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Kommentare - - Seite 1

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  • Energiewende Noch eine Ohrfeige für die Politik

    30.07.2012, S.G. Maier
    Heimatlos im eigenen Land - so geht das nicht nur den zum Aussterben getriebenen Tier- und Pflanzenarten hier, nein, auch den Eingeborenen. Die Gegend hat sich die letzten 5 Jahre so sehr verändert, dass man es Stadtbewohnern nur noch mit krassen Vergleichen erklären kann, wie etwa mit der Radikalsanierung ganzer Stadtviertel (Plattmachen) oder mit durch Bombenkrieg entstandenen Ruinenlandschaften. Es ging zwar langsamer als eine Bombennacht, ist aber dennoch so nachhaltig.

    Gerade hier im Steigerwald mit relativ engen Tälern, vielen Hanglagen und kleinen Parzellen tut die intensive Bewirtschaftung mit immer größer werdenden Maschinen überhaupt nicht gut. Diese werden zumeist von Maschinenringen, Lohnunternehmern und Ganzgroßbauern gehalten. Moderne Traktoren haben um die 300 PS oder mehr, sind haushoch, ebenso teuer und so breit, dass sie kaum noch auf die schmalen Verkehrswege passen - von ihrem Gewicht und den dadurch entstehenden Schäden an Hängen, Straßen und Brücken ganz zu schweigen.

    Gegen den Brummton, den ihre über 2 Meter hohen Hinterräder bei 50 Sachen auf der Straße verursachen, gibt es keine Isolierglasfenster. Man hört sie schon kilometerweit wie vorrückende Panzertruppen. Das ganze Haus vibriert. Könnte das Schäden verursachen? Ja sicher doch, aber bestimmt nicht in Berlin. Auf der Wiese mähen sie mit 3 Mähwerken, einem vorderen und zwei seitlichen. Hecken stören da eigentlich nur, also werden die von den eifersüchtig flächenhungrigen Besitzern oder Pächtern gerne entfernt, ebenso wie auch Bäume am Feldrand. Die Arbeitsbreite von 8 Metern wird mit hoher Geschwindigkeit gefahren, so dass Hase und Igel, Reh, Rebhuhn oder Lerche keine Chance auf Flucht mehr haben.

    Aber was soll's - das alles frisst nicht die Kuh, die ja ebenfalls kein ethisches Problem damit hat, nein, das kommt in den großen Topf, der von Steuer- und Stromzahlern subventioniert wird. Ursprünglich waren Biogasanlagen für solche Großbetriebe gedacht, die Gülle und Schlachtvieh in Massenhaltung produzierten, hauptsächlich mit zugekauftem Futter mästeten und selbst zu wenig Land für den Rückstrom der Gülle besaßen. Mit dieser Argumentation wurden die Anlagen durchgesetzt, ziehen aber jetzt immer größere Kreise. Vor allem Raps und Mais als Dauerkultur oder Folgekultur von Grünroggen (wird im Frühling noch grün gehäckselt, sobald er gefruchtet hat) ist der Standard - zwei Ernten pro Saison vom selben Boden - noch. Wie der das aushält, mitsamt der Verdichtung durch schweres Gerät?

    Sicher nicht lange, typischerweise fließt er bei Starkregen den Hang herab und dann weiter in die Nordsee. Wattwandern hat Zukunft. Vielleicht schon bald werden wir deshalb auch noch das Futter für die Biogasanlagen in Brasilien, Argentinien oder Kenia kaufen müssen. Keine Bienen heuer? Sicher nur wegen der bösen Varroamilbe.

    Die mit grünen Subventionen gepäppelten Biogas-Ganzgroßbauern werden als Einzige in dem derzeitigen Rationalisierungswettlauf der Landwirtschaft bestehen können. Wir alle müssen deren teuren Strom kaufen, weil wir dazu zwangssolidarisiert wurden. Sie verkaufen auch Fernwärme an umliegende Ortschaften, wo diese sich dazu bereit erklärten. Sie haben wie keine andere Branche eine Abnahmegarantie für die nächsten Jahrzehnte. Dafür kaufen und pachten sie kurzerhand die ganze Umgebung zusammen. Schließlich haben ihre Anlagen einen gigantischen Appetit. Als wohlhabende und einflussreiche Unternehmer, als Basis eines sich neu entwickelnden, Großgrund besitzenden Landadels werden sie "unsere" Politiker in einseitiger Orientierung unterstützen und festhalten. Grün und Öko sind da nur noch Aushängeschilde, mehr nicht. Trostpflaster und Opium fürs ökogläubige Volk.

    Wie grün ist der Vergärungsrest, wenn er schwarz und nach faulen Eiern stinkend als Gülle auf den Acker kommt? Welche Bodenorganismen sind dieser Giftjauche gewachsen? Dieselbe Pampe findet man auch auf dem toten Boden der Ostsee. Wenn man sieht, zu welcher Perversion ihrer Selbst die grüne Politik letztlich geworden ist, könnte man in Verzweiflung versinken. Aber Berlin und Brüssel sind weit, und vom Flieger betrachtet erscheint doch das Land wie immer, nicht wahr? Aber, aber, übertreiben sie nicht etwas, mein Herr?

    Urban Gardening sei im Kommen, heißt es? Sehr zurecht! Bitteschön: Wenn irgendeine Katastrophe hier in Deutschland Hungersnöte verursachen sollte, brauchte schon mal kein Städter mehr zum Betteln oder Tauschen aufs Land zu kommen, so wie nach dem letzten Krieg noch. Es gibt bereits jetzt kaum mehr Lebensmittel auf dem Acker - obwohl, Raps schmeckt bestimmt wie Kohl und Mais liegt voll im Trend. Ich stelle mir gerade vor, wie im Wilden Westen schwingt sich einer auf den 4 Meter hohen Hänger mit dem Maishäcksel, wie auf eine Wells Fargo Kutsche im Film und schaufelt den Häcksel um die Wette auf seine Kollegen von der Motorradgang herunter, die ihn mit umgebauten Regenschirmen einfangen - oder so. Und die Enttäuschung dann, wenn es sich nur um Elefantengras handelt. Ätsch.

    Andererseits hätte ein zum Erliegenkommen des Verkehrs zwischen Stadt und Land den Vorteil eines schmalen CO2-Fußes. Aber es würde sich dennoch lohnen, hungrig, frierend und mit leeren Akkus zu erscheinen: die könnten dann geladen werden, während man sich neben dem BHKW aufwärmen darf und dabei von besseren Zeiten träumen... für den Schmuck der Großmutter, vielleicht.

    Mahlzeit!
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