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Lexikon der Mathematik: Aussagenlogik

Die Aussagenlogik befaßt sich mit der Analyse von Verknüpfungen gegebener Aussagen A, B, wie z. B. nicht-A; A und B; A oder B; wenn A, so B; A genau dann, wenn B. Dabei wird die logische Struktur nur insoweit berücksichtigt, wie eine Aussage aus anderen zusammengesetzt ist.

Die einfachsten, im Rahmen der Aussagenlogik nicht weiter zerlegbaren Aussagen, heißen auch atomar. Die innere Struktur von Aussagen, wie sie z. B. in der traditionellen Logik ganz wesentlich durch die Subjekt-Prädikatbeziehung zum Ausdruck kommt, ist in der Aussagenlogik nicht von Interesse. Sie untersucht die extensionalen Aussagenoperationen, die dadurch charakterisiert sind, daß der Wahrheitswert einer aus einfacheren Bestandteilen zusammengesetzten Aussage nur von dem Wahrheitswert der Teilaussagen und nicht von deren Inhalt abhängt.

Die klassische zweiwertige Aussagenlogik, bei der nur die beiden Wahrheitswerte wahr oder 1 bzw. falsch oder 0 zugelassen sind, untersucht vor allem die Aussagenoperationen Negation, Konjunktion, Alternative, Implikation und Äquivalenz, mit deren Hilfe die Aussagen der klassischen Mathematik formuliert werden können. Hierbei bedeutet zweiwertig, daß eine (mathematische) Aussage so präzise formuliert ist, daß sie einen Sachverhalt genau widerspiegelt oder ihn verfehlt, d. h., jede Aussage ist wahr oder falsch. Ein möglicher dritter oder weiterer Wahrheitswert, wie er in

der mehrwertigen Logik zugelassen ist, wird hier ausgeschlossen (Prinzip vom ausgeschlossenen Dritten). Weiterhin ist keine Aussage wahr und falsch.

Eine im Rahmen der Aussagenlogik gebildete Aussage, die schon aufgrund ihrer logischen Struktur wahr ist, wie z. B. A oder nicht-A, heißt (aussagenlogisch) allgemeingültig oder (aussagenlogische) Tautologie.

Um mathematische Methoden bei der Untersuchung der Aussagenlogik nutzen zu können, bedient man sich der Formalisierung der Aussagenlogik, was zum Aussagenkalkül führt. Bei der Formalisierung werden zusammengesetzte Aussagen durch spezielle Zeichenreihen über ein geeignetes Alphabet (Menge der zu benutzenden Grundzeichen) als Ausdrücke oder Formeln dargestellt. Das Alphabet enthält Aussagenvariablen, Funktoren oder Konnektoren als Symbole für die betrachteten aussagenlogischen Operatoren, und Klammern als technische Zeichen zur Kennzeichnung der Zusammengehörigkeit bestimmter Teilausdrücke.

Je nach beabsichtigter Untersuchung werden unterschiedliche Kalküle auch unterschiedliche Funktoren benutzen, wobei man stets mit ein- und zweistelligen Konnektoren auskommt. Da die Wahrheitswerte in der zweiwertigen Logik nur aus wahr oder 1 bzw. falsch oder 0 bestehen, läßt sich jeder Funktor durch eine endliche Wertetabelle charakterisieren. Durch die folgende Tabelle sind die ldassisehen Funktoren ∧, ∨, →,↔ und ¬ der Reihe nach interpretiert als Konjuktion, Alternative, Implikation, Äquivalenz und Negation, wobei ρ und q Aussagenvariablen bezeichnen.

Abbildung 1 zum Lexikonartikel Aussagenlogik
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In jedem Ausdruck treten nur endlich viele Funktoren und Variablen auf, die nur die Werte 1 oder 0 annehmen können.

Damit läßt sich für jeden vorgelegten Ausdruck durch Berechnung entscheiden, ob er eine Tautologie darstellt oder nicht. Die Tautologie

\begin{eqnarray}(p\to q)\leftrightarrow (\neg q\to \neg p)\end{eqnarray}

stellt als Beweisprinzip die Kontraposition dar. Um z. B. die Implikation wenn A, so B zu beweisen, genügt es, aus der Negation von в die Negation von A zu zeigen.

Die Berechnung des Wahrheitswertes eines Ausdrucks bei einer gegebenen Belegung der Aussagenvariablen mit Wahrheitswerten gehört zur Semantik der Aussagenlogik. Desweiteren können mit den formalisierten Ausdrücken bestimmte syntaktische (formale) Operationen vorgenommen werden. Insbesondere lassen sich aus gewissen Axiomen mit wenigen formalen Schlußregeln oder Ableitungsregeln alle Tautologien und nur diese herleiten. In diesem Sinne ist die zweiwertige Aussagenlogik vollständig, d.h., es gibt ein Axiomensystem, bestehend aus Ausdrücken, und eine endliche Menge formaler Schlußregeln, so daß nur mit Hilfe dieser Schlußregeln aus den Axiomen genau die Tautologien beweisbar sind.

Literatur

[1] Asser, G.: Einführung in die mathematische Logik I. Harri Deutsch Zürich Frankfurt a.M., 1983.

[2] Church, A.: Introduction to Mathematical Logic. Princeton Univ. Press Princeton, 1956.

[3] Tarski, A.: Einführung in die mathematische Logik. Vandenhoek u. Ruprecht Göttingen, 1977.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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