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Robert J. Linhardt

Robert J. Linhardt ist Professor für Biokatalyse und Metabolic Engineering am Rensselaer Polytechnic Institute im US-Bundesstaat New York. Unter Metabolic Engineering versteht man das gezielte Eingreifen in zelluläre biochemische Vorgänge.

Im Januar letzten Jahres kam es zu einer Reihe von Todesfällen: Amerikanische Patienten starben an den Folgen einer Vergiftung durch kontaminiertes Heparin, ein Hauptbestandteil von Blutverdünnern. Die US-Lebensmittelbehörde FDA nahm daraufhin Kontakt mit Robert J. Linhardt vom Rensselaer Polytechnic Institute auf und bat den Chemiker, bei der Untersuchung der Vorfälle zu helfen. Linhardt half nicht nur, er fand sogar eine Lösung, wie sich die tödliche Kontamination in Zukunft vermeiden lassen könnte.

Ausgelöst worden war das Problem durch die stark gewachsene Nachfrage nach Blutverdünnern. In den USA setzen Ärzte jeden Tag 300 000 Dosen Heparin ein, um bei Eingriffen wie Bypass-Operationen oder bei der Blutwäsche Blutgerinnsel zu vermeiden. Das Medikament gewinnen amerikanische Pharmaunternehmen überwiegend aus Schweineinnereien, die von einheimischen Schlachthöfen stammen.

Doch die können den Bedarf längst nicht mehr vollständig decken. Deswegen wird ein Teil des Heparins importiert. Tatsächlich identifizierte die FDA, als die ersten Komplikationen auftraten, Heparin von der chinesischen Firma Changzhou SPL als Auslöser der Probleme.

Binnen weniger Wochen analysierten Linhardt und sein Team mühsam die Zusammensetzung des Heparins und identifizierten schließlich die Ursache der Todesfälle: hypersulfatisiertes Chondroitinsulfat (OSCS), ein Präparat, das einem Medikament gegen Osteoarthritis verwandt ist. Es dürfte, so die Vermutung, dem Heparin als billiges Füllmaterial zugesetzt worden sein.

Die Folgen aber waren gravierend: OSCS sorgte für Entzündungsreaktionen und gefährlichen Blutdruckabfall und tötete so 81 Menschen.

Doch wie könnten sich ähnliche Fälle künftig vermeiden lassen? Linhardt hatte eine Idee und setzte sie in kürzester Zeit in die Tat um. Im August verkündeten er und seine Kollegen, dass sie reines Heparin im Labor produziert hätten – und zwar in millionenfach größerer Menge als dies jemals zuvor in einem Labor möglich war. Ihr Geheimnis: Sie verwendeten das Bakterium Escherichia coli als winzige chemische Fabrik.

Bis das synthetische Heparin tatsächlich bei Patienten zum Einsatz kommen kann, ist zwar noch viel Arbeit zu leisten. Dann aber sind gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Weder werden die Mediziner und Patienten künftig noch auf Schweine zur Versorgung mit dem wichtigen Medikament angewiesen sein – noch werden sie weitere Kontaminationen befürchten müssen.

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