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Lexikon der Neurowissenschaft: Willkürmotorik

Willkürmotorik, E voluntary movement system, ein insbesondere bei höheren Säugetieren vorkommendes, komplexes, hierarchisch organisiertes und mit Rückkopplungsschleifen auf allen Ebenen ausgestattetes neuronales System ( siehe Zusatzinfo 1 ) einschließlich dessen Verbindungen zur Muskulatur, das der Steuerung, Ausführung und Kontrolle von willentlichen Bewegungen dient, d.h. von Willenshandlungen. Eine Willenshandlung (kurz Handlung, Aktion) ist eine koordinierte Bewegungsabfolge, die bewußt (willkürlich; Wille) kontrolliert wird und auf die Erreichung eines Ziels ausgerichtet ist, um eine Veränderung in der Umwelt oder der bestehenden eigenen psychischen Situation zu bewirken. Willenshandlungen lassen sich in verschiedene Stadien unterteilen: 1) Motive, Wünsche, Abwägen; 2) Handlungsabsicht; 3) konkrete Zielsetzung; 4) Entschlußbildung ("Willensimpuls"); 5) Unterdrückung ablenkender oder konträrer Motive; 6) Bewegungsplanung; 7) Handlungsausführung; 8) Handlungswahrnehmung und 9) Bewertung des Erzielten. Handlungen unterscheiden sich vom unwillkürlichen Verhalten durch das begleitende Abwägen von Erwartungen bezüglich der Entscheidungsmöglichkeiten (Wählen) und ihre Konsequenzen, durch gedankliche Vorwegnahme bestimmter Handlungsschritte (Planen) und die fortlaufende Einbeziehung von Rückmeldungen vor der Ausführung der nächsten Schritte. Handlungen sind, im Gegensatz zu unbewußtem Verhalten, Fertigkeiten, bloßen Bewegungen und Reflexen ( siehe Zusatzinfo 2 ) sowie unbewußt gewordenen Gewohnheiten, intentional und zweckrational, d.h. absichtlich auf Zwecke und Ziele gerichtet (Bewußtsein, Bereitschaft, Motivation). Nützlich ist die Unterscheidung zwischen der Intention zur Handlung (dem bewußten Wunsch, etwas zu tun) und der Intention in der Handlung (den in den Willkürbewegungen innewohnenden und mit inbegriffenen Absichten). Jede dieser Intentions-Typen kann durch neuronale Schäden beeinträchtigt werden (ideatorische Apraxie, ideomotorische Apraxie). Die neuronalen Korrelate dieser Intentionen scheinen u.a. Aktivitäten im präfrontalen Cortex, in parietalen Regionen sowie in den Basalganglien zu sein. Metaphorisch könnte man den präfrontalen Cortex als eine Art "Sitz des Willens" bezeichnen. Studien mit Positronenemissionstomographie (PET) und andere Untersuchungen haben gezeigt, daß die Hirnregionen dort eine entscheidende Rolle für die Willensbildung und -auslösung haben. Ihren Input erhalten sie vor allem von den posterioren Regionen des Scheitellappens. Diese sind an der Integration von Informationen aus verschiedenen sensorischen Modalitäten beteiligt, tragen zur Ausrichtung der Aufmerksamkeit bei, zur Lokalisierung und Orientierung des Körpers im Raum, zum räumlichen Arbeitsgedächtnis, und sie speichern motorische Erinnerungen. Läsionen können zu Neglect und Apraxien führen. – Die Willkürmotorik unterliegt einer komplexen neuronalen Kontrolle durch viele verschiedene Hirnsysteme, die z.T. hierarchisch, z.T. auch parallel organisiert sind ( siehe Tab. , siehe Abb. ). Es lassen sich drei Stadien von Willenshandlungen unterscheiden und mit Hilfe bildgebender Verfahren neuronal charakterisieren: 1) Bewußt werdende Motivation und Entscheidung, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Dabei spielen insbesondere Gedächtnis, Emotionen und Mechanismen der Aufmerksamkeit eine Rolle. Neben zahlreichen corticalen Strukturen partizipieren an diesen Prozessen auch das Kleinhirn sowie subcorticale Strukturen, z.B. die Basalganglien (Caudatum, Putamen, ventrales Striatum; Corpus striatum); diese sind u.a. mit den präfrontalen Arealen schleifenartig verschaltet und werden schon vor der bewußten Handlungsintention aktiv; sie sind nicht nur für die Handlungsauslösung, sondern auch für motivationale Grundlagen wichtig, etwa den Wunsch nach einer Belohnung. Für die Handlungsplanung entscheidend sind frontale und präfrontale corticale Strukturen (insbesondere die Brodmann-Areale 9 und 46 des dorsolateralen präfrontalen Cortex), die auch aktiv werden, wenn Handlungen bzw. Bewegungen nur imaginiert und nicht ausgeführt werden oder wenn nicht laut, sondern nur "innerlich" gesprochen wird. Sie sind u.a. ein neuronales Korrelat des Arbeitsgedächtnisses und der selektiven Aufmerksamkeit. Bei krankhaften Störungen des Willens sind diese Regionen beeinträchtigt. Elektrophysiologische Studien zeigten, daß für die unmittelbare Handlungsauslösung eine gewisse Zeit lang vorbewußte Prozesse ablaufen, die sich als Bereitschaftspotential manifestieren (s.u.). Außerdem müssen irrelevante oder unerwünschte Handlungsimpulse inhibiert werden, was u.a. im präfrontalen Cortex und im Gyrus cinguli geschieht. 2) Ausführung der Willenshandlung über das supplementär-motorische Areal (SMA), den prämotorischen Cortex, primären Motorcortex usw. Dabei haben Feedback- und Feedforward-Mechanismen eine kontrollierende Funktion inne, die ebenfalls vom präfrontalen Cortex mitgesteuert werden. Es wird eine Efferenzkopie angelegt, die dem Organismus signalisiert, daß eine Handlung erfolgt und welche. 3) Erreichen oder Mißlingen des Bewegungsziels. Der Erfolg der Willenshandlung (oder genauer: der Willkürbewegung, denn zur Handlung selbst gehören ja auch die kausal angestoßenen Folgen der Bewegung, die sich dem unmittelbaren Einfluß entziehen) wird über die Sinneswahrnehmung einschließlich der Efferenzkopie intern repräsentiert und bewußt. Außerdem kommt es zu einer kognitiven und emotionalen Bewertung und eventuell emotionalen Reaktionen. – Ob Handlungen ausgeführt werden, hängt also wesentlich von Hirnregionen ab, die dem Zugriff des Bewußtseins entzogen sind. Das zeigen auch Messungen mit dem Elektroencephalogramm und mittels Magnetencephalographie. Denn schon vor dem bewußten Willensakt kommt es zu einem Bereitschaftspotential bzw. Bereitschaftsmagnetfeld in den Basalganglien und im supplementär-motorischen Areal, d.h. zu einer langsam ansteigenden, negativen Potentialänderung. Sie setzt bei vorausgeplanten Bewegungen rund 1 s, bei spontanen Bewegungen etwa 0,6-0,3 s vor dem Willensakt ein, der wiederum dem Beginn der Muskelaktivität (gemessen mit der Elektromyographie) um ca. 0,2 s vorausgeht. Es scheint also, daß die Handlungsantriebe unbewußt zustande kommen und erst bei einer hinreichenden corticalen Aktivierung bewußt werden. Das Bewußtsein ist entgegen unserem subjektiven Eindruck nicht unmittelbarer Auslöser der Willenshandlung, sondern eher eine Art Begleitempfindung. Zwar kann zwischen dem Bewußtwerden und der motorischen Ausführung diese durch eine Art "Veto" unterdrückt werden, aber auch dafür sind causale Ereignisse erforderlich. Und die subcorticalen Vorgänge können zwar durch den mit bewußten Prozessen korrelierten präfrontalen Cortex beeinflußt werden, aber auf diesen wirken wiederum unbewußte Erfahrungen, Motive und Antriebe ein, die im limbischen System repräsentiert sind. Es scheint also eine doppelte Kontrolle unseres willkürlichen Verhaltens zu geben: durch unbewußte Antriebe usw. im limbischen System sowie durch eine Art "Zensur" der im Cortex repräsentierten Pläne durch die Basalkerne, die festlegen, ob eine Bewegung ausgeführt werden soll und ob sie der Situation angemessen ist. Dies sind auch empirische Hinweise dafür, daß eine Willensfreiheit im strengen Sinn nicht existiert. – Stimulationen: Erstmals wurde ein menschliches Gehirn 1874 von R. Bartholow elektrisch gereizt. Lange Zeit war dies nur bei geöffneter Schädeldecke möglich, inzwischen geht es auch durch den unversehrten Schädelknochen hindurch mittels transcranieller Magnetstimulation. Mit corticalen Stimulationen können praktisch alle Muskeln zur Kontraktion gebracht werden, sogar die der Ohren bei Leuten, die nicht willentlich in der Lage sind, mit ihren Ohrmuscheln zu wackeln. Auch lassen sich Bewegungen unterbrechen. Eine 60 Hz-Stimulation des präzentralen Cortex kann z.B. eine temporäre Lähmung auslösen oder die Bewegungsinitiation verzögern. Die meisten Stimulationen des primären motorischen Cortex aktivieren mehrere Muskeln. Das paßt zu neueren anatomischen und physiologischen Experimenten, die zeigten, daß die einzelnen corticospinalen Axone mehrere Muskeln oder Gelenke innervieren. Der Motorcortex ähnelt also weniger einer Klaviertastatur, sondern scheint zusätzlich konzentrisch organisiert zu sein: Periphere Bereiche aktivieren nur die proximalen Muskeln, während zentralere Bereiche proximale und distale Muskeln beeinflussen. Das ermöglicht die Organisation komplexer Bewegungen gemäß spezifischer situativer Anforderungen. Auch Epilepsien können zu charakteristischen Muskelzuckungen führen, die der Somatotopie des Motorcortex folgen und sich von den Fingern an aufwärts ausbreiten (Jackson-Anfall). Stimulation des supplementär-motorischen Areals führt zu bilateralen Bewegungen im Gegensatz zur lediglich einseitig-contralateralen Muskelinnervation des motorischen und prämotorischen Cortex. – Entscheidend für die Willkürmotorik sind insbesondere die Pyramidenzellen in der corticalen Schicht 5 (im Motorcortex Betz-Zellen genannt). Einzelzellableitungen haben im Tierversuch zahlreiche Korrelationen von Neuronen im motorischen und prämotorischen Cortex einerseits und bestimmten Aspekten der Motorik andererseits entdeckt. Manche Neurone feuern in präziser Abstimmung mit auslösenden Signalen bei gelernten Reaktionen, andere feuern schon, wenn dem Versuchstier mitgeteilt wird, welches Zielobjekt es zu berühren hat. Solche ereignisbezogenen (E set related) Neurone stehen mit der Vorbereitung, Auslösung oder Ausführung einer Handlung in Zusammenhang. Manche Neuronenaktivitäten korrelieren mit der Weite der Bewegung, andere mit der aufgewendeten Kraft. Auch macht es einen Unterschied, ob ein Objekt präzise gegriffen und gehalten wird (höhere Aktivität) oder mit großer Kraft festgehalten wird (geringere Aktivität, wahrscheinlich aufgrund einer geringeren Koordination). Die Richtung von Bewegungen wird nicht von einzelnen Neuronen determiniert, sondern von großen Zellgruppen (Populationen). Dabei hat jedes Neuron einen breiten Empfindlichkeitsbereich für die Bewegungsrichtung. Die Richtung des Populationsvektors stimmt aber mit der Bewegungsrichtung weitgehend überein. Auch Handlungsvorbereitungen korrelieren mit den Aktivitäten einzelner Zellen. Erwartet z.B. ein Tier ein Signal, um eine bestimmte Bewegung auszuführen, sind die dafür zuständigen Neurone im Motorcortex aktiver. Ein besonderer Typ von Neuronen wurde in der ventrolateralen prämotorischen Area entdeckt: Diese Zellen feuern nicht nur, wenn Greifbewegungen erfolgen, sondern auch, wenn z.B. ein Affe im Tierversuch nichts tut außer die Greifbewegungen anderer Affen oder des Versuchsleiters zu beobachten. Sie wurden deshalb Spiegelneurone genannt. Mittels Einzelzellableitungen und anderen Techniken (Autoradiographie, funktionelle Kernspinresonanztomographie, PET usw.) gelang auch der Nachweis neuronaler Plastizität (Plastizität im Nervensystem) in den motorischen Arealen, die abhängig von Lernprozessen und Läsionen ist ( siehe Zusatzinfo 3 ). Bewegungsstörungen.

R.V.

Lit.: Jeannerod, M.: The Cognitive Neuroscience of Action. Oxford 1997. Libet, B., Freeman, A., Sutherland, K. (Hrsg.): The Volitional Brain. Thorverton 1999. Motor Areas of the Cerebral Cortex. Chichester u.a. 1987. Milner, P.M.: The Autonomous Brain. Mawah 1999. Passingham, R.: The Frontal Lobes and Voluntary Action. Oxford 1993. Porter, R., Lemon, R.: Corticospinal Function and Voluntary Movement. Oxford 1993. Quinn, N.P., Jenner, P.G. (Hrsg.): Disorders of Movement. London u.a. 1989. Roth, G.: Biologie in unserer Zeit 28 (1998), S. 6-15. Thierry, A.-M. u.a. (Hrsg.): Motor and Cognitive Functions of the Prefrontal Cortex. Berlin u.a. 1994.

Willkürmotorik

1 phylogenetische Aspekte:
Der Motorcortex und das pyramidale System (Pyramidenbahn, die Hauptefferenz des Motorcortex) sind erst bei Säugetieren richtig entwickelt. Bei Fischen und Amphibien ziehen die meisten efferenten Fasern des Telencephalons in Teilbereiche von Thalamus, Tectum und Formatio reticularis. Die Ausdehnung von Motorcortex und Pyramidenbahn nimmt bei Säugetieren mit der Entwicklungsgeschichte zu: Bei Huftieren erstreckt sich die Bahn nur bis zum Halsmark, bei Carnivoren und Primaten dagegen bis zum Lendenmark. Bei niederen Säugern bilden der sensorische und motorische Cortex noch ein einheitliches Areal (sensomotorischer Cortex). Bei der Katze überschneiden sich die beiden Regionen noch. Menschen haben einen sechsmal größeren prämotorischen Cortex als Makaken (bezogen auf das Körpergewicht).

Willkürmotorik

2 Willkürmotorik und Reflexe:
Willentliche Bewegungen unterscheiden sich von Reflexen in mehrfacher Hinsicht:
- Willensbewegungen sind intentional, komplex, variabel und können abhängig von der Situation einen ganz unterschiedlichen Verlauf nehmen; Reflexe sind stereotype Reaktionen auf bestimmte Reize und laufen auch ohne Bewußtsein bzw. unbewußt ab (z.B. Pupillenreaktion).
- Die Effektivität von Willkürbewegungen verbessert sich mit zunehmender Erfahrung; das ist bei Reflexen nicht der Fall.
- Willkürbewegungen sind im Gegensatz zu Reflexen nicht notwendig eine direkte Reaktion auf Reize, sondern können ohne diese durch das Zentralnervensystem erzeugt werden. Die höheren motorischen Systeme können im Gegensatz zur reflektorischen Motorik den Informationsgehalt von Reizen verrechnen, ohne daß diese eine Bewegung auslösen müssen.

Willkürmotorik

neuronale Grundlagen der Willkürmotorik

anatomische Korrelate der Willkürmotorik Funktionen der Hirnregionen

A) Großhirnrinde
primärer Motorcortex (M I) im Gyrus praecentralis (Brodmann-Areal [BA] 4); ist somatotop organisiert; erhält Informationen von primären somatosensorischen, von prämotorischen und von parietalen Arealen (BA 1, 2, 3, 5, 7) aktiviert und reguliert einzelne contralaterale Muskeln, besonders die distalen (z.B. Finger), ist bei allen willkürmotorischen Bewegungen aktiv; Feinmotorik
dorsolateraler prämotorischer Cortex (Teile von BA 6); erhält Informationen von parietalen und präfrontalen Arealen (BA 5, 46) kontrolliert komplexere Bewegungsweisen (Gliedmaßen, Kopf, Rumpf); Planung und Auswahl erlernter Bewegungen; assoziatives sensomotorisches Lernen; spezifische Reaktionen auf externe Reize
ventrolateraler prämotorischer Cortex (Teile von BA 6); erhält Informationen von parietalen und präfrontalen Arealen (BA 7, 46) und der anterioren intraparietalen Region im intraparietalen Sulcus kontrolliert komplexere Bewegungsweisen (Gliedmaßen, Kopf, Rumpf); Planung und Auswahl erlernter Bewegungen, spezifische Reaktionen auf externe Reize; spezifisches Greifen und Anpassung der Hand an die Form von ergriffenen Objekten; bestimmte Zellen reagieren auch auf Greifbewegungen anderer Individuen
motorisches Sprachzentrum (Broca-Areal) im ventrolateralen frontalen Cortex (BA 44, 45) vor dem prämotorischen Cortex Sprechen, Artikulation (eher als Reaktion auf Reize oder Vorstellungen im Gegensatz zum eher initiierenden SMA); auch aktiv beim Hören von Sprache
supplementär-motorisches Areal (SMA, M II) = medialer prämotorischer Cortex (mittlerer Teil von BA 6) inkl. supplementäres Sprachareal; erhält Informationen von präfrontalen Arealen (BA 46), vom somatosensorischen Cortex, vom Parietalcortex (BA 5) und vom ventrolateralen Nucleus des Thalamus (der u.a. Informationen vom
Kleinhirn und den Basalganglien aufnimmt)
Handlungsvorbereitung (prä-SMA) und -ausführung;
Planung und Auswahl erlernter, nicht reizinduzierter Bewegungen (aber Rückkopplung via Propriorezeption) einschließlich des Sprechens; Vorstellung von Bewegungen; ist bilateral aktiv; mit zunehmender motorischer Geläufigkeit wird die Bewegungsplanung auf den primären Motorcortex verlagert
cinguläres motorisches Areal (CMA), ist über den Balken eng mit dem contralateralen CMA verbunden Planung und Auswahl erlernter Bewegungen; Blickbewegungen
posteriorer parietaler Cortex (PPC, Teile von BA 5); erhält Informationen vom somatosensorischen Cortex, dem vestibulären System, dem prämotorischen Cortex und dem Gyrus cinguli Einpassung der Bewegungen in räumliche und körperliche Kontexte; sensomotorische Integration; Vorstellung von Bewegungen; starke Lateralisierung (sprachliche Informationsverarbeitung links, räumliche rechts)
(primäres) frontales Augenfeld (FEF) im ventromedialen Frontalcortex (Teile von BA 8) willkürliche Augenbewegungen (wenn Blickziel präsent ist)
supplementäres Augenfeld (SEF) im dorsomedialen Frontalcortex (Teile von BA 6) willkürliche Augenbewegungen (einschließlich Blickvorbereitung)
präfrontaler Cortex (PFC)
- dorsal (BA 46, 9); erhält Informationen von PPC
- ventral (BA 11-14); erhält Informationen von Schläfenlappen, Amygdala, Hippocampus
"Handlungsorganisator"
- Konvergenz von Informationen zu Körper- und Augenbewegungen und räumlichen Positionen
- Konvergenz von Sinnesdaten unabhängig von Modus, Berücksichtigung von Lernerfahrungen und Handlungskontext

B) andere Hirnbereiche
limbische Strukturen
- mesolimbisches System (Nucleus accumbens, lateraler Hypothalamus, ventrales tegmentales Areal)
- Amygdala
- Hippocampus, basales Vorderhirn
Bewertung und Situationsangemessenheit
- Lust


- Unlust (Angst, Furcht)
- Erfolg und Mißerfolg
Basalganglien (Caudatum, Putamen, Pallidum, Nucleus subthalamicus, Substantia nigra im Mittelhirn); somatotope Organisation; Informationen von assoziativen und motorischen Cortex-Arealen, Beeinflussung dieser über thalamische Kerne Beteiligung an Wahlreaktionen und nicht völlig automatisierten Bewegungen, die eine Entscheidung erfordern oder aus dem Gedächtnis heraus aktiviert werden; "Zensur" der corticalen Pläne (soll Bewegung ausgeführt werden, ist sie der Situation angemessen? usw.)
verschiedene Kerne desThalamus (Nucleus ventralis anterior und lateralis); somatotope Organisation Verbindung von corticalen und subcorticalen Regionen
Kleinhirn (insbesondere die laterale Zone); ist über Brücke und thalamische Kerne mit (prä-)motorischen
Rindenarealen verbunden
Bewegungskoordination, Feinregulation, motorisches Lernen, automatisierte Entscheidungen, sprachliche Reaktionen



Willkürmotorik

Wichtige motorische Areale der Großhirnrinde und deren Verschaltung untereinander und mit anderen corticalen Regionen sowie dem Kleinhirn via Thalamus. Von diesem bezeichnen VLo und VLc den oralen (rostralen) und caudalen Teil des ventrolateralen Nucleus, VPLo den oralen Teil des ventralen posterolateralen Nucleus und X den Nucleus X.

Willkürmotorik

3 Willkürmotorik und Plastizität:
Die somatotope Organisation des Motorcortex ist plastisch, d.h., sie kann sich abhängig von den Stimulationen der jeweils repräsentierten Körperteile (insbesondere Finger, Schnurrhaare usw.) in seiner Ausdehnung verändern. Werden z.B. Schnurrhaare abgeschnitten oder Finger amputiert, können Teile des hierfür nun "überflüssigen" neuronalen Gewebes auf Repräsentationsbereiche anderer Körperteile umgeschaltet werden. Solche Umschaltungsprozesse scheinen auch Phantomempfindungen auszulösen (Phantomglied). Training führt ebenfalls zu Umschaltvorgängen. Z.B. erweitern sich die neuronalen Repräsentationen der Finger beim motorischen Lernen (z.B. Gitarrespielen). Und die Aktivitätsmuster bei motorischen Aufgaben verändern sich (wie PET-Aufnahmen zeigen), wenn die Bewegungen nach vielen Wiederholungen automatisiert werden: Verlagerung von motorischen Routinen vom SMA in den Motorcortex oder von dort ins Kleinhirn oder Striatum. Wenn im Tierversuch kleine Bereiche des Motorcortex zerstört werden, können benachbarte, nicht beeinträchtigte Bereiche deren Funktion übernehmen. Häufiges Üben fördert diese neuronale Plastizität bzw. ermöglicht sie sogar erst in hinreichendem Maß – eine wichtige Grundlage für die medizinische Rehabilitation.

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