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Erste Verluste im Gebiss: Warum fallen Milchzähne aus?

Milchzähne fallen aus, um ihren Nachfolgern Platz zu machen. Würden wir unser Milchgebiss behalten, hätten wir mehr Lücken als Zähne. Für unseren ausgewachsenen Kiefer sind Milchzähne einfach zu klein und zu wenig. 20 schmale Zähne zählt das Milchgebiss, 32 deutlich breitere das bleibende. Wir sind – wie die meisten Säugetiere – diphyodont. Das heißt, uns wachsen zwei Zahngenerationen: Wir wechseln unser Milchgebiss gegen ein Dauergebiss. Es liegt also gewissermaßen in der Natur von Milchzähnen, dass sie ausfallen.
Kind verliert Milchzahn

»Wir werden jetzt mit Hilfe eines Eichhörnchens einen Zahn ziehen«, moderiert der Vater das Video an. Ein Kind sitzt auf einer Parkbank. Aus seinem Mund hängt ein Faden, an dessen Ende ein Keks befestigt ist. »Oh, oh!«, kommentiert das Kind, als das Eichhörnchen auf den Keks zusteuert. Solche und ähnliche Szenen kann man auf Youtube bewundern: Verspielte Väter helfen ihren Dreikäsehochs dabei, sich ihrer wackelnden Milchzähne zu entledigen. Zum Einsatz kommen dabei – wenn man nicht gerade Tiere einspannt – ferngesteuerte Spielzeugautos, Hubschrauber und Drohnen.

Hunderte Gene sind an der Zahnentwicklung und dem Wechsel vom Milchgebiss zum bleibenden beteiligt. Während die bleibenden Zähne unter ihnen in den Startlöchern stehen, fangen unsere Milchzähne an zu wackeln, weil Fresszellen ihre Wurzeln auflösen. Es kann etwa sechs Monate dauern, bis die Odontoklasten – so heißen die Fresszellen – die gesamte Wurzel abgebaut haben und der bleibende Zahn nachgerückt ist. Wenn ein Milchzahn wirklich locker ist, ist das Einzige, was ihn festhält, das Zahnfleisch um ihn herum.

Verspielte Väter und der Milchzahn
Wackelzahn ade! Was früher die Türklinke war, ist heute die Drohne. Außer verspielten Vätern sind aber noch hunderte Gene am Zahnwechsel beteiligt.

Wann fallen Milchzähne aus?

Milchzähne wackeln und fallen oft in der Reihenfolge aus, in der sie gekommen sind. Da, wo sie Platz gemacht haben, wächst bald ein bleibender Zahn nach. Aber keine Regel ohne Ausnahme: Vor den ersten wackelnden Milchzähnen kommen schon die allerersten bleibenden Backenzähne, die Sechsjahresmolaren. Sie wachsen unauffällig hinter der Milchzahnreihe heran, weil sie keinen Vorgänger haben, den sie hinauswerfen müssen.

Obwohl schon in den ersten Schwangerschaftswochen angelegt, brechen die Milchzähne erst etwa ab dem sechsten Monat durch das Zahnfleisch. Zwar ist der später sichtbare Teil der Zähne bei der Geburt bereits voll ausgebildet, dafür nimmt die Wurzelbildung noch Zeit in Anspruch.

Mit etwa zweieinhalb Jahren sind alle unsere Milchzähne vollständig durchgebrochen. Wie später die bleibenden Zähne wachsen auch die Milchzähne paarweise: Zu zwei Schneidezähnen aus dem Unterkiefer gesellen sich bald die aus dem Oberkiefer. Auf diese Weise können wir gleichmäßig beißen und kauen. Durch das symmetrische Zahnwachstum wird auch unser Kiefer gleichmäßig beansprucht und kann entsprechend wachsen.

Warum heißen Milchzähne Milchzähne?

Auch wenn sie nicht gekommen sind, um zu bleiben: Unsere ersten Zähne sind weit mehr als nur Platzhalter und Kauwerkzeuge. Wir brauchen unsere Milchzähne auch, um sprechen zu lernen. S, T und Z bekämen wir ohne sie nicht über die Lippen, geschweige denn ihren Namen: Dentes lactales. Warum Milchzähne Milchzähne heißen, ist umstritten. Möglicherweise stand die charakteristische Zahnfarbe der ersten Zähne maßgeblich Pate: ein Weiß mit blauem Schimmer, das an Milch erinnert. Bleibende Zähne sind auf Grund der dickeren Zahnschmelzschicht im Vergleich deutlich gelbstichiger. Aber auch unsere Lebensumstände könnten den Namen Milchzahn geprägt haben: Schließlich sind wir Säuglinge, wenn wir das erste Mal zahnen, und ernähren uns zu diesem Zeitpunkt ausschließlich von Milch. Und dann gibt es da noch diese Geschichte, wie der Milchzahn zu seinem Namen kam. Hippokrates höchstselbst soll den Begriff geprägt haben. Der Urvater der Medizin habe nämlich geglaubt, dass sich die Milchzähne beim Stillen aus der Muttermilch bilden. Nun ja, den Zahn müssen wir ihm leider ziehen.

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