Direkt zum Inhalt

Lexikon der Mathematik: mathematische Statistik

anwendungsorientiertes Teilgebiet der Mathematik, das in der Hauptsache auf der Wahrscheinlichkeitsrechnung fußt.

Ziel der Statistik ist es, auf die Verteilung von Merkmalswerten in einer großen Menge von Objekten, der sogenannten Grundgesamtheit, auf der Basis nur einiger beobachteter Objekte, einer sogenannten Stichprobe, mit möglichst geringer Irrtumswahrscheinlichkeit zu schließen. Die mathematische Statistik hat dabei die Aufgabe, aufgrund von Stichproben unbekannte Parameter der Grundgesamtheit zu schätzen (Schätztheorie),

Hypothesen über die Grundgesamtheit zu testen (Testtheorie), den Grad und die Art des Zusammenhangs von Zufallserscheinungen zu ermitteln (Korrelationsanalyse, Regressionsanalyse), sowie Modelle für zeitabhängige zufällige Merkmale zu liefern (Zeitreihenanalyse). Die Rechtfertigung für den Schluß von einer Stichprobe auf die Grundgesamtheit liefert der Hauptsatz der mathematischen Statistik (Gliwenko, Satz von).

Üblicherweise werden in der mathematischen Statistik die Gebiete deskriptive Statistik und schließende Statitik unterschieden. Während unter dem Begriff der deskriptiven Statistik alle statistischen Verfahren zusammengefaßt werden, die sich mit der Auswertung der Stichprobe befassen, umfaßt die schließende Statistik basierend auf der Wahrscheinlichkeitsrechnung alle Verfahren, mit denen Schlüsse von einer Stichprobe auf die Grundgesamtheit mit gewisser Irrtumswahrscheinlichkeit gezogen werden. Zur schließenden Statistik gehören auch Verfahren zur optimalen Bestimmung der Stichprobe, einschließlich der Stichprobenumfangsbestimmung. Die beiden Teilgebiete der Statistik werden zusammen mit der Wahrscheinlichkeitsrechnung und ihren Anwendungen auch unter dem Oberbegriff Stochastik zusammengefaßt.

Der Begriff Statistik stammt vom lateinischen Wort „status“ (Zustand). Die ersten Anfänge der Statistik sind bereits vor und um den Beginn unserer Zeitrechnung zu finden. Jedoch erst im 18. Jahrhundert begann sie sich als selbständige wissenschaftliche Disziplin zu entwickeln, indem sie dazu diente, Merkmale zu beschreiben, die den Zustand eines Staates charakterisieren. So erfaßte man zum Beispiel systematisch die Verteilung des Lebensalters bei Volkszählungen, die Lebenserwartung, in sogenannten Sterbetafeln, die Anzahl von Schiffsunglücken zur Beurteilung des Risikos für Versicherungsgesellschaften oder die Verteilung von Intelligenzquotienten als Maßzahl der menschlichen Intelligenz. Erst im 20. Jahrhundert ging man von dieser ausschließlich beschreibenden Form von Beobachtungsdaten ab und begann mit Hilfe der modernen sich entwickelnden Wahrscheinlichkeitsrechnung Methoden zur Analyse von statistischen Daten und zur Prüfung von statistischen Hypothesen auszuarbeiten. Die Methoden der mathematischen Statistik wurden zu einem unentbehrlichen Hilfsmittel in allen empirischen Wissenschaften, wie der Soziologie, der Medizin, der Psychologie, aber auch in technischen, naturwissenschaftlichen und wirtschaftlichen Anwendungsfeldern.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.