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Tagebuch: "Explore Science" im Mannheimer Luisenpark

Große Blockflöte
Der Luisenpark in Mannheim ist ungewöhnlich groß, mit ungewöhnlich vielen verschiedenen Attraktionen ausgestattet und vor allem am Wochenende sehr gut besucht. Aber wenn im Frühsommer dort die Explore Science zu Gast ist, wird es noch einmal deutlich voller.

Dieses Jahr hat die Klaus-Tschira-Stiftung zum fünften Mal in Folge dieses Wissenschaftsfestival veranstaltet (kostenlos für die Besucher – sogar der Park-Eintritt war frei), erstmals volle fünf Tage lang (Mittwoch bis Sonntag) und mit neuem Besucherrekord: Mehr als 50 000 Gäste haben den Park bevölkert.

Töne im Staub | Ein Lautsprecher, mit einer elektronisch erzeugten Sinusschwingung angesteuert, darauf eine quadratische Metallplatte fest montiert und professionell mit Sand bestreut, gibt klassisch schöne, so genannte Chladni'sche Klangfiguren (linkes Bild). Dasselbe mit einer Maurerkelle (rechtes Bild), die man selbst mit buntem Sand bestreuen und dann auch noch waagerecht halten muss, während man sie mit dem Geigenbogen anstreicht, ist viel mühsamer und gibt auch nach langem Üben längst nicht so schöne Figuren – aber man kann selbst Hand anlegen!
"Explore Science" will insbesondere Schüler ansprechen und bietet jedesmal Experimente und Aktionen zum Mitmachen. Diesmal war das Generalthema "Schwingung Schall Klang". Da liegen Möglichkeiten zum Mitmachen auf der Hand – und gehen weit über die gemeine Fußballtröte hinaus. Die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz rückte mit ihrem interaktiven Klangmuseum "KlangReich" an; in Wettbewerben ging es zum Beispiel um die überzeugendste Inszenierung einer Resonanzkatastrophe; in Experimentalvorträgen wurde dem Publikum allerlei Kurzweiliges zur Akustik nahegebracht. Viele Institutionen und Verlage stellten zur Schau, was sie an Wissensvermittlung für die Jugend zu bieten haben. Auch unser Verlag war mit "Wissenschaft in die Schulen" dabei.

Und in der Festhalle erläuterten unermüdliche und bewundernswert wohlinformierte Betreuer die etwas anspruchsvolleren Experimente. Posaunen (und Tröten) zum Selberblasen standen bereit, allerlei Schall wurde in Fourier-Komponenten zerlegt, eine Riesenspiralfeder ließ sich willig zu Longitudinal- und Transversalschwingungen anregen.

Mut zum Lärm

Und die große Festwiese! In mehreren Zelten durfte man unter Anleitung selbst experimentieren und diverse Lärmgeräte bauen. Die Länge der schwingenden Luftsäule in einem Rohr
Das Auto als Klangkörper | Es ist nicht nur der gemeine Kotflügel, der bei plötzlicher Berührung mit einem harten Gegenstand so unnachahmlich scheppert. So ziemlich jedes metallische Einzelteil eines Autos lässt sich in musikalisch nutzbare Schwingungen versetzen.
lässt sich verkürzen, indem man das Rohr in Wasser taucht. Aus diesem einfachen Prinzip machen verschiedene Exponate, nun ja, "Wassermusik".

An verschiedenen Rohren kann man ausprobieren, dass die Klangfarbe und auch die Tonhöhe nicht nur von der Rohrlänge, sondern – was die klassische Theorie nicht berücksichtigt – auch von der Wanddicke abhängen. Kochtöpfe, die zugehörigen Deckel, ein Satz Schraubenschlüssel, zum Xylophon umfunktioniert, und Autoteile standen zum Lärmen bereit.

Abwasserrohre als Flöten

Auf der Festwiese habe ich auch eine wirklich neue Erkenntnis gewonnen: Zwischen der Blockflöte und dem Abwasserrohr besteht kein prinzipieller, sondern nur ein Größenunterschied.
Volle Dröhnung | Dieses Instrument kann man nicht mehr mit dem Mund anblasen; da müssen es schon zwei voluminöse Luftpumpen sein. Dafür kann man sich mit dem PVC-Sound so richtig volldröhnen lassen.
Das PVC-Rohr mit dem großen Querschnitt und der charakteristischen hellorangebraunen Farbe ist gut schweißbar. Auf diese Weise kann man auch den engen Spalt für die Luft und die scharfe Kante, auf die der Luftstrom trifft und dabei ins Schwingen gerät, in das Rohr einbauen. Die Tonhöhe lässt sich mit der Patschhand auf den handtellergroßen Grifflöchern verändern. Aber das Blasen! So viel Puste hat kein Mensch. Da müssen schon Luftpumpen her – aus PVC-Rohr. Der Düsseldorfer Michael Bradke hat dieses und weitere Exponate aus seinem Mobilen Musik Museum bereitgestellt.

Liedgut auf Leergut | Auf der Abschlussveranstaltung geben die Berliner GlasBlasSingers ihr "Liedgut auf Leergut" zum Besten.
Ab 17 Uhr gab es das große Abschlussprogramm mit einem weiteren Wettbewerbsbeitrag: Musik mit Allerweltsgegenständen, und zahlreichen künstlerischen Beiträgen, darunter Musik, die auf Flaschen geblasen wurde. Das Publikum wurde mit 600 in Windeseile bereitgestellten und wieder eingesammelten Flaschen zum Spontan-Hilfsorchester.

Um 20 Uhr musste die Veranstaltung beendet werden, weil auf die große Leinwand das WM-Spiel Deutschland gegen Australien übertragen wurde. War ja alles sehr laut und (für Deutsche) sehr erfreulich; aber für mich hatte das spannendste Ereignis des Tages schon vorher stattgefunden.

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