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Kommentare - - Seite 118

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • Alternative

    16.12.2019, Fritz Kronberg
    Da international nicht Nennenswertes erreicht werden kann, bleibt als Alternative nur das Leben mit den Folgen. Für die derzeit lebenden Generationen wird nicht allzu viel passieren. Die folgenden werden die jeweils passende Reaktion finden müssen. Ich bin da einigermaßen zuversichtlich. Menschen sind sehr anpassungsfähig und wenn nötig auch ziemlich erfinderisch.
  • Dornröschen entscheidet objektiv

    16.12.2019, Dr. Jan Neumann
    Meiner Meinung nach läßt sich das Problem ohne große philisophische Überlegungen lösen:
    Die W'keit für Kopf beim Münzwurf ist P(Kopf) = 1/2
    Da Dornröschen zu keiner Zeit über die Information, welcher Wochentag es ist, verfügt, bleibt ihr nichts anderes übrig, als die Häufigkeiten des Auftretens von Montag oder/und Dienstag bei mehrfacher Wiederholung des Experimentes abzuzählen. Tatsächlich ist das Vorhandensein des einen oder anderen Wochentages voneinander unabhängig: Montag wird immer geweckt, das Dienstagswecken hängt nur vom Münzwurf ab. Die W'keiten sind:
    P(Montag) = 2/3 (doppelt so häufig wie Dienstag)
    P(Dienstag) = 1/3. (halb so häufig wie Montag)
    Diese W'keiten müssen jetzt noch mit den W'keiten für das Auftreten von "Kopf" an den jeweiligen Tagen multipliziert und für beide Tage aufaddiert werden. Also
    P(Kopf am Montag) = 1/2
    P(Kopf am Dienstag) = 1
    Ergibt
    P(Kopf bei irgendeinem Aufwachen) =
    P(Montag)*P(Kopf am Montag)+P(Dienstag)*P(Kopf am Dienstag) =
    2/3 * 1/2 + 1/3 * 1 = 2/3.

    Damit scheint mir das Problem zu Gunsten der "Drittler" entschieden.
    Der Knackpunkt ist die Ununterscheidbarkeit der Wochentage beim Wecken. Damit verlagert sich das Entscheidungsproblem Dornröschens von der Münze hin zum Wochentag, was nur durch Abzählen der Häufigkeit des jeweiligen Auftretens entschieden werden kann.



  • Was ist Bewußtsein?

    13.12.2019, Dr. Wolfgang Stegemann
    Bewußtsein wird von unserem zentralen Nervensystem generiert, das sich über einen langen Zeitraum hinweg entwickelt hat und natürlich auch bei Tieren vorzufinden ist. Selbstbewußtsein bedeutet des eigenen Selbst bewußt zu sein. Kürzlich las ich über einen Kalmar, der sich einem australischen Taucher näherte und voller Angelhaken war. Er ließ sich diese von dem Taucher entfernen und verschwand danach. Für mich ist dies ein Zeichen einer Art Selbstbewußtsein. Ich-Bewußtsein entsteht durch vielfältige soziale Inbezugsetzung und dürfte für viele Spezies zutreffen, mindestens für Primaten. Reflexives Bewußtsein bedeutet die Fähigkeit, über das eigene Ich nachzudenken, seine Emotionen, seine Geschichte und seine sozialen Beziehungen und dürfte nur dem Menschen eigen sein, ebnso wie die Fähigkeit, komplexe abstrakte Denkoperationen durchzuführen. Das ganze Bewußtseinstheater findet irgendwo im Gehirn statt und wird durch die verschiedenen Hirnareale einschließlich der Sinnesendrücke gespeist. Die Bühne dafür dürfte für alle Menschen ähnlich sein, das Stück, das aufgeführt wird, ist sozial determiniert und das subjektive Empfinden des Stücks ist individuell und kann wissenschaftlich nur äußerlich erfasst und quantifiziert werden.
    Das Ich, das dieses Theaterstück sieht, ist die neuropsychologische Ursache dafür, daß wir oft meinen, über den Dingen stehen zu können und führt zu der Vorstellung, auch wenn das Stück irgendwann zuende ist, stirbt der Beobachter nicht. Aus dieser Illusion speisen sich die Religionen.
    Zu den drei Fragen zu Beginn:
    1. Selbstverständlich haben Tiere ein Bewußtsein und empfinden Schmerz (was für eine naive Frage).
    2. Keinesfalls unklar ist, woher das Bewusstsein des Menschen rührt und wie es in der Evolution entsteht. Es ist Ausdruck der Funktion des Zentralnervensystems und als solches eine höchst differenzierte Regulationsebene, die nach außen wie nach innen wirkt.
    3. Ob Ich-Empfinden oder Bewußtsein, es handelt sich nur um verschiedene Begriffe.
  • Keine Mischwesen, sondern getarnte Jäger?

    12.12.2019, Richard Kinseher

    Sehr geehrte Frau Schlott,



    das Tragen von Tierköpfen bzw. ganzen Fellen gehört zu den Jagdmethoden, die überall auf der Welt angewendet wurden. Damit konnten sich die Jäger besser tarnen und sich so ihrer Beute leichter annähern.Wenn in Ihrem Bericht diese Praxis nur einseitig als magisch betrachtet wird, so ist dies eine fragwürdige Vermutung.



    Ich habe in meinen Unterlagen nachgeschaut und noch ein paar Beispiele für die Jagd mit Tiermasken gefunden:



    - Südafrikanische Buschleute versteckten sich unter einem Straußvogelbalg. Der lange Hals wurde mit einer eingesteckten Stange simuliert und bewegt.



    - Indianische Bisonjäger zogen sich Wolfsmasken/-felle über Kopf und Rücken um sich kriechend den Bisons zu nähern (Bisons waren die Anwesenheit von Wölfen gewohnt).



    - Von afrikanischen Jägern kennt man Vogelmasken, die wie ein Helm aufgesetzt wurden, z.B. mit Wasservogelmaske konnte man sich schwimmend anderen Wasservögeln nähern.



    - Ishi - der letzte steinzeitlich lebende Indianer der USA - setzte sich einen Reh- bzw. Hirschkopf als Tarnung auf. Hinter einem aufgeschichteten Felshaufen wurde der Kopf so bewegt, als ob er fressen würde. Wenn sich andere Tiere aus Neugier auf eine gute Futterquelle oder wegen des Herdentriebes näherten, kam Ishi zum Schuss.



    - Indianer Nordamerikas versteckten sich gebückt unter Elch-/Hirsch-Masken, die aus dem kompletten Fell mitsamt Kopf und Geweih bestanden, um sich Beutetieren anzunähern.



    - Jäger der nordamerikanischen Mandan-Indianer brachen sofort zur Büffeljagd auf, wenn Späher in der Ferne solche Tiere sahen. Die im Dorf zurückgebliebenen Menschen begannen - in Erwartung reicher Beute - die alten Vorräte in einem Festschmaus zu verzehren. Die feindlichen Sioux nutzten dieses Verhalten für eine Kriegslist: Mehrere Krieger täuschten - in Büffelhäute gehüllt - eine grasende Büffelherde vor. Damit wurden die heranreitenden Jäger in einen Hinterhalt gelockt. Und weil das Volk seine ganzen Vorräte verzehrt hatte, waren diese Menschen nach einigen Tagen vom Hunger geschwächt und konnten gefahrloser angegriffen werden.



    Es ist schade, dass bei Mensch/Tier-Mischwesen immer nur einseitig über magische/religiöse Praktiken spekuliert wird. Es wäre gut, wenn wenigsten darauf hingewiesen würde, dass auch die Möglichkeit für eine bestimmte Jagdtechnik in solchen Darstellungen erkennbar sein könnte. Diese Strategie wäre kulturgeschichtlich von großem Interesse. Solch eine Jagdmethode deutet auf eine gut überlegte Planung hin.

    Stellungnahme der Redaktion

    Ja, Sie haben recht, es könnte sich bei den Mischwesen auch um getarnte Jäger handeln. Die Forscher merken allerdings den frappanten Größenunterschied zwischen Jägern und Jagdwild an. Das Bild scheint also in der einen oder anderen Form keine naturalistische oder gar realistische Szene wiederzugeben. Das überrascht nicht. Kunst spiegelt eigentlich fast nie die absolut wirkliche Welt wider.

  • Pranger 3.0

    11.12.2019, Prof. Dr. Jörg Arnold
    Frau Klimke wie auch Herr Janssen haben völlig Recht. Das Thema wurde auch auf dem diesjährigen Strafverteidigertag in Regensburg unter der Überschrift "Pranger 3.0" diskutiert. Frau Klimke war eine der Referentinnen und hat mit dazu beigetragen, dass folgendes Ergebnis formuliert wurde:

    "Die Arbeitsgruppe diskutierte die Entwicklungen des Strafverfahrens unter dem Einfluss der sich verstärkenden öffentlichen Meinung durch die neuen Medien und die Gerichtsberichterstattung, speziell auch im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Strafverteidigung. Thematisiert wurde dabei die Gefährdung des Rechtsstaates und dessen Verteidigung. In Sexualstrafverfahren und in Verfahren mit ausländischen Beschuldigten ist der öffentliche Druck auf die Strafjustiz besonders hoch. Die Verteidiger sehen sich zunehmend massiven öffentlichen Anprangerungen ausgesetzt. Teilweise wird gefordert, den Zweifelsgrundsatz außer Kraft zu setzen und »in dubio pro victima« zu urteilen.Zunehmend wird der öffentliche Druck durch die Polizei und die Staatsanwaltschaften bereits im Ermittlungsverfahren gezielt aufgebaut.Aus Richtersicht wurde berichtet, dass sich die Gerichte dieses zunehmenden Drucks bewusst und auch nicht frei von Einflussnahme sind. Die Strafjustiz muss sich mit dieser durch die neuen Medien verschärften Situation auseinandersetzen. Aus Sicht der Gerichtsberichterstattung erscheint ein verstärktes Miteinander von verantwortungsbewusstem Journalismus und Strafverteidigung wünschenswert.Die Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger müssen sich im Interesse ihrer Mandantschaft je nach Einzelfall verstärkt offensiv in die Pressearbeit einbringen."

  • Der Vorteil der Milchverwertung im Norden

    11.12.2019, jum
    Das Wachstum von wilden und angebauten Pflanzen im Norden ist schon alleine wegen der geringeren Sonneneinstrahlung gepremst. Damals waren Getreidekörner und Früchte zudem noch nicht so ertragreich. Der Nahrungswert war wahrscheinlich pro verarbeitete Ernte geringer als heute. Die Population einer jungen stationären Gemeinde dürfte meist klein gewesen sein. Die Milchtierherden waren wahrscheinlich ebenfalls klein, schon alleine mangels Menschen zu deren Aufsicht und Schutz. Wenn also eine eher geringe Anzahl Tiere verfügbar ist und die Nahrungsquelle durch angebaute Pflanzen einmal stark reduziert wird (Brände, Fäule, Schädlinge, Raub, Unwetter, Ortwechsel etc.), könnten noch die beschützen mobilen Tiere als Nahrung übrig geblieben sein.
    Wenn eine hungrige Gemeinde in Not, ihre wenigen Tiere isst, sind diese irgendwann weg. Die Gemeinde kann kleiner werden. Jede Verzögerung der Reduktion des Tierbestandes kann ein enormer Vorteil für das Überleben der Gemeinde sein. Wenn also von den auch als Nahrung verwendeten Tieren, Milchprodukte produziert werden, steigt die Hemmschwelle sehr stark an, diese Lieferanten zu essen. Wenn die Wildjagd zwischenzeitlich ab und zu erfolgreich ist und auch einige Wildpflanzen gefunden werden, könnte dies, zusammen mit Milchprodukten ergänzt, genügen, das Leben der Tiere zu schonen.
    Ohne die Milchprodukte dürfte es schwierig werden, sehr hungrige Gemeindemitglieder zu überzeugen, die letzten Schafe nicht zu verspeissen.
  • Niederlande sind bei dem Thema Negativbeispiel

    08.12.2019, Rasmus Richter
    Die Niederlande sollte man bei Verkehrsthemen generell nicht als Vorbild nehmen. Die haben im Prinzip das gleiche Problem wie hier geschildert - nur eben im Radverkehr. Der reine Modalsplit niederländischer Städte ist natürlich beeindruckend, wenn man aber den Umweltverbund in der Gesamtheit betrachtet, haben die Niederlande die gleiche Stagnation, wie wir in Deutschland. Vielleicht sogar noch extremer, weil sich mit dem Radverkehrsanteil so schön der Anstieg des Gesamtverkehrs schönrechnen lässt.

    Dabei wurden in den Niederlanden innerhalb der letzten 40 Jahre vor allem die Landstraßen massiv ausgebaut. Bei den Niederländern gibt es zudem historisch bedingt viel weniger Gegenwind aus der Bevölkerung bei großen Bauvorhaben. Das Polderland war ja immer Kulturlandschaft und das ist den Leuten da auch immer noch bewusst. Mal eben eine ganze Landschaft für einen neue Autobahn umzureißen ist bei denen überhaupt kein Thema.

    Die Speckgürtel niederländischer Städte sind meist grau asphaltiert...
  • Kreuz- und Quer-Fahrt durch die Astronomie

    08.12.2019, Ulrich Schilling
    wenn ein Autor für sich in Anspruch nimmt, 100 Sterne" zu beschreiben, ist das zwar verdienstvoll; aber Fehler sollten doch nicht so augenfällig in Erscheinung treten - zumindest würde ein kompetenter Co-Autor nicht schaden.
    Daher sollte ein 'Buch' (wenn auch mit 'interessantem' Inhalt) nicht empfohlen werden, wen nachweislich erhebliche Schnitzer enthalten sind. Auf die Lesbarkeit kommt es da weniger darauf an als auch die Korrektheit.
  • Dornröschen und das anthropische Prinzip

    08.12.2019, René Schlachter
    Kopf und Zahl sind meiner Ansicht nach aus Sicht von Dornröschen gleich wahrscheinlich. Ich gehöre also zu den Halbierern.
    Dies folgere ich sowohl intuitiv da Dornröschen wie bereits beschrieben keine neue Information bekommt. Das werde ich aber im folgenden auch mathematisch nachweisen:

    Hierzu zunächst einige Anmerkungen um Missverständnisse zu vermeiden. Die Schreibweise P(M,K) lese ich als die Wahrscheinlich,dass das Ereignis M und K eintritt. M steht für Montag D für Dienstag K für Kopf und Z für Zahl wie bereits im Artikel beschrieben. P(K|M) schreibe ich als die Wahrscheinlichkeit das K eintritt unter der Bedingung das M eingetreten ist (bedingte Wahrscheinlichkeit).

    Gegeben ist also die Wahrscheinlichkeit P(K)=1/2 und P(Z)=1/2. (fairer Münzwurf) Und gesucht ist die subjektive Wahrscheinlichkeit aus Sicht Dornröschen die ergibt sich also Summe der Einzelwahrscheinlichkeiten der Möglichen Ereignisse für Kopf: P(M,K)+P(D,K). Allerdings ist P(D,K)=0 nach Aufgabenstellung.
    Analog für Zahl: P(M,Z)+P(D,Z). Es gilt nach Aufgabenstellung P(M,Z)=P(D,Z) da Dornröschen immer! an beiden Tagen geweckt wird.

    Zur Rechnung:
    Nach Satz der totalen Wahrscheinlichkeit:
    P(M)=P(M|Z) *P(Z)+P(M|K)*P(K)
    Es gilt P(M|K)=1;P(M|Z)=P(D|Z)=1/2 (wenn die gemeinsamen Wahrscheinlichkeiten gleich sind dann auch die bedingten)
    -> P(M)=1/2*1/2+1/2=3/4
    P(K)=P(K|M)*P(M)+P(K|D)*P(D) da P(K|D)=0 folgt
    ->P(K)=P(K|M)*P(M)
    ->P(K|M)=1/2/(3/4)=2/3 !!! Also ist die Wahrscheinlichkeit das Kopf eintritt unter der Vorrausetzung das Montag ist 2/3. In dieser Tatsache liegt der Casus Knaxus. Die Argumentation von Adam Elga auf der die Aussage der Drittler basiert geht hier intuitiv von P(K|M)=P(Z|M)=1/2 aus.
    Somit folgt:
    P(M,K)=P(M)*P(K|M)=3/4*2/3=1/2
    analog P(M,Z)=P(M)*P(Z|M)=3/4*1/3=1/4
    ->P(D,Z)=1/4

    Also ist die subjektive Wahrscheinlichkeit für Kopf nach wie vor 1/2. Falls Dornröschen erfährt das Montag ist beträgt sie 2/3 und falls es erfährt das Dienstag ist beträgt sie 0.

    q.e.d.
  • Epigenetik einbeziehen

    05.12.2019, Prof. Paul Kalbhen
    Zum Spektrum.de-Beitrag "Wie Gene unsere Persönlichkeit beeinflussen", möchte ich anmerken, dass die Genetik längst Abstand vom "Egoistischen Gen" à la Richard Dawkins genommen hat, indem sie die Forschungsergebnisse der Epigenetik einbezieht. Das sogenannte Epigenom (mit "Erbsubstanzen" außerhalb der Struktur- bzw. Proteingene des Genoms) aktiviert die Gene der Körperzellen und reguliert besonders das Zusammenspiel des Genoms mit Umwelt und Sozialfeld. Es führt zu "epigenetischen" Prägungen des Menschen als Phänotyp - neben den "erblichen" Prägungen des Genotyps -, die etwa zu Persönlichkeitsunterschieden bei eineiigen Zwillingen führen. Ob epigenetische Prägungen auf nachfolgende Generationen übertragen werden können, ist unter Forschern umstritten. Der Genetiker und Evolutionsbiologe Veiko Kraus verneint in seinem Buch "Gene, Zufall, Selektion" die Vererbung "epigenetischer Strukturen". Er schreibt dort auch: "Wir sollten unser Genom weder über- noch unterschätzen. Es ist das funktionale Gedächtnis unseres Körpers und damit auch 'eine' der Grundlagen unseres Geistes."
  • Schlimmstenfalls neue Eugenik-Varianten

    05.12.2019, Dr. Dieter Meinert
    ohne belegbaren Hintergrund …auch wenn die Autoren versuchen, dieses zu vermeiden. Ich kann Herrn Fricke nur zustimmen.
    Hier wird von Beiträgen im Bereich von 1%-4% geredet, wobei der soziale und der umweltbedingte Einfluß Größenordnungen höher ist. Selbst angenommene 10% Einfluß auf den Lernerfolg würden gerade mal einen (theoretischen) Notenunterschied von 1- zu 1+ ausmachen, also völlig vernachlässigbar. Eine 2 ist aufgrund des sozialen Einflusses wesentlich wahrscheinlicher, man will ja nicht immer als Streber dastehen.
    Wie sollte ein angeblich genetisch bedingter Lernerfolg erklären, daß es schon bei Geschwistern, selbst bei eineiigen Zwillingen (sic!) grundverschiedene Schulerfolge gibt? Selbst ADHS und Autismus-Spektrum-„Störungen” werden im Artikel ja als genetisch nicht nachweisbar belegt.
    Gerade in Kohlegebieten führen die massiven Umweltschäden zu schlechteren Grundvoraussetzungen der Schüler – was natürlich auch, nach in Spektrum publizierten neueren Erkenntnissen, auf die Genexpression zurückwirkt. Entscheidender hierbei ist aber wieder die soziale Komponente, selbst wenn die Menschen schon mehrere Generationen aus einem alten Umfeld fortgezogen sind, wirkt die Sozialisierung der Vorfahren noch nach.

    Wenn man allerdings genügend viele Faktoren zusammenwirft, kann man vielleicht sogar Wahrscheinlichkeiten (im Promille-Bereich) errechnen. Nur - was sagen die wieder aus? Und was ist, wenn _ein beliebiger_ dieser Faktoren sich ändert, womöglich im Vorzeichen? Wird dann aus lernbehindert plötzlich hochbegabt?

    Die Frage im Titel des Artikels muß lauten: „Beeinflussen die Gene unsere Persönlichkeit?” und die Antwort darauf ist, dem Artikel folgend, „Nein, jedenfalls nicht in irgendeinem merklichen Ausmaß.”
    Eine Unterstellung, daß dem doch so sei, wie sie in der Überschrift anklingt, ist unseriös und gefährlich. Die Forschung ist auf jedenfall gerechhtfertigt - keine Frage, aber wie diese Erkenntnisse präsentiert werden, muß sehr genau bedacht werden und vor allem muß dabei der tatsächlich gefundene (hier bisher nicht signifikante) Zusammenhang in den gebührenden Kontext gestellt werden - schon in der Überschrift! Die Korrekturen im Text werden möglicherweise nicht mehr wahrgenommen, wenn man ein politisches Ziel verfolgt.
    Schade.
  • Plastizität

    05.12.2019, Wolfgang Stegemann
    Die ewige Trennung zwischen Körper und "Geist" verstellt den Blick auf die wirklichen Zusammenhänge. Natürlich schlagen sich alle mentale Ereignisse materiell nieder, und zwar dort, wo der Programmcode für den Organismus steckt bzw. ständig neu erstellt wird: im Genom. Dort herrscht dieselbe Plastizität wie im Gehirn. Letzteres ist lediglich die bisher letzte in der Evolution ausdifferenzierte Regulationsebene. Sie reguliert "nach unten", während das Unten konstitutiv "nach oben" ist. Die Plastizität des genetischen Mosaiks dürfte ebenso evolutionär zunehmen wie die neuronale Plastizität. Wenn also die genetische Struktur mit dem mentalen Zustand korreliert und damit mit den sozialen Lebensverhältnissen, ist das kein Wunder. Unter diesem Aspekt sind die Ergebnisse nicht besorgniserregend, sondern schlichtweg plausibel.
  • Eine mögliche Verbesserung

    05.12.2019, Hans hartmann
    Ich schätze ja Florian Freistetter sehr, doch eine kleine Unzufriedenheit ergibt sich beim Lesen des Beitrags zur "falschen Hexe von Agnesi". Wie die Kurve generiert wird, ist verständlich. Aber ich frage mich nach der Absicht der Darstellung. Soll ich jetzt die Kurve punktförmig selber konstruieren und dann erraten, dass es sich um die Darstellung der Cauchy-Verteilung handelt. Oder geht er davon aus, dass man sowieso nachsehen wird, was eigentlich hinter der Kurve steckt. Er möchte also die Investigationskraft des Lesers fördern. Einerseits finde ich den Artikel anregend und originell.Andererseits geht mir trotz der erwähnten Beispiele ein ganz wesentlicher Punkt, die Mathematik betreffend, ab. Offensichtlich wurde ein mathematisches Phänomen erkannt, entwickelt oder beschrieben, dessen Nützlichkeit erst viel später die praktische Anwendung erfahren hat. Für mich ist das deswegen ein wesentlicher Punkt, weil beim Bekritteln des Mathematikunterrichts immer die Phrase verwendet wird: "Wozu brauch' ich das?" Und in der theoretischen Mathematik wird diese Frage noch viel öfter gestellt. Wozu beschäftigen wir uns gerade damit?
    Im Scherz sollte natürlich hier die Frage angeschlossen werden: warum beschäftigen wir uns mit Astronomie?
  • Scheußlich unwissenschaftlich!

    04.12.2019, Andreas Fricke
    Diese riesigen Datenstudien sind unseriös. Wie im Text beschrieben werden statistische Zusammenhänge errechnet, die vollkommen spekulativ sind. Doch über die unterstellten Kausalzusammenhänge sagen solche Statistiken gar nichts aus, 0,00 %! Das ist genauso wie mit der Geburtenrate und den Störchen.

    Beispiel Kohlebergbau und Intelligenz, angenommen der statitsche Zusammenhang existiert wirklich und ist tatsächlich signifikant. Auch dann ist ein Kausalzusammenhang pure Spekulation, geradezu reine Fantasie. Das unterstellte Ergebnis speist sich aus dem Forschungsinteresse, der Rest ist Autosuggestion. Für Kausalzusammenhänge müssen biologische Vorgänge in Menschen wiederholt und gesichert nachgewiesen werden. Diese hier zitierten Massenstatistiken sagen nichts über bilogische Wirk-Ketten und ich kann sie spontan auch so erklären: die gehäuften Gen-Gemeinsamkeiten in alten Kohleregionen sind Genfaktoren, die überdurchschnittliches Muskelwachstum begünstigen - Menschen mit überdurchschnittlichem Muskelwachstum bewegen sich gerne, arbeiten gerne körperlich und sind stärker und körperlich durchsetzungsfähiger als gleich alte - deshalb setzen sie sich seit früher Kindheit leicht körperlich durch und werden attraktiver eingeschätzt - darum wiederum strengen sie sich in der Schule weniger geistig an - und dadurch wiederum, verbunden mit der Vorlieben für körperliche Arbeit, gehen sie mit Vorliebe in den klassischen Bergbau, auf Baustellen oder in die Schwerindustrie - und sie verbleiben dort solange diese Arbeitsplätze bestehen, lassen sich nicht leicht von Geld weglocken.

    Auch die nach langen Erweiterungen und Ergänzungen der Massenstatik vorgeblich suggerierten Zusammenhänge zwischen Genen und verminderter Intelligenz sind rein spekulativ. Wie bereits dargestellt können daraus nur Vermutungen aber keine (biologischen) Kausalzusammenhänge abgeleitet werden. Besonders wichtig wäre zum Beispiel auch mal die Konstanz der Gene im Verlauf eines Menschenlebens systematisch zu untersuchen!

    Jedenfalls können die womöglichen Genzusammenhänge lediglich ein Transfermechanismus anders gelagerter Kausalzusammenhänge sein. Wieder eine spontane Beispiel-Idee: Alkohol, Tabak, Drogen, Schlafmangel, Streß, Umweltgifte verschlechtern die Gesundheit von Menschen UND schädigen deren Gene/Erbgut, zumindest Teile des Erbguts. Die Schäden werden an Kinder weiter gegeben/vererbt. Und die Kinder sind weniger intelligent. Die eigentliche Ursache der verminderten Intelligenz der Kinder sind die Gift- und Streßeinwirkungen auf die Eltern oder Großeltern Die Wirkung entsteht sowohl durch die Schädigungen am Erbgut, als auch durch die aufgrund der Schädigungsfaktoren gebundene Aufmerksamkeit der Eltern bzw. Großeltern, die eine Kapazitätseinschränkung der Kindererziehung darstellt). Da die Gifte bzw. der Streß irgendwo zufällig auf das Erbgut wirkt und einen Schaden anrichtet, wird es schwer bis unmöglich nur eines oder wenige Gene zu finden, die mit der (mangelnden) Intelligenz der Kinder zusammen hängen. Erst wenn ein Potpurri von defekten Genen zusammen gefasst wird, dann ensteht möglicherweise der behauptete Zusammenhang. Die Gruppe von so vielen verschiedenen Genen ist dann streng genommen nur eine Art Überträger des Problems, jedoch nicht selbst Ursache.
  • Dornröschen und das anthropische Prinzip

    04.12.2019, PD Dr. Torsten Enßlin
    Die Lösung des Dornröschenproblems, welche auch Christoph Pöppe in seinem Artikel favorisiert, lässt sich erstaunlicherweise als Variante des in der Kosmologie verwendeten anthropischen Prinzips auffassen. Die Tatsache, dass wir auf einer bewohnbaren Erde leben, uns in einem lebensfreundlichen Universum wiederfinden, oder auch das Dornröschen erwacht, enthält Information über die jeweiligen Umstände. Es ist etwas weniger wahrscheinlich auf einem unwirtlichen Planeten, in einem lebensfeindlichen Universum oder auch nur unter einschläfernden Umständen aufzuwachen, so dass sich alleine aus der Tatsache des Erwachens Rückschlüsse auf diese Umstände ziehen lassen. Dornröschen kann also tatsächlich bei ihrem Erwachen schließen, dass bei dem Münzwurf eher Zahl geworfen wurde als Kopf, da sie bei Zahl doppelt so oft aufgeweckt wird.
    Hier die von Dornröschen vorgenommene Wahrscheinlichkeitsrechnung: Der Versuchsleiter gab die Information I = "Eine faire Münze wird für Sie verborgen geworfen. Bei Kopf werden Sie morgen, am Montag, geweckt und befragt. Bei Zahl geschieht dies an den nächsten beiden Tagen, wobei Ihre Erinnerung an die erste Erweckung und Befragung mittels Drogen noch am Montag gelöscht wird.". Bevor Dornröschen diese Information bekommen hat, hätte sie den verschiedenen Kombination von Münzergebnissen (K/Z = Kopf/Zahl) und Erweckungstagen (M/D = Montag/Dienstag) aus Symmetriegründen dieselbe Wahrscheinlichkeit zugeordnet: P(K,M) = P(K,D) = P(Z,M) = P(Z,D) = 1/4.
    Die Information I schließt jedoch für das Erwachen die Kombination Kopf und Dienstag aus, ohne eine der anderen hervorzuheben. Daher ist P(K,D|I) = 0 und P(K,M|I) = P(Z,M|I) = P(Z,D|I) = 1/3 wie auch eine formale Rechnung zeigt: P(K,D,I) = 0, P(K,M,I) = P(Z,M,I) = P(Z,D,I) = 1/4 ⇒ P(I) = 3/4, P(K,D|I) = P(K,D,I)/P(I) = 0, P(K,M|I) = P(K,M,I)/P(I) = (1/4)/(3/4) = 1/3 etc.
    Beim Erwachen schließt daher Dornröschen, dass die Wahrscheinlichkeit für Kopf P(K|I) = P(K,M|I) + P(K,D|I) = 1/3 + 0 = 1/3 und für Zahl P(Z|I) = P(Z,M|I) + P(Z,D|I) = 1/3 + 1/3 = 2/3 ist. Hätte der Versuchsleiter ihr für Zahl statt zwei gar tausend Erweckungen, Befragungen und Gedächnislöschungen angekündigt (I → I′), wäre sie sich über Zahl als Ergebnis noch sicherer, P(K|I′) = 1/1001 und P(Z|I′) = 1000/1001.
    Eine analoge Argumentation ist in der Kosmologie unter dem Name anthropischen Prinzip bekannt. Dieses besagt, dass zwar die a priori Wahrscheinlichkeit der Erschaffung eines Universums mit lebensfreundlichen Bedingungen bei willkürlicher Festlegen physikalischer Parameter verschwindend klein ist, aber die Beobachtungstatsache, dass unser Universum Leben beinhaltet, sehr stark darauf hindeutet, dass zumindest in unserem Teil des Universums die physikalischen Bedingungen lebensfreundlich ausgefallen sein sollten.
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