbindliche Teil des fachgebundenen Schulunterrichts bis zum Ende der Schulpflicht soll nach meinem Verständnis bewirken, dass junge Menschen Lebenssituationen aller Art bewältigen können. Dazu soll er ihnen geeignete Kenntnisse, Fähigkeiten und Werte vermitteln, damit sie verantwortungsvoll agieren und die Folgen ihres Handelns lokal und global, kurz- und langfristig einschätzen und steuern können. Ziel muss dabei sein, die Bedingungen für das Leben auf der Oberfläche des Planeten Erde insgesamt zu optimieren und drängende aktuelle Probleme der Menschen zu lösen. Seien wir doch ehrlich: Dazu kann die Astronomie, so faszinierend sie für uns auch sein mag, leider nur einen minimalen Beitrag leisten und den können Lehrkräfte in Schulfächern wie Geografie und Physik auch ohne astronomische Spezialausbildung leicht vermitteln.
Allerdings sollte die Astronomie oder besser die Astrophysik als Teil unserer Kultur durchaus den unverbindlichen Teil des Schulunterrichts bereichern. Wahlkurse der Sekundarstufe I bieten sich dafür an, auch wählbare Physikkurse der Sekundarstufe II. Besonders geeignet sind jedoch Organisationsformen außerhalb der Klassen- und Kursverbände, auch schulübergreifend, zum Beispiel Arbeitsgemeinschaften, Arbeitsgruppen in Projektwochen oder Kurse der Begabtenförderung. Sie alle bieten den riesigen Vorteil, dass sich die Gruppen auch abends und nachts treffen können. So sind astronomische Beobachtungen und sogar messendes und experimentelles Arbeiten möglich. Modelle, Ausstellungen und Wettbewerbsbeiträge können entstehen und in der Schulöffentlichkeit für die Astronomie werben.
Schülerinnen und Schüler bringen dabei ihre speziellen Interessen und Fähigkeiten ein, sie lernen jahrgangsübergreifend voneinander, es gibt keinen Druck durch die Vorschriften eines Lehrplans und Noten werden auch nicht erteilt. Das sind ideale Bedingungen für ein selbstbestimmtes, individualisiertes und erfolgreiches Lernen auf hohem Niveau und bereitet auch der betreuenden Lehrkraft viel Freude.
Mit solchen Angeboten von wenigen speziell interessierten und engagierten Lehrkräfte erreicht man natürlich immer nur wenige Schülerinnen und Schüler. Aber würden wir dagegen alle jugendlichen zwingen, sich mit astronomischen Sachverhalten zu befassen, die kaum nachvollziehbare Auswirkungen auf ihren Alltag haben, so würden wir vielleicht das Gegenteil dessen bewirken, was wir wollen. Und vergessen wir nicht: Astronomische Bildung für Jugendliche findet auch außerhalb der Schule statt, in Volkshochschulen, Volkssternwarten, Planetarien, durch gute Zeitschriften, Bücher, Vorträge und andere Medien oder durch Veranstaltungen wie den Tag der Astronomie.
Brauchen wir also wirklich ein spezielles Schulfach Astronomie mit speziell ausgebildeten Lehrern?
Lieber Herr Clausnitzer, liebe Redaktion von Sterne und Weltraum, ich freue mich, dass unsere veröffentlichten Leserbriefe einen wichtigen Beitrag zur Wahrnehmung der Schulastronomie in der Öffentlichkeit leisten können. Seit Jahren engagieren Sie, lieber Herr Clausnitzer, sich beispielhaft für die astronomische Bildung. Das schätze ich sehr. Daher war es auch keinesfalls meine Absicht, Ihren offenen Brief an die Ministerpräsidenten zu zerreden. Ich stimme der Forderung nach einem zweistündigen Unterrichtsfach Astronomie in der Klassenstufe 9 oder 10 im Sinne der Allgemeinbildung bedingungslos zu. Seit Jahrhunderten hilft uns die Astronomie dabei, unsere Welt zu verstehen, Erkenntnisse zu erweitern und unseren Platz im Universum immer wieder neu zu interpretieren. Dieser Erkenntnisgewinn erfordert immer mehr Aufwand und damit auch finanzielle Ressourcen. Einerseits werden diese inzwischen von privaten Raumfahrtunternehmen aufgebracht, andererseits natürlich auch Steuergelder eingesetzt. Immer mehr Nationen erforschen erfolgreich den Weltraum, Ziele wie Mars und Mond sind aktueller denn je. Die Allgemeinheit wird stets davon profitieren und kann zunehmend daran teilnehmen. An dieser Stelle möchte ich die Arbeit von Alexander Gerst würdigen. Er hat durch seine sympathische Art und den medialen Einsatz große Begeisterung in allen Altersgruppen für die Raumfahrt hervorgerufen und mir aktuelle Inhalte für so manche Physik- oder Geographiestunde geschenkt. Auch die äußerst erfolgreiche und spektakuläre Landung des Rovers Perseverance auf dem Mars im Februar 2021 hat medial Eindruck hinterlassen – die Landung aus mehreren Kameraperspektiven auf dem roten Planeten ist wirklich sehenswert. Ganz nebenbei: Die verbesserte Landegenauigkeit ließ sich prima in Form eines experimentellen Wettbewerbes zum waagerechten Wurf in den Physikunterricht der 11. Klasse einbauen – natürlich stark vereinfacht. Und genau hier liegen die Grenzen der astronomischen Möglichkeiten im sächsischen Lehrplan. Als Lehrer eines naturwissenschaftlichen Faches kann man die Astronomie einbauen, muss aber dann an anderen Stellen kürzen, von den 18 in der 10. Klasse vorgesehenen Physikstunden abgesehen. Das gelingt nur punktuell und oberflächlich. Des Weiteren sind die astronomischen Kenntnisse der meisten Lehrkräfte begrenzt, da sie keine fachdidaktische Ausbildung haben. Auf fakultatives Engagement angewiesen, kann so keine flächenhafte astronomische Grundbildung unserer Schülerinnen und Schüler sichergestellt werden. Trotzdem möchte ich alle Lehrerinnen und Lehrer erneut dazu ermutigen, astronomische Beispiele und aktuelle Ereignisse in ihren Unterricht einzubauen und im Rahmen von Projekten oder dem fächerverbindenden Unterricht zu nutzen. Welche Möglichkeiten gibt es nun, diesem Dilemma zu entfliehen? Die Zeit für eine Diskussion zur Wiedereinführung des Schulfaches Astronomie in den Bundesländern ist denke ich reif, der offene Brief daher richtig und wichtig. Zeitgleich sollte auch an die fachdidaktische Ausbildung der Physiklehrer gedacht werden. An der TU-Dresden ist eine Einführung in die Astronomie im 5. und 6. Semester enthalten. Damit wurde zumindest auf die integrierten Lehrplaninhalte in Physik reagiert. Wie tiefgehend diese Kurse sind, entzieht sich jedoch meiner Kenntnis. Sollte das Schulfach Astronomie wieder eingeführt werden, müssen dafür ja genügend Lehrkräfte verfügbar sein. Vielleicht können ja aber auch Schüler- und Elternvertretungen die Entwicklung unterstützen. Auch die Fachkonferenzen der Physiklehrer können tätig werden. In schulinternen Fortbildungen können astronomisch versierte Lehrkräfte ihren Kolleginnen und Kollegen notwendiges Fachwissen vermitteln. Ich selbst habe diese schon an unserer Schule durchgeführt und es haben nicht nur PhysiklehrerInnen daran teilgenommen. Gibt es eigentlich schon Reaktionen auf den offenen Brief seitens der Bildungspolitik? Ich freue mich auf weitere Diskussionsbeiträge! Silvio Henker, Sportgymnasium Dresden
Als Abonnent von Sterne-und-Weltraum, ehemaliger Lehrer und Hobbyastronom möchte ich eine Anregung für eine Rubrik geben: Zukunftsromane-Science-und-Fiction mit astronomischem Bezug. Hintergrund: 1. Ein kluger Kopf hat mal bemerkt, dass unsere Welt einem Tanker gleicht, der mit Vollgas durchs Meer rauscht - und keiner steht auf der Brücke und denkt darüber nach, wohin die Reise gehen soll ... 2. Als ehemaliger Physik- und Mathematiklehrer habe ich ja meine Schüler*innen für die nächsten 30 Jahre ausgebildet - aber niemand konnte mir sagen, für welche Zukunft ... 3. Für solche Themen ist eigentlich die geistige "Elite" zuständig, die "Dichter und Denker", die Philosophen - und die oft gut informierten Autoren von Zukunftsromanen bzw. Zukunftsfilmen. Geprägt von guten Roman z.B. von Stanislaw Lem habe ich diese immer gerne gelesen und angesehen. Natürlich ist nicht allein die Astronomie für unsere Zukunft zuständig, aber gerade dieser High-Tech-Bereich beeinflusst unser Weltbild und unser Denken über die Zukunft fundamental! 4. Ich trenne dabei den wissenschaftsnahen astronomischen Zukunftsroman streng von klassischer "Science-Fiction", die meist nur Weltraum-Märchen oder Fantasy a la "Star Wars" darstellt, "Laserschwert statt Zauberstab" ... 5. Es gibt im deutschen Sprachraum nur die Zeitschrift "diezukunft", die sich dieser Literatur bzw. diesem Filmgenre widmet, und die die Leser berät, aber leider auch den ganzen Fantasy-Kram enthält ...
Daher möchte ich anregen, regelmäßige wissenschaftsnahe Zukunfts-Filme und -Bücher mit in Ihre Rubriken aufzunehmen: Als Beispiele "Der Marsianer", "die drei Sonnen", evtl. die sehr beliebte Buchreihe "The Expanse". Oder auch die wichtige Bedeutung von "Frau im Mond". Dabei können z.B. die Inhalte mit dem heutigen Wissenschaftsstand abgeglichen werden, mögliche Zukunftspfade vorgestellt werden und - endlich - gute und schlechte Zukunftliteratur und -Filme verglichen und beurteilt werden. Ich habe z.B. fast alle SciFi-Filme zu Asteroideneinschlägen auf der Erde gesehen - der einzige korrekte Film dazu ist ist "Deep Impact" (den ich regelmäßig im Unterricht vorgestellt und durchgerechnet habe - eine Schülerin hat mit Jahre später gestanden, dass dies die beeindruckendsten Schulstunden ihrer Schulzeit gewesen sei). Im Zeitalter der Computersimulationen in der Astronomie liegen solche zu Spielfilmen erweiterten Simulationen nicht weit entfernt. Dazu könnten erweiterte Themen kommen wie z.B. die Rolle und Beziehung von Religion und astronomische Wissenschaft heute und in Zukunft und in der Zukunftsliteratur; oder die zunehmende Wichtigkeit von KI im Weltraum wie in "Odyssee" ...
Ich könnte mir vorstellen, dass eine solche Rubrik, als Erweiterung der bisherigen Buchrezensionen oft "trockener" Bücher, die Bedeutung und Akzeptanz von Astronomie stärkt und die Sichtweise verstärkt, wie wichtig diese Wissenschaft für unsere Zukunft ist.
Stellungnahme der Redaktion
Sehr geehrter Herr Bolter,
vielen Dank für Ihre Zuschrift und die Anregung zu einer neuen SuW-Rubrik.
Ich bin grundsätzlich ganz Ihrer Meinung. Wie Sie vielleicht wissen, bin ich dem Thema Sciencefiction sehr zugetan und habe einige Filme sowie Serien in meinem Buch "Die Wissenschaft schlägt zurück" (2019) und auch auf dem YouTube-Kanal "Urknall, Weltall und das Leben" besprochen. In der inzwischen eingestellten Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" betreute ich die Kolumne "Fakt und Fiktion". Ich bin aus persönlicher Erfahrung überzeugt, dass gerade bei Schülerinnen und Schülern diese Form der Vermittlung naturwissenschaftlicher Konzepte ein sehr guter Zugang ist.
In der SuW-Rubrik "Neu erschienen" wurden auch schon "Grenzgänger" besprochen, nämlich Bücher, die in irgendeiner Form mit Sciencefiction zusammenhängen. Natürlich hatte ich auch schon darüber nachgedacht, die Sciencefiction in SuW mehr zum Zuge kommen zu lassen und ihr zum Beispiel in Form einer Kolumne wissenschaftlich auf den Grund zu gehen.
Das ist allerdings nicht so einfach, weil ich diesen Platz im Heft schaffen müsste, sprich eine andere Rubrik müsste weichen oder gekürzt werden. Gelegentlich haben wir die Möglichkeit solche Änderungen vorzunehmen – aktuell sehe ich diese jedoch nicht, bleibe aber offen dafür. Auch ein Einzelartikel zum Thema ist denkbar.
Gibt es Doppelsternsysteme, die man als Hobbyastronom beobachten kann, und bei denen man über einen gewissen Zeitraum auch die Bewegung eines oder beider Partner beobachten kann?
Solch ein Paar müsste entsprechend hell sein, eine Umlaufzeit von Monaten oder wenigen Jahren haben, der Abstand müsste groß genug sein, um beide Partner getrennt abbilden zu können, und die Bahnebene sollte im Idealfall geneigt sein, um eine Draufsicht zu ermöglichen. Zudem wäre es aus meiner Sicht ideal, wenn das System von der Nordhalbkugel sichtbar wäre.
Ich habe im Internet keine brauchbare Aufstellung dazu gefunden. Können sie mir weiterhelfen?
Stellungnahme der Redaktion
Ja es gibt einige wenige Doppelsterne, die man einem kleinen Teleskop noch trennen kann, und bei denen über die Jahre eine Bewegung erkennbar ist. Hierzu möchte ich auf den Artikel "Doppelsterne am Frühlingshimmel" in SuW 4/2018 verweisen. Dort werden die beiden Systeme gamma Virginis und xi Ursae Majoris vorgestellt, die jetzt im anbrechenden Frühling gut beobachtbar sind.
Sie beschreiben sehr überzeugend, was ein Astronomieunterricht den Schülern zu geben vermag, wenn er von astronomisch versierten Lehrpersonen gestaltet wird. Bis 2007 war das sachsenweit gewährleistet, weil für den eigenständigen Astronomieunterricht nur knapp 600 solche Lehrkräfte nötig und auch vorhanden waren, pro Schule eine. Nun werden die meisten Schüler jedoch von den anderen 1400 Physiklehrern unterrichtet, die gar nicht erfreut sind, 18 Stunden Astronomie unterrichten zu müssen, zumal sie dadurch weniger Zeit für die Physik haben. Denn die obligatorische Astronomiestunde in Klasse 10 fiel 2007 weg, ohne dass die Zahl der Physikstunden erhöht wurde. Das erklärt, warum der in den Physikunterricht integrierte Astronomieteil in den meisten Klassen gekürzt, halbherzig unterrichtet oder weggelassen wird. Das ist allerdings nicht die Schuld der Physiklehrer, sondern die Folge einer Fehlentscheidung, die gegen vorliegende Gutachten, gegen das 7:2-Ergebnis einer Landtagsanhörung und gegen massive Proteste der Bevölkerung politisch durchgedrückt wurde.
Unstrittig ist, dass in vielen Fächern Verbindungen zur Astronomie hergestellt werden können und sollten. Aber bitte als Vorbereitung oder Ergänzung und NICHT ANSTATT eines professionellen Astronomieunterrichts.
Zu einem anderen Punkt Ihres Briefes: Die Vertreter eines bestimmten Faches dürfen und sollen die Wichtigkeit ihres Faches aufzeigen. Zu sagen, was dafür auf anderen Gebieten wegfallen soll, wäre hingegen wenig seriös. Die einzelnen Fächer von Zeit zu Zeit entsprechend den Zielen der allgemeinen Bildung und den Erfordernissen der Zukunft neu zu gewichten, obliegt den Kultusministerien beziehungsweise der Politik.
Für die Vermittlung astronomischer Inhalte wird auch dann Unterrichtszeit »verbraucht«, wenn sie vorwiegend im Physikunterricht erfolgt. Nur ist dieses Modell eben wenig effizient, weil es mit dem mehrfachen Bedarf an astronomiekundigen Lehrpersonen und einer im Durchschnitt viel geringeren Unterrichtsqualität einhergeht. Denn dann müssten quasi alle Physiklehrer zugleich auch astronomisch interessiert und bewandert sein, was in KEINEM Bundesland auch nur im Entferntesten gegeben ist und sich auch in Zukunft nicht erfüllen lässt. Dass das erst wenige Bundesländer erkannt haben, lässt es notwendig erscheinen, noch überzeugender zu argumentieren. In diesem Sinne ist der Brief an die Ministerpräsidenten konstruktiv und wichtig. Wir sollten ihn nicht zerreden.
Da es bis heute nicht möglich ist Teilchen wie WIMPs zu entdecken bzw. nachzuweisen ( Siehe Sterne und Weltraum 1/2021, Seite 19 ), aber gleichzeitig allein in der Sonnenumgebung sich sehr viel leuchtschwache Braune Zwerge und kühle Rote Zwerge aufhalten ( Siehe Sterne und Weltraum 1/2021, den tollen Artikel über Gaia, Seite 31 ), stellt sich mir die Frage, ob die Dunkle Materie nicht mit ganz normaler Materie erklärt werden kann. Dazu kommt eine immer größere Anzahl Schwarzer Löcher ( Siehe Sterne und Weltraum 11/2020, Seite 21 ), die durch Gravitationswellendetektoren entdeckt werden. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass es sehr viele Schwarze Löcher im Universum geben muss. Auch Neutrinos haben eine Masse, wenn auch nur extrem klein ( Siehe Sterne und Weltraum 1/2021, Seite 21 ). Und es gibt fast unendlich viele Neutrinos. Kann die fehlende Masse, also Dunkle Materie im Universum, nicht mit, für uns, unsichtbarer normaler Materie erklärt werden ?
Stellungnahme der Redaktion
Diese Frage ist seit der Entdeckung der ersten Anzeichen für die Dunkle Materie vor inzwischen über 80 Jahren von Profis wie Laien immer wieder aufgeworfen und von den Profis immer wieder intensiv diskutiert worden. Herr Schreyer hat diese Frage in kluger Weise für die aktuelle Situation neu formuliert. Die kurze Antwort besteht heutzutage aus drei Teilen:
1.) Die von Herrn Schreyer angeführten laufenden Entdeckungen von zusätzlichen Komponenten normaler Materie sind um viele Zehnerpotenzen (wirklich viele!) zu wenig, um die fehlende Gravitation in Galaxien und Galaxienhaufen zu erklären. Auch die noch gar nicht alte Entdeckung von Millionen Grad heißem Gas in und um Galaxienhaufen, die den Gesamtbestand an bekannter normaler Materie mehr als verdoppelt hat, ist für die Dunkle Materie nicht ausschlaggebend. Sie hat eher ein bekanntes Defizit an normaler Materie beseitigt als dass sie den vermuteten Bestand vergrößert hätte (siehe unten, 3.).
2.) Die Neutrinos sind als wesentlicher Bestandteil der Dunklen Materie vollkommen auszuschließen, egal wie viele es davon geben könnte, da sie die falschen Eigenschaften besitzen. Aufgrund ihrer geringen Masse sind sie grundsätzlich nahezu lichtschnell. Sie können sich deshalb nicht in Schwerkraftmulden versammeln, sondern fliegen stets einfach hindurch. Genau das aber, sich in Schwerkraftmulden zu sammeln und diese dadurch zu vertiefen, ist eine der wichtigsten "Funktionen" der Dunklen Materie: Ohne ganz viel Masse in Form von langsamen Teilchen (langsam im Vergleich zur Lichtgeschwindigkeit) ist es nicht möglich, in wenigen Milliarden Jahren nach dem Urknall die großen Galaxien und Galaxienhaufen, die wir heute im Universum beobachten, aus der homogenen "Ursuppe" zusammenzufegen, die wir mit der kosmischen Hintergrundstrahlung 400 000 Jahre nach dem Urknall sehen.
Wie durchschlagend dieses zweite Argument ist, kann in einem kurzen Text nicht verdeutlicht werden. Diese Behauptung wirklich verständlich zu begründen würde einen 10-seitigen Hauptartikel in SuW benötigen.
3.) Das heutzutage aber noch durchschlagendere Argument ist das dritte. Es ist der Grund, weshalb Herrn Schreyers Frage in der Fachwelt heute nicht mehr wirklich diskutiert wird, und wohl auch in Zukunft nicht mehr diskutiert werden wird. Wenn das Universum zu 25-30 Prozent der kritischen Dichte mit normaler Materie erfüllt wäre - das ist der Inhalt der Frage! - dann wäre die chemische Zusammensetzung der "Ursuppe" eine völlig andere als wir sie tatsächlich beobachten. Auch dieses Argument kann nicht in kurzer Form vollständig dargelegt werden. Die Häufigkeitsverhältnisse von Wasserstoff, Deuterium, Helium-3 und Helium-4 im Universum sind mit 25-30 Prozent normaler Materie einfach nicht zu kriegen, sondern verlangen definitiv etwa 4-5 Prozent der kritischen Dichte.
23.12.2020, Michael Grabner, Portland, Oregon, USA
Liebes SuW-Team, die regelmaessige Graphik in der Mitte des Heftes verwirrt mich ein wenig. Der Pfeil mit Widdersymbol zeigt die Richtung zum Fruehlingspunkt. In Heft 1/2021 schaut es dann aber so aus, als ob sich die Erde zum Herbstpunkt bewegen wuerde, der ja gegenueber des Fruehlingspunktes liegen wuerde. Aber ist es nicht gerade umgekehrt? Bitte um Erklaerung. Vielen Dank!
Stellungnahme der Redaktion
Das ist so vollkommen richtig. Wenn die Sonne von der Erde aus gesehen im Frühlingspunkt steht, dann steht die Erde von der Sonne aus gesehen wie immer genau in der entgegengesetzten Richtung, in diesem Fall also im Herbstpunkt.
Mit großem Interesse las ich in der Ausgabe 01/2021 das Interview mit Herrn Lutz Clausnitzer zum Thema Astronomie in der Schule. Dazu möchte ich Ihnen als treuer Leser von Sterne und Weltraum gern ein paar Zeilen zukommen lassen.
Als astronomiebegeisterter Physik- und Geographielehrer an einem Dresdner Gymnasium habe ich das Glück, alle noch im Sächsischen Lehrplan vorkommenden Astronomieinhalte unterrichten zu dürfen. In den Geographieunterricht integriert ist dabei der Aufbau des Sonnensystems, die Bewegung der Erde und die Entstehung der Gezeiten und Jahreszeiten. Im Physikunterricht der Klasse 6 lernen SchülerInnen die astronomischen Grundlagen von Mond- und Sonnenfinsternis kennen. Den größten Anteil machen etwa 18 Wochenstunden in der Klassenstufe 10 innerhalb des Physikunterrichts zur eigentlichen Astronomie aus. Das ist recht knapp, ich nehme mir dafür in meinen Klassen etwas mehr Zeit, muss aber an dafür an anderer Stelle kürzer treten.
Laut Lehrplan erreicht also jeder Lernende durchaus auch ohne ein eigenständiges Unterrichtsfach ein gutes astronomisches Grundwissen - sofern die FachlehrerInnen den astronomischen Inhalten genügend Raum in ihren Stoffverteilungsplänen geben.
Die Astronomie hat an meiner Schule, obwohl es sich um ein Sportgymnasium handelt, einen hohen Stellenwert. Wir veranstalten Beobachtungsabende mit teils über 100 interessierten SchülerInnen, Geschwistern und Eltern und beobachten live im Unterricht, etwa die letzte Sonnenfinsternis oder Venus- und Merkurdurchgänge. Alle SchülerInnen der 10 Klasse fertigen ein astronomisches Beobachtungsprotokoll an.
Das Interesse der Schüler zeigt sich auch an gewählten Themen der wissenschaftlichen Arbeiten. Jeder Schüler muss bis zum Abitur eine größere Arbeit zu einem selbstgewählten Schwerpunkt anfertigen. Astronomische Themen sind dabei sehr beliebt.
Ich denke, dass Astronomie als Unterrichtsfach eine Sicherungsfunktion erfüllt. Es würde die astronomische Wissensvermittlung SICHERSTELLEN. Momentan ist sie durchaus möglich, hängt aber noch zu stark von den Vorlieben der Fachlehrer ab.
Auch ich würde mir ein eigenständiges Fach Astronomie wünschen und wäre bestimmt der erste, der sich für das Zusatzstudium anmelden würde. Im offenen Brief zur Astronomie vermisse ich jedoch ein Angebot der Unterzeichner, wie das zusätzliche Stundenvolumen erzeugt werden soll. Erst im August 2019 wurde in Sachsen die Stundentafel aufgrund der vergleichsweise hohen Lernbelastung gekürzt, so dass einige Fächer mit weniger Stunden auskommen müssen. Wer sollte nun noch für die Astronomie Stunden abgeben? Eine Erhöhung des Stundenvolumens ist erst recht unwahrscheinlich.
Für realistischer halte ich es, die in den Fächern Geographie und Physik verteilten astronomischen Inhalte von der fakultativen auf die verpflichtende Seite des Lehrplans zu holen. Auch sollte es mehr Fortbildungsangebote für die Lehrkräfte geben. Gleichzeitig sollten die FachlehrerInnen ermutigt werden, z.B. durch die FachberaterInnen, öfter astronomische Inhalte in ihren Unterricht einzubauen. Gerade in Physik ist das bei vielen Themen möglich - Energieversorgung, Kräfte, elektromagnetische Wellen, Licht usw. Das Interesse der Schüler ist dafür auf jeden Fall da.
Eine weitere Möglichkeit bietet der fächerverbindende Unterricht. Zwei Wochen im Schuljahr können unabhängig vom Lehrplan für verschiedenste Themen genutzt werden. Würde hier in der Klassenstufe 9 oder 10 die Astronomie platziert und von Geographie- und PhysiklehrerInnen betreut werden, wären das fast so viele Stunden wie für ein eigenständiges Fach.
Der offene Brief an die Bildungspolitik ist sicherlich einen Versuch wert, die Aussicht auf Erfolg jedoch gering. Aber es gibt eben auch zahlreiche andere Möglichkeiten, die Begeisterung für das Universum bei unseren SchülerInnen zu wecken und zu fördern.
Kometen fliegen häufig parabolische oder ellipsenförmige Flugbahnen um die Sonne, da sie von der Masse der Sonne abgelenkt werden. Die Sterne in der Nähe von Sagittarius A* fliegen ebenfalls parabolische oder ellipsenförmige Flugbahnen um Sagittarius A*, da sie von der großen Masse des Schwarzen Loches abgelenkt werden. Nun meine Frage: Photonen werden beim Vorbeiflug an einem schweren Körper ebenfalls von Ihrer Bahn abgelenkt, so dass wir das Licht von fernen Hintergrundgalaxien beim Vorbeiflug an einer Vordergrundgalaxie, einem Schwarzen Loch oder Dunkler Materie z.B. vier Mal gestreut sehen. Warum werden die Photonen in solchen Fällen nicht auch durch die Gravitation auf parabolische oder ellipsenförmige Bahnen gezwungen?
Stellungnahme der Redaktion
Hyperbel-ähnliche und parabel-ähnliche Bahnen von Photonen um ein Schwarzes Loch gibt es durchaus. Die erwähnten vier Bilder einer fernen Hintergrundgalaxie entstehen genau auf diese Art (in diesem Fall: hyperbel-ähnliche Bahnen). Parabel-ähnliche Bahnen können Sie in den Expertenantworten in SuW 02/2018 und SuW 02/2018, jeweils S. 8 sehen. Ich schreibe hier immer "...-ähnliche" Bahnen, weil in starken Gravitationsfeldern das Newtonsche Gravitationsgesetz nicht mehr gilt, und deshalb auch keine wirklichen Keplerbahnen durchlaufen werden. Dies ist auch der Grund, weshalb es keine Ellipsenbahnen - und auch keine ellipsenähnliche Bahnen - von Photonen bei Schwarzen Löchern gibt. Will man ein Photon ganz um ein Schwarzes Loch herumlaufen lassen, dann muss man es wegen seiner hohen Geschwindigkeit ganz nahe an das Loch bringen, wo es keine stabilen Bahnen mehr gibt. Es fällt dann nach einer oder mehreren Runden auf jeden Fall entweder in das Loch hinein, oder es fliegt wieder ins Unendliche davon.
mit großem Interesse habe ich den Artikel "Am Ende der Zeit - Nobelpreis für Phyik 2020" von Robert Gast in SuW 12/2020 gelesen. Auf Seite 25 ist, wie schon öfter in SuW, von der Hawking-Strahlung die Rede, dessen Existenz der Physiker Stephen Hawking theoretisch postulierte. Meistens werden die quantenmechanischen Vorgänge der Hawking-Strahlung so erklärt, dass ein Partner eines spontan entstandenen Teilchen-Antiteilchen-Paares ins Loch fällt und der andere ins Weltall entkommt (So steht es auch im Verweis im Artikel auf die Expertenantwort in SuW 10/2019, S. 8). Wie kann es so aber dazu kommen, dass Schwarze Löcher durch Hawking-Strahlung Masse verlieren? Statistisch gesehen müssten genauso viele Teilchen wie Antiteilchen in das Schwarze Loch fallen und die Masse deshalb konstant bleiben. Ich würde mich freuen, wenn sie mir erläutern könnten wo mein Denkfehler liegt. Danke im Voraus!
Stellungnahme der Redaktion
Herr Flunger hat zunächst einmal recht mit seiner Aussage, dass in diesem Bild ebenso viele Teilchen wie Antiteilchen in das Loch fallen (bzw. umgekehrt dann also auch das Loch verlassen). Bei Photonen, die die meiste Zeit den Löwenanteil der Hawking-Strahlung ausmachen, sind die Teilchen und Antiteilchen übrigens identisch.
Aber das hat nichts mit dem Massenverlust zu tun, denn die Massen von Teilchen und Antiteilchen sind jeweils gleich. Was aber aus dem Schwarzen Loch herauskommt, ist jedenfalls immer etwas, das positive Gesamtenergie mit sich trägt, egal ob Elektron, Positron oder Photon. Und diese Energie muss nach dem Grundsatz der Energie-Erhaltung von irgendwo herkommen.
Sie kommt aus der Energie des anderen Teilchens, das hineinfällt! Das besitzt dann in diesem Bild nämlich eine negative Gesamtenergie, also - klassisch ausgedrückt - seine (negative) potentielle Energie ist größer als die Summe aus seiner (positiven) kinetischen oder elektromagnetischen Energie plus eventuell seiner ebenfalls positiven Ruhe-Energie (=Ruhemasse mal Lichtgeschwindigkeit im Quadrat), wenn diese nicht null ist. Also wird dem Schwarzen Loch eine positive Energie entzogen und eine negative hinzugefügt. Gemäß der Äquivalenz von Masse und Energie wird ihm entsprechend eine negative Masse hinzugefügt.
Wenn aus einem gemäß der Quantenphysik spontan entstandenen (virtuellen) Teilchenpaar ein reelles Paar werden soll, dann muss normalerweise zunächst einmal die Energie der beiden reellen Teilchen von irgendwoher aufgebracht werden. Das geschieht stets durch die Begegnung des virtuellen Paars mit (mindestens) einem weiteren (reellen!) Teilchen, das dabei die entsprechende Energie verliert. Hier im Falle der Hawking-Strahlung wird diese Rolle von dem Loch bzw. dessen Gravitationsfeld übernommen, und eines der beiden virtuellen Teilchen wird dem Rest des Universums sofort wieder entzogen.
Leider vermisse ich in der Expertenantwort auf S. 8 von SuW 10/2020 einen Hinweis auf die Lage der Kontinente vor 250 Millionen Jahren (Pangäa), der einer weiteren Diskussion den Boden entziehen würde.
Stellungnahme der Redaktion
Das ist ein sehr guter Gesichtspunkt. Vielen Dank für den Hinweis. Allerdings waren (zufällig) auch damals das heutige Sibirien und die heutige Antarktis einander praktisch genau gegenüber.
Ich beziehe mich auf Ihren Artikel: "Gezeiten im Weltall…" in SuW 8/2020; S. 35ff:
Vielen Dank für diesen wunderschönen Artikel, der mich wirklich begeistert hat. Für mich besonders verblüffend war die Vielfalt der Effekte, die mit den Gezeitenkräften erklärt werden können.
Aber an einer Stelle lässt mich der Autor recht ratlos zurück, denn er stellt nur die Behauptung auf, verzichtet aber an dieser Stelle leider auf jegliche Erklärung: „Ein weiteres schönes Ergebnis der Gezeitenreibung sind die planetarischen Ringe: Sie sind vollkommen kreisförmig, liegen genau in der Äquatorebene des Planeten und sind extrem flach.“ (S. 41)
Ich habe am Beispiel der Saturnringe darüber nachgedacht: Der sehr schnell rotierende Saturn hat ja einen ausgeprägten „Äquatorwulst“, der mich, ähnlich wie nach der Erklärung der Bahnpräzession des Mondes erwarten ließe, dass für die kleinen umlaufenden Körper eine Präzessionsbewegung durchlaufen sollten. Die Achse, um die präzediert wird müsste zwar parallel zur Saturnachse stehen, was aber keine Einebnung der Bahnen bedeuten. Eine Bahn, deren Achse schief zur Saturnachse stand wird auch weiter schief zu dieser Achse stehen. Warum sich die Achsen parallel stellen sollen bleibt mir unklar.
Auch die kreisförmigen Bahnen finde ich nicht erklärt. Beim Beispiel von Io wird zwar das Durchkneten des Mondes mit der Exzentrizität seiner Bahn in Zusammenhang gebracht, und das „Durchkneten“ ist ein Effekt der Reibung, der damit auch Energieverlust beinhaltet, der vielleicht zu einem Abbau der Exzentrizität führen kann, aber kann man entsprechend argumentieren, wenn man es mit den, gegenüber Io winzig kleinen Körpern zu tun hat, die den Saturnring bilden. Hätte die Deformation einer Bahnellipse zu einem Kreis überhaupt etwas mit einer Energieänderung und damit etwas mit Reibung zu tun?
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn der Autor diese Vorgänge näher beleuchten könnte.
Stellungnahme der Redaktion
Das ist so zu verstehen: In diesem Falle geht es nicht um die Reibung innerhalb der einzelnen Körperchen der Ringe, sondern um die Reibung zwischen ihnen. 1) Nehmen wir an, die Ringe wären nicht extrem flach. Das heißt, dass die Umlaufbahnen der einzelnen Teilchen eine Neigung gegeneinander hätten, d.h., dass die Bahnen sich bei jedem Umlauf zweimal schneiden. Dann würden die Teilchen ständig zusammenstoßen, d.h. aneinander reiben, bis die Neigungen alle gleich sind. Das heisst in diesem Fall genauer: bis die Bahnen alle in einer Ebene liegen. Also: Gleiche Neigung *und* gleiche Knotenlinie. 2) Die gleiche Überlegung für Teilchen gleicher Umlaufzeit und Bahnebene, aber unterschiedlicher Exzentrizität: Wiederum würden sich die Umlaufbahnen der einzelnen Teilchen bei jedem Umlauf zweimal schneiden. Wiederum würden die Teilchen ständig zusammenstoßen, d.h. aneinander reiben, bis die Exzentrizitäten alle ausgebügelt sind, d.h. gleich null sind. 3) Die Parallelität zur Äquatorebene des Saturn: Hier hat Herr Tatzel schon selbst das entscheidende Stichwort gegeben: Präzession! Stellen wir uns vor, die Bahnen seien alle perfekt rund und alle in der gleichen Ebene, aber nicht in der Äquatorebene. Dann wären wegen der Präzession nach kürzester Zeit aber die Bahnebenen nicht mehr gleich, denn die Rate der Präzession hängt vom Bahnradius und der Exzentrizität ab. Also würden sich wiederum Kollisionen und damit auch eine Reibung zwischen den Teilchen ergeben. Ergebnis siehe Punkt 1) oben!
Ja, das ist dann ein geostationäres Objekt, allerdings mit relativ großer Bahnneigung: Neptun ist derzeit bei ca. -5 Grad Deklination, während der geostationäre Gürtel bei 49.5 Grad geographischer Breite bei etwa -9 Grad Deklination liegt.
Zeit ist keine Illusion
22.03.2021, Dr. Helmut Tributsch, Gleisdorf Österreich(“Time neutrality of natural laws challenged. Time is not an illusion but energy-driven ongoing information loss” Journal of Modern Physics, 12, 300-327. doi: 10.4236/jmp.2021.123023. https://www.scirp.org/journal/paperinformation.aspx?paperid=107438 )
Sie enthält zwei Beweise gegen die Zeitneutralität der Naturgesetze (auf die Carlo Rovelli und wichtige Physiktheorien aufbauen), findet, dass eine dynamische Energie die Zeit antreibt, und leitet damit erstmals die thermodynamischen Gesetze von fundamentalen Prinzipien her. Die Philosophen und rational denkenden Menschen, die immer mit einer fortlaufenden, historischen Zeit argumentierten, würden Recht behalten. Die Debatte über die Zeit ist also noch nicht zu Ende.
Astronomie an Schulen
18.03.2021, Bernd Huhn, NeumünsterDer verbindliche Teil des fachgebundenen Schulunterrichts bis zum Ende der Schulpflicht soll nach meinem Verständnis bewirken, dass junge Menschen Lebenssituationen aller Art bewältigen können. Dazu soll er ihnen geeignete Kenntnisse, Fähigkeiten und Werte vermitteln, damit sie verantwortungsvoll agieren und die Folgen ihres Handelns lokal und global, kurz- und langfristig einschätzen und steuern können. Ziel muss dabei sein, die Bedingungen für das Leben auf der Oberfläche des Planeten Erde insgesamt zu optimieren und drängende aktuelle Probleme der Menschen zu lösen. Seien wir doch ehrlich: Dazu kann die Astronomie, so faszinierend sie für uns auch sein mag, leider nur einen minimalen Beitrag leisten und den können Lehrkräfte in Schulfächern wie Geografie und Physik auch ohne astronomische Spezialausbildung leicht vermitteln.
Allerdings sollte die Astronomie oder besser die Astrophysik als Teil unserer Kultur durchaus den unverbindlichen Teil des Schulunterrichts bereichern. Wahlkurse der Sekundarstufe I bieten sich dafür an, auch wählbare Physikkurse der Sekundarstufe II. Besonders geeignet sind jedoch Organisationsformen außerhalb der Klassen- und Kursverbände, auch schulübergreifend, zum Beispiel Arbeitsgemeinschaften, Arbeitsgruppen in Projektwochen oder Kurse der Begabtenförderung. Sie alle bieten den riesigen Vorteil, dass sich die Gruppen auch abends und nachts treffen können. So sind astronomische Beobachtungen und sogar messendes und experimentelles Arbeiten möglich. Modelle, Ausstellungen und Wettbewerbsbeiträge können entstehen und in der Schulöffentlichkeit für die Astronomie werben.
Schülerinnen und Schüler bringen dabei ihre speziellen Interessen und Fähigkeiten ein, sie lernen jahrgangsübergreifend voneinander, es gibt keinen Druck durch die Vorschriften eines Lehrplans und Noten werden auch nicht erteilt. Das sind ideale Bedingungen für ein selbstbestimmtes, individualisiertes und erfolgreiches Lernen auf hohem Niveau und bereitet auch der betreuenden Lehrkraft viel Freude.
Mit solchen Angeboten von wenigen speziell interessierten und engagierten Lehrkräfte erreicht man natürlich immer nur wenige Schülerinnen und Schüler. Aber würden wir dagegen alle jugendlichen zwingen, sich mit astronomischen Sachverhalten zu befassen, die kaum nachvollziehbare Auswirkungen auf ihren Alltag haben, so würden wir vielleicht das Gegenteil dessen bewirken, was wir wollen. Und vergessen wir nicht: Astronomische Bildung für Jugendliche findet auch außerhalb der Schule statt, in Volkshochschulen, Volkssternwarten, Planetarien, durch gute Zeitschriften, Bücher, Vorträge und andere Medien oder durch Veranstaltungen wie den Tag der Astronomie.
Brauchen wir also wirklich ein spezielles Schulfach Astronomie mit speziell ausgebildeten Lehrern?
Astronomie an allgemeinbildenden Schulen
13.03.2021, Silvio Henker, Dresdenich freue mich, dass unsere veröffentlichten Leserbriefe einen wichtigen Beitrag zur Wahrnehmung der Schulastronomie in der Öffentlichkeit leisten können.
Seit Jahren engagieren Sie, lieber Herr Clausnitzer, sich beispielhaft für die astronomische Bildung. Das schätze ich sehr. Daher war es auch keinesfalls meine Absicht, Ihren offenen Brief an die Ministerpräsidenten zu zerreden. Ich stimme der Forderung nach einem zweistündigen Unterrichtsfach Astronomie in der Klassenstufe 9 oder 10 im Sinne der Allgemeinbildung bedingungslos zu.
Seit Jahrhunderten hilft uns die Astronomie dabei, unsere Welt zu verstehen, Erkenntnisse zu erweitern und unseren Platz im Universum immer wieder neu zu interpretieren. Dieser Erkenntnisgewinn erfordert immer mehr Aufwand und damit auch finanzielle Ressourcen. Einerseits werden diese inzwischen von privaten Raumfahrtunternehmen aufgebracht, andererseits natürlich auch Steuergelder eingesetzt. Immer mehr Nationen erforschen erfolgreich den Weltraum, Ziele wie Mars und Mond sind aktueller denn je. Die Allgemeinheit wird stets davon profitieren und kann zunehmend daran teilnehmen. An dieser Stelle möchte ich die Arbeit von Alexander Gerst würdigen. Er hat durch seine sympathische Art und den medialen Einsatz große Begeisterung in allen Altersgruppen für die Raumfahrt hervorgerufen und mir aktuelle Inhalte für so manche Physik- oder Geographiestunde geschenkt.
Auch die äußerst erfolgreiche und spektakuläre Landung des Rovers Perseverance auf dem Mars im Februar 2021 hat medial Eindruck hinterlassen – die Landung aus mehreren Kameraperspektiven auf dem roten Planeten ist wirklich sehenswert. Ganz nebenbei: Die verbesserte Landegenauigkeit ließ sich prima in Form eines experimentellen Wettbewerbes zum waagerechten Wurf in den Physikunterricht der 11. Klasse einbauen – natürlich stark vereinfacht.
Und genau hier liegen die Grenzen der astronomischen Möglichkeiten im sächsischen Lehrplan. Als Lehrer eines naturwissenschaftlichen Faches kann man die Astronomie einbauen, muss aber dann an anderen Stellen kürzen, von den 18 in der 10. Klasse vorgesehenen Physikstunden abgesehen. Das gelingt nur punktuell und oberflächlich. Des Weiteren sind die astronomischen Kenntnisse der meisten Lehrkräfte begrenzt, da sie keine fachdidaktische Ausbildung haben. Auf fakultatives Engagement angewiesen, kann so keine flächenhafte astronomische Grundbildung unserer Schülerinnen und Schüler sichergestellt werden. Trotzdem möchte ich alle Lehrerinnen und Lehrer erneut dazu ermutigen, astronomische Beispiele und aktuelle Ereignisse in ihren Unterricht einzubauen und im Rahmen von Projekten oder dem fächerverbindenden Unterricht zu nutzen.
Welche Möglichkeiten gibt es nun, diesem Dilemma zu entfliehen?
Die Zeit für eine Diskussion zur Wiedereinführung des Schulfaches Astronomie in den Bundesländern ist denke ich reif, der offene Brief daher richtig und wichtig. Zeitgleich sollte auch an die fachdidaktische Ausbildung der Physiklehrer gedacht werden. An der TU-Dresden ist eine Einführung in die Astronomie im 5. und 6. Semester enthalten. Damit wurde zumindest auf die integrierten Lehrplaninhalte in Physik reagiert. Wie tiefgehend diese Kurse sind, entzieht sich jedoch meiner Kenntnis. Sollte das Schulfach Astronomie wieder eingeführt werden, müssen dafür ja genügend Lehrkräfte verfügbar sein. Vielleicht können ja aber auch Schüler- und Elternvertretungen die Entwicklung unterstützen. Auch die Fachkonferenzen der Physiklehrer können tätig werden. In schulinternen Fortbildungen können astronomisch versierte Lehrkräfte ihren Kolleginnen und Kollegen notwendiges Fachwissen vermitteln. Ich selbst habe diese schon an unserer Schule durchgeführt und es haben nicht nur PhysiklehrerInnen daran teilgenommen.
Gibt es eigentlich schon Reaktionen auf den offenen Brief seitens der Bildungspolitik?
Ich freue mich auf weitere Diskussionsbeiträge!
Silvio Henker, Sportgymnasium Dresden
Anregung-Science-Fiction
07.03.2021, Reinhard BolterAls Abonnent von Sterne-und-Weltraum, ehemaliger Lehrer und Hobbyastronom möchte ich eine Anregung für eine Rubrik geben: Zukunftsromane-Science-und-Fiction mit astronomischem Bezug. Hintergrund:
1. Ein kluger Kopf hat mal bemerkt, dass unsere Welt einem Tanker gleicht, der mit Vollgas durchs Meer rauscht - und keiner steht auf der Brücke und denkt darüber nach, wohin die Reise gehen soll ...
2. Als ehemaliger Physik- und Mathematiklehrer habe ich ja meine Schüler*innen für die nächsten 30 Jahre ausgebildet - aber niemand konnte mir sagen, für welche Zukunft ...
3. Für solche Themen ist eigentlich die geistige "Elite" zuständig, die "Dichter und Denker", die Philosophen - und die oft gut informierten Autoren von Zukunftsromanen bzw. Zukunftsfilmen. Geprägt von guten Roman z.B. von Stanislaw Lem habe ich diese immer gerne gelesen und angesehen. Natürlich ist nicht allein die Astronomie für unsere Zukunft zuständig, aber gerade dieser High-Tech-Bereich beeinflusst unser Weltbild und unser Denken über die Zukunft fundamental!
4. Ich trenne dabei den wissenschaftsnahen astronomischen Zukunftsroman streng von klassischer "Science-Fiction", die meist nur Weltraum-Märchen oder Fantasy a la "Star Wars" darstellt, "Laserschwert statt Zauberstab" ...
5. Es gibt im deutschen Sprachraum nur die Zeitschrift "diezukunft", die sich dieser Literatur bzw. diesem Filmgenre widmet, und die die Leser berät, aber leider auch den ganzen Fantasy-Kram enthält ...
Daher möchte ich anregen, regelmäßige wissenschaftsnahe Zukunfts-Filme und -Bücher mit in Ihre Rubriken aufzunehmen: Als Beispiele "Der Marsianer", "die drei Sonnen", evtl. die sehr beliebte Buchreihe "The Expanse". Oder auch die wichtige Bedeutung von "Frau im Mond".
Dabei können z.B. die Inhalte mit dem heutigen Wissenschaftsstand abgeglichen werden, mögliche Zukunftspfade vorgestellt werden und - endlich - gute und schlechte Zukunftliteratur und -Filme verglichen und beurteilt werden.
Ich habe z.B. fast alle SciFi-Filme zu Asteroideneinschlägen auf der Erde gesehen - der einzige korrekte Film dazu ist ist "Deep Impact" (den ich regelmäßig im Unterricht vorgestellt und durchgerechnet habe - eine Schülerin hat mit Jahre später gestanden, dass dies die beeindruckendsten Schulstunden ihrer Schulzeit gewesen sei).
Im Zeitalter der Computersimulationen in der Astronomie liegen solche zu Spielfilmen erweiterten Simulationen nicht weit entfernt. Dazu könnten erweiterte Themen kommen wie z.B. die Rolle und Beziehung von Religion und astronomische Wissenschaft heute und in Zukunft und in der Zukunftsliteratur; oder die zunehmende Wichtigkeit von KI im Weltraum wie in "Odyssee" ...
Ich könnte mir vorstellen, dass eine solche Rubrik, als Erweiterung der bisherigen Buchrezensionen oft "trockener" Bücher, die Bedeutung und Akzeptanz von Astronomie stärkt und die Sichtweise verstärkt, wie wichtig diese Wissenschaft für unsere Zukunft ist.
Sehr geehrter Herr Bolter,
vielen Dank für Ihre Zuschrift und die Anregung zu einer neuen SuW-Rubrik.
Ich bin grundsätzlich ganz Ihrer Meinung. Wie Sie vielleicht wissen, bin ich dem Thema Sciencefiction sehr zugetan und habe einige Filme sowie Serien in meinem Buch "Die Wissenschaft schlägt zurück" (2019) und auch auf dem YouTube-Kanal "Urknall, Weltall und das Leben" besprochen. In der inzwischen eingestellten Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" betreute ich die Kolumne "Fakt und Fiktion". Ich bin aus persönlicher Erfahrung überzeugt, dass gerade bei Schülerinnen und Schülern diese Form der Vermittlung naturwissenschaftlicher Konzepte ein sehr guter Zugang ist.
In der SuW-Rubrik "Neu erschienen" wurden auch schon "Grenzgänger" besprochen, nämlich Bücher, die in irgendeiner Form mit Sciencefiction zusammenhängen. Natürlich hatte ich auch schon darüber nachgedacht, die Sciencefiction in SuW mehr zum Zuge kommen zu lassen und ihr zum Beispiel in Form einer Kolumne wissenschaftlich auf den Grund zu gehen.
Das ist allerdings nicht so einfach, weil ich diesen Platz im Heft schaffen müsste, sprich eine andere Rubrik müsste weichen oder gekürzt werden. Gelegentlich haben wir die Möglichkeit solche Änderungen vorzunehmen – aktuell sehe ich diese jedoch nicht, bleibe aber offen dafür. Auch ein Einzelartikel zum Thema ist denkbar.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Müller
Doppelsterne mit für Amateure erkennbarer Bahnbewegung?
27.02.2021, Martin Born, Den Haag, NiederlandeGibt es Doppelsternsysteme, die man als Hobbyastronom beobachten kann, und bei denen man über einen gewissen Zeitraum auch die Bewegung eines oder beider Partner beobachten kann?
Solch ein Paar müsste entsprechend hell sein, eine Umlaufzeit von Monaten oder wenigen Jahren haben, der Abstand müsste groß genug sein, um beide Partner getrennt abbilden zu können, und die Bahnebene sollte im Idealfall geneigt sein, um eine Draufsicht zu ermöglichen. Zudem wäre es aus meiner Sicht ideal, wenn das System von der Nordhalbkugel sichtbar wäre.
Ich habe im Internet keine brauchbare Aufstellung dazu gefunden. Können sie mir weiterhelfen?
Ja es gibt einige wenige Doppelsterne, die man einem kleinen Teleskop noch trennen kann, und bei denen über die Jahre eine Bewegung erkennbar ist. Hierzu möchte ich auf den Artikel "Doppelsterne am Frühlingshimmel" in SuW 4/2018 verweisen. Dort werden die beiden Systeme gamma Virginis und xi Ursae Majoris vorgestellt, die jetzt im anbrechenden Frühling gut beobachtbar sind.
Für Interessierte, die keinen Zugriff auf das gedruckte Heft von 2018 haben, steht der Artikel unter
https://www.spektrum.de/pdf/058-063-suw-4-2018-pdf/1550155 zum kostenlosen Download zur Verfügung.
Klaus-Peter Schröder
Ergänzungen zu Silvio Henkers Leserbrief über die Astronomie an allgemeinbildenden Schulen
08.01.2021, Lutz Clausnitzer, ObercunnersdorfSie beschreiben sehr überzeugend, was ein Astronomieunterricht den Schülern zu geben vermag, wenn er von astronomisch versierten Lehrpersonen gestaltet wird. Bis 2007 war das sachsenweit gewährleistet, weil für den eigenständigen Astronomieunterricht nur knapp 600 solche Lehrkräfte nötig und auch vorhanden waren, pro Schule eine. Nun werden die meisten Schüler jedoch von den anderen 1400 Physiklehrern unterrichtet, die gar nicht erfreut sind, 18 Stunden Astronomie unterrichten zu müssen, zumal sie dadurch weniger Zeit für die Physik haben. Denn die obligatorische Astronomiestunde in Klasse 10 fiel 2007 weg, ohne dass die Zahl der Physikstunden erhöht wurde. Das erklärt, warum der in den Physikunterricht integrierte Astronomieteil in den meisten Klassen gekürzt, halbherzig unterrichtet oder weggelassen wird. Das ist allerdings nicht die Schuld der Physiklehrer, sondern die Folge einer Fehlentscheidung, die gegen vorliegende Gutachten, gegen das 7:2-Ergebnis einer Landtagsanhörung und gegen massive Proteste der Bevölkerung politisch durchgedrückt wurde.
Unstrittig ist, dass in vielen Fächern Verbindungen zur Astronomie hergestellt werden können und sollten. Aber bitte als Vorbereitung oder Ergänzung und NICHT ANSTATT eines professionellen Astronomieunterrichts.
Zu einem anderen Punkt Ihres Briefes: Die Vertreter eines bestimmten Faches dürfen und sollen die Wichtigkeit ihres Faches aufzeigen. Zu sagen, was dafür auf anderen Gebieten wegfallen soll, wäre hingegen wenig seriös. Die einzelnen Fächer von Zeit zu Zeit entsprechend den Zielen der allgemeinen Bildung und den Erfordernissen der Zukunft neu zu gewichten, obliegt den Kultusministerien beziehungsweise der Politik.
Für die Vermittlung astronomischer Inhalte wird auch dann Unterrichtszeit »verbraucht«, wenn sie vorwiegend im Physikunterricht erfolgt. Nur ist dieses Modell eben wenig effizient, weil es mit dem mehrfachen Bedarf an astronomiekundigen Lehrpersonen und einer im Durchschnitt viel geringeren Unterrichtsqualität einhergeht. Denn dann müssten quasi alle Physiklehrer zugleich auch astronomisch interessiert und bewandert sein, was in KEINEM Bundesland auch nur im Entferntesten gegeben ist und sich auch in Zukunft nicht erfüllen lässt. Dass das erst wenige Bundesländer erkannt haben, lässt es notwendig erscheinen, noch überzeugender zu argumentieren. In diesem Sinne ist der Brief an die Ministerpräsidenten konstruktiv und wichtig. Wir sollten ihn nicht zerreden.
Lutz Clausnitzer, Obercunnersdorf
Ist die Dunkle Materie doch normale Materie ?
07.01.2021, Hans-Jürgen Schreyer, KehlbachDa es bis heute nicht möglich ist Teilchen wie WIMPs zu entdecken bzw. nachzuweisen ( Siehe Sterne und Weltraum 1/2021, Seite 19 ), aber gleichzeitig allein in der Sonnenumgebung sich sehr viel leuchtschwache Braune Zwerge und kühle Rote Zwerge aufhalten ( Siehe Sterne und Weltraum 1/2021, den tollen Artikel über Gaia, Seite 31 ), stellt sich mir die Frage, ob die Dunkle Materie nicht mit ganz normaler Materie erklärt werden kann. Dazu kommt eine immer größere Anzahl Schwarzer Löcher ( Siehe Sterne und Weltraum 11/2020, Seite 21 ), die durch Gravitationswellendetektoren entdeckt werden. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass es sehr viele Schwarze Löcher im Universum geben muss. Auch Neutrinos haben eine Masse, wenn auch nur extrem klein ( Siehe Sterne und Weltraum 1/2021, Seite 21 ). Und es gibt fast unendlich viele Neutrinos. Kann die fehlende Masse, also Dunkle Materie im Universum, nicht mit, für uns, unsichtbarer normaler Materie erklärt werden ?
Diese Frage ist seit der Entdeckung der ersten Anzeichen für die Dunkle Materie vor inzwischen über 80 Jahren von Profis wie Laien immer wieder aufgeworfen und von den Profis immer wieder intensiv diskutiert worden. Herr Schreyer hat diese Frage in kluger Weise für die aktuelle Situation neu formuliert. Die kurze Antwort besteht heutzutage aus drei Teilen:
1.) Die von Herrn Schreyer angeführten laufenden Entdeckungen von zusätzlichen Komponenten normaler Materie sind um viele Zehnerpotenzen (wirklich viele!) zu wenig, um die fehlende Gravitation in Galaxien und Galaxienhaufen zu erklären. Auch die noch gar nicht alte Entdeckung von Millionen Grad heißem Gas in und um Galaxienhaufen, die den Gesamtbestand an bekannter normaler Materie mehr als verdoppelt hat, ist für die Dunkle Materie nicht ausschlaggebend. Sie hat eher ein bekanntes Defizit an normaler Materie beseitigt als dass sie den vermuteten Bestand vergrößert hätte (siehe unten, 3.).
2.) Die Neutrinos sind als wesentlicher Bestandteil der Dunklen Materie vollkommen auszuschließen, egal wie viele es davon geben könnte, da sie die falschen Eigenschaften besitzen. Aufgrund ihrer geringen Masse sind sie grundsätzlich nahezu lichtschnell. Sie können sich deshalb nicht in Schwerkraftmulden versammeln, sondern fliegen stets einfach hindurch. Genau das aber, sich in Schwerkraftmulden zu sammeln und diese dadurch zu vertiefen, ist eine der wichtigsten "Funktionen" der Dunklen Materie: Ohne ganz viel Masse in Form von langsamen Teilchen (langsam im Vergleich zur Lichtgeschwindigkeit) ist es nicht möglich, in wenigen Milliarden Jahren nach dem Urknall die großen Galaxien und Galaxienhaufen, die wir heute im Universum beobachten, aus der homogenen "Ursuppe" zusammenzufegen, die wir mit der kosmischen Hintergrundstrahlung 400 000 Jahre nach dem Urknall sehen.
Wie durchschlagend dieses zweite Argument ist, kann in einem kurzen Text nicht verdeutlicht werden. Diese Behauptung wirklich verständlich zu begründen würde einen 10-seitigen Hauptartikel in SuW benötigen.
3.) Das heutzutage aber noch durchschlagendere Argument ist das dritte. Es ist der Grund, weshalb Herrn Schreyers Frage in der Fachwelt heute nicht mehr wirklich diskutiert wird, und wohl auch in Zukunft nicht mehr diskutiert werden wird. Wenn das Universum zu 25-30 Prozent der kritischen Dichte mit normaler Materie erfüllt wäre - das ist der Inhalt der Frage! - dann wäre die chemische Zusammensetzung der "Ursuppe" eine völlig andere als wir sie tatsächlich beobachten. Auch dieses Argument kann nicht in kurzer Form vollständig dargelegt werden. Die Häufigkeitsverhältnisse von Wasserstoff, Deuterium, Helium-3 und Helium-4 im Universum sind mit 25-30 Prozent normaler Materie einfach nicht zu kriegen, sondern verlangen definitiv etwa 4-5 Prozent der kritischen Dichte.
Ulrich Bastian
Graphik zur "Position der Planeten"
23.12.2020, Michael Grabner, Portland, Oregon, USALiebes SuW-Team, die regelmaessige Graphik in der Mitte des Heftes verwirrt mich ein wenig. Der Pfeil mit Widdersymbol zeigt die Richtung zum Fruehlingspunkt. In Heft 1/2021 schaut es dann aber so aus, als ob sich die Erde zum Herbstpunkt bewegen wuerde, der ja gegenueber des Fruehlingspunktes liegen wuerde. Aber ist es nicht gerade umgekehrt? Bitte um Erklaerung. Vielen Dank!
Das ist so vollkommen richtig. Wenn die Sonne von der Erde aus gesehen im Frühlingspunkt steht, dann steht die Erde von der Sonne aus gesehen wie immer genau in der entgegengesetzten Richtung, in diesem Fall also im Herbstpunkt.
U.B.
Die Astronomie an allgemeinbildenden Schulen ist nicht verschwunden, sie wird nur zu selten genutzt
21.12.2020, Silvio Henker, Sportgymnasium DresdenMit großem Interesse las ich in der Ausgabe 01/2021 das Interview mit Herrn Lutz Clausnitzer zum Thema Astronomie in der Schule. Dazu möchte ich Ihnen als treuer Leser von Sterne und Weltraum gern ein paar Zeilen zukommen lassen.
Als astronomiebegeisterter Physik- und Geographielehrer an einem Dresdner Gymnasium habe ich das Glück, alle noch im Sächsischen Lehrplan vorkommenden Astronomieinhalte unterrichten zu dürfen. In den Geographieunterricht integriert ist dabei der Aufbau des Sonnensystems, die Bewegung der Erde und die Entstehung der Gezeiten und Jahreszeiten. Im Physikunterricht der Klasse 6 lernen SchülerInnen die astronomischen Grundlagen von Mond- und Sonnenfinsternis kennen. Den größten Anteil machen etwa 18 Wochenstunden in der Klassenstufe 10 innerhalb des Physikunterrichts zur eigentlichen Astronomie aus. Das ist recht knapp, ich nehme mir dafür in meinen Klassen etwas mehr Zeit, muss aber an dafür an anderer Stelle kürzer treten.
Laut Lehrplan erreicht also jeder Lernende durchaus auch ohne ein eigenständiges Unterrichtsfach ein gutes astronomisches Grundwissen - sofern die FachlehrerInnen den astronomischen Inhalten genügend Raum in ihren Stoffverteilungsplänen geben.
Die Astronomie hat an meiner Schule, obwohl es sich um ein Sportgymnasium handelt, einen hohen Stellenwert. Wir veranstalten Beobachtungsabende mit teils über 100 interessierten SchülerInnen, Geschwistern und Eltern und beobachten live im Unterricht, etwa die letzte Sonnenfinsternis oder Venus- und Merkurdurchgänge. Alle SchülerInnen der 10 Klasse fertigen ein astronomisches Beobachtungsprotokoll an.
Das Interesse der Schüler zeigt sich auch an gewählten Themen der wissenschaftlichen Arbeiten. Jeder Schüler muss bis zum Abitur eine größere Arbeit zu einem selbstgewählten Schwerpunkt anfertigen. Astronomische Themen sind dabei sehr beliebt.
Ich denke, dass Astronomie als Unterrichtsfach eine Sicherungsfunktion erfüllt. Es würde die astronomische Wissensvermittlung SICHERSTELLEN. Momentan ist sie durchaus möglich, hängt aber noch zu stark von den Vorlieben der Fachlehrer ab.
Auch ich würde mir ein eigenständiges Fach Astronomie wünschen und wäre bestimmt der erste, der sich für das Zusatzstudium anmelden würde. Im offenen Brief zur Astronomie vermisse ich jedoch ein Angebot der Unterzeichner, wie das zusätzliche Stundenvolumen erzeugt werden soll. Erst im August 2019 wurde in Sachsen die Stundentafel aufgrund der vergleichsweise hohen Lernbelastung gekürzt, so dass einige Fächer mit weniger Stunden auskommen müssen. Wer sollte nun noch für die Astronomie Stunden abgeben? Eine Erhöhung des Stundenvolumens ist erst recht unwahrscheinlich.
Für realistischer halte ich es, die in den Fächern Geographie und Physik verteilten astronomischen Inhalte von der fakultativen auf die verpflichtende Seite des Lehrplans zu holen. Auch sollte es mehr Fortbildungsangebote für die Lehrkräfte geben. Gleichzeitig sollten die FachlehrerInnen ermutigt werden, z.B. durch die FachberaterInnen, öfter astronomische Inhalte in ihren Unterricht einzubauen. Gerade in Physik ist das bei vielen Themen möglich - Energieversorgung, Kräfte, elektromagnetische Wellen, Licht usw. Das Interesse der Schüler ist dafür auf jeden Fall da.
Eine weitere Möglichkeit bietet der fächerverbindende Unterricht. Zwei Wochen im Schuljahr können unabhängig vom Lehrplan für verschiedenste Themen genutzt werden. Würde hier in der Klassenstufe 9 oder 10 die Astronomie platziert und von Geographie- und PhysiklehrerInnen betreut werden, wären das fast so viele Stunden wie für ein eigenständiges Fach.
Der offene Brief an die Bildungspolitik ist sicherlich einen Versuch wert, die Aussicht auf Erfolg jedoch gering. Aber es gibt eben auch zahlreiche andere Möglichkeiten, die Begeisterung für das Universum bei unseren SchülerInnen zu wecken und zu fördern.
Photonen und schwarze Löcher
20.12.2020, Dr.Klaus Eisele, StuttgartKometen fliegen häufig parabolische oder ellipsenförmige Flugbahnen um die Sonne, da sie von der Masse der Sonne abgelenkt werden. Die Sterne in der Nähe von Sagittarius A* fliegen ebenfalls parabolische oder ellipsenförmige Flugbahnen um Sagittarius A*, da sie von der großen Masse des Schwarzen Loches abgelenkt werden.
Nun meine Frage: Photonen werden beim Vorbeiflug an einem schweren Körper ebenfalls von Ihrer Bahn abgelenkt, so dass wir das Licht von fernen Hintergrundgalaxien beim Vorbeiflug an einer Vordergrundgalaxie, einem Schwarzen Loch oder Dunkler Materie z.B. vier Mal gestreut sehen. Warum werden die Photonen in solchen Fällen nicht auch durch die Gravitation auf parabolische oder ellipsenförmige Bahnen gezwungen?
Hyperbel-ähnliche und parabel-ähnliche Bahnen von Photonen um ein Schwarzes Loch gibt es durchaus. Die erwähnten vier Bilder einer fernen Hintergrundgalaxie entstehen genau auf diese Art (in diesem Fall: hyperbel-ähnliche Bahnen). Parabel-ähnliche Bahnen können Sie in den Expertenantworten in SuW 02/2018 und SuW 02/2018, jeweils S. 8 sehen. Ich schreibe hier immer "...-ähnliche" Bahnen, weil in starken Gravitationsfeldern das Newtonsche Gravitationsgesetz nicht mehr gilt, und deshalb auch keine wirklichen Keplerbahnen durchlaufen werden. Dies ist auch der Grund, weshalb es keine Ellipsenbahnen - und auch keine ellipsenähnliche Bahnen - von Photonen bei Schwarzen Löchern gibt. Will man ein Photon ganz um ein Schwarzes Loch herumlaufen lassen, dann muss man es wegen seiner hohen Geschwindigkeit ganz nahe an das Loch bringen, wo es keine stabilen Bahnen mehr gibt. Es fällt dann nach einer oder mehreren Runden auf jeden Fall entweder in das Loch hinein, oder es fliegt wieder ins Unendliche davon.
Ulrich Bastian
Hawking-Strahlung
05.12.2020, Jonathan Flunger, DossenheimLiebe Redaktion,
mit großem Interesse habe ich den Artikel "Am Ende der Zeit - Nobelpreis für Phyik 2020" von Robert Gast in SuW 12/2020 gelesen. Auf Seite 25 ist, wie schon öfter in SuW, von der Hawking-Strahlung die Rede, dessen Existenz der Physiker Stephen Hawking theoretisch postulierte. Meistens werden die quantenmechanischen Vorgänge der Hawking-Strahlung so erklärt, dass ein Partner eines spontan entstandenen Teilchen-Antiteilchen-Paares ins Loch fällt und der andere ins Weltall entkommt (So steht es auch im Verweis im Artikel auf die Expertenantwort in SuW 10/2019, S. 8). Wie kann es so aber dazu kommen, dass Schwarze Löcher durch Hawking-Strahlung Masse verlieren? Statistisch gesehen müssten genauso viele Teilchen wie Antiteilchen in das Schwarze Loch fallen und die Masse deshalb konstant bleiben.
Ich würde mich freuen, wenn sie mir erläutern könnten wo mein Denkfehler liegt. Danke im Voraus!
Herr Flunger hat zunächst einmal recht mit seiner Aussage, dass in diesem Bild ebenso viele Teilchen wie Antiteilchen in das Loch fallen (bzw. umgekehrt dann also auch das Loch verlassen). Bei Photonen, die die meiste Zeit den Löwenanteil der Hawking-Strahlung ausmachen, sind die Teilchen und Antiteilchen übrigens identisch.
Aber das hat nichts mit dem Massenverlust zu tun, denn die Massen von Teilchen und Antiteilchen sind jeweils gleich. Was aber aus dem Schwarzen Loch herauskommt, ist jedenfalls immer etwas, das positive Gesamtenergie mit sich trägt, egal ob Elektron, Positron oder Photon. Und diese Energie muss nach dem Grundsatz der Energie-Erhaltung von irgendwo herkommen.
Sie kommt aus der Energie des anderen Teilchens, das hineinfällt! Das besitzt dann in diesem Bild nämlich eine negative Gesamtenergie, also - klassisch ausgedrückt - seine (negative) potentielle Energie ist größer als die Summe aus seiner (positiven) kinetischen oder elektromagnetischen Energie plus eventuell seiner ebenfalls positiven Ruhe-Energie (=Ruhemasse mal Lichtgeschwindigkeit im Quadrat), wenn diese nicht null ist. Also wird dem Schwarzen Loch eine positive Energie entzogen und eine negative hinzugefügt. Gemäß der Äquivalenz von Masse und Energie wird ihm entsprechend eine negative Masse hinzugefügt.
Wenn aus einem gemäß der Quantenphysik spontan entstandenen (virtuellen) Teilchenpaar ein reelles Paar werden soll, dann muss normalerweise zunächst einmal die Energie der beiden reellen Teilchen von irgendwoher aufgebracht werden. Das geschieht stets durch die Begegnung des virtuellen Paars mit (mindestens) einem weiteren (reellen!) Teilchen, das dabei die entsprechende Energie verliert. Hier im Falle der Hawking-Strahlung wird diese Rolle von dem Loch bzw. dessen Gravitationsfeld übernommen, und eines der beiden virtuellen Teilchen wird dem Rest des Universums sofort wieder entzogen.
U. Bastian
Antarktischer Krater und sibirische Lava
17.10.2020, Dr. Ernst Kaniak, WienLeider vermisse ich in der Expertenantwort auf S. 8 von SuW 10/2020 einen Hinweis auf die Lage der Kontinente vor 250 Millionen Jahren (Pangäa), der einer weiteren Diskussion den Boden entziehen würde.
Das ist ein sehr guter Gesichtspunkt. Vielen Dank für den Hinweis. Allerdings waren (zufällig) auch damals das heutige Sibirien und die heutige Antarktis einander praktisch genau gegenüber.
Es liegt im Auge des Betrachters
06.09.2020, Reinhold SpielmannWieso sind die Saturnringe so flach und kreisrund?
10.08.2020, Georg Tatzel, WinnendenIch beziehe mich auf Ihren Artikel: "Gezeiten im Weltall…" in SuW 8/2020; S. 35ff:
Vielen Dank für diesen wunderschönen Artikel, der mich wirklich begeistert hat. Für mich besonders verblüffend war die Vielfalt der Effekte, die mit den Gezeitenkräften erklärt werden können.
Aber an einer Stelle lässt mich der Autor recht ratlos zurück, denn er stellt nur die Behauptung auf, verzichtet aber an dieser Stelle leider auf jegliche Erklärung: „Ein weiteres schönes Ergebnis der Gezeitenreibung sind die planetarischen Ringe: Sie sind vollkommen kreisförmig, liegen genau in der Äquatorebene des Planeten und sind extrem flach.“ (S. 41)
Ich habe am Beispiel der Saturnringe darüber nachgedacht: Der sehr schnell rotierende Saturn hat ja einen ausgeprägten „Äquatorwulst“, der mich, ähnlich wie nach der Erklärung der Bahnpräzession des Mondes erwarten ließe, dass für die kleinen umlaufenden Körper eine Präzessionsbewegung durchlaufen sollten. Die Achse, um die präzediert wird müsste zwar parallel zur Saturnachse stehen, was aber keine Einebnung der Bahnen bedeuten. Eine Bahn, deren Achse schief zur Saturnachse stand wird auch weiter schief zu dieser Achse stehen. Warum sich die Achsen parallel stellen sollen bleibt mir unklar.
Auch die kreisförmigen Bahnen finde ich nicht erklärt. Beim Beispiel von Io wird zwar das Durchkneten des Mondes mit der Exzentrizität seiner Bahn in Zusammenhang gebracht, und das „Durchkneten“ ist ein Effekt der Reibung, der damit auch Energieverlust beinhaltet, der vielleicht zu einem Abbau der Exzentrizität führen kann, aber kann man entsprechend argumentieren, wenn man es mit den, gegenüber Io winzig kleinen Körpern zu tun hat, die den Saturnring bilden. Hätte die Deformation einer Bahnellipse zu einem Kreis überhaupt etwas mit einer Energieänderung und damit etwas mit Reibung zu tun?
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn der Autor diese Vorgänge näher beleuchten könnte.
Das ist so zu verstehen: In diesem Falle geht es nicht um die Reibung innerhalb der einzelnen Körperchen der Ringe, sondern um die Reibung zwischen ihnen.
1) Nehmen wir an, die Ringe wären nicht extrem flach. Das heißt, dass die Umlaufbahnen der einzelnen Teilchen eine Neigung gegeneinander hätten, d.h., dass die Bahnen sich bei jedem Umlauf zweimal schneiden. Dann würden die Teilchen ständig zusammenstoßen, d.h. aneinander reiben, bis die Neigungen alle gleich sind. Das heisst in diesem Fall genauer: bis die Bahnen alle in einer Ebene liegen. Also: Gleiche Neigung *und* gleiche Knotenlinie.
2) Die gleiche Überlegung für Teilchen gleicher Umlaufzeit und Bahnebene, aber unterschiedlicher Exzentrizität: Wiederum würden sich die Umlaufbahnen der einzelnen Teilchen bei jedem Umlauf zweimal schneiden. Wiederum würden die Teilchen ständig zusammenstoßen, d.h. aneinander reiben, bis die Exzentrizitäten alle ausgebügelt sind, d.h. gleich null sind.
3) Die Parallelität zur Äquatorebene des Saturn: Hier hat Herr Tatzel schon selbst das entscheidende Stichwort gegeben: Präzession! Stellen wir uns vor, die Bahnen seien alle perfekt rund und alle in der gleichen Ebene, aber nicht in der Äquatorebene. Dann wären wegen der Präzession nach kürzester Zeit aber die Bahnebenen nicht mehr gleich, denn die Rate der Präzession hängt vom Bahnradius und der Exzentrizität ab. Also würden sich wiederum Kollisionen und damit auch eine Reibung zwischen den Teilchen ergeben. Ergebnis siehe Punkt 1) oben!
Ulrich Bastian
Antwort auf Leserbild "Unbekannte Strichspur" von Roby Kieffer
20.07.2020, U. Bastian (Red.):Ja, das ist dann ein geostationäres Objekt, allerdings mit relativ großer Bahnneigung: Neptun ist derzeit bei ca. -5 Grad Deklination, während der geostationäre Gürtel bei 49.5 Grad geographischer Breite bei etwa -9 Grad Deklination liegt.