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Lexikon der Mathematik: Poisson-Prozeß

auf einem Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, 𝔄, P) definierter stochastischer Prozeß (Nt)t≥0 mit Werten in ℤ und den folgenden Eigenschaften:

  • Für P-fast alle ω ∈ Ω ist der Pfad tNt(ω) eine unbeschränkte, monoton wachsende und rechtsseitig stetige Funktion mit Sprüngen der Größe Eins, d. h., für jede Unstetigkeitsstelle t > 0 gilt \begin{eqnarray}{N}_{t}(\omega )-\mathop{\sup }\limits_{s\lt t}{N}_{s}(\omega )=1.\end{eqnarray}
  • Der Prozeß besitzt unabhängige Zuwächse.
  • Für alle 0 ≤ s < t ist die Verteilung des Zuwachses NtNs eine Poisson-Verteilung mit dem Parameter λ(ts), λ > 0.
  • Man nennt (Nt)t≥0 dann einen Poisson-Prozeß zum Parameter λ oder mit Intensität λ. Gilt zusätzlich P-fast sicher X0 = 0, so heißt der Prozeß normal.

    Zu jedem auf 𝔅(ℤ) definierten Wahrscheinlichkeitsmaß µ und jeder reellen Zahl λ > 0 existiert ein Poisson-Prozeß mit Parameter λ und Anfangsverteilung µ. Das Verhalten der Pfade eines Poisson-Prozesses kann durch die beiden folgenden Aussagen charakterisiert werden: An einer vorgegebenen Stelle t0 > 0 ist der Pfad tNt(ω) für P-fast alle ω ∈ Ω stetig, und für P-fast alle ω ∈ Ω besitzt der Pfad tNt(ω) unendlich viele Unstetigkeitsstellen. Ist (Xn)n∈ℕ eine auf (Ω, 𝔄, P) definierte Folge unabhängiger identisch mit Parameter λ exponentialverteilter Zufallsvariablen, und setzt man \({S}_{n}=\displaystyle {\sum }_{i=1}^{n}{X}_{i}\) für n ∈ ℕ sowie S0 = 0, so liefert die Definition \begin{eqnarray}{N}_{t}=\max \{n\in {\rm{{\mathbb{N}}}}:{S}_{n}\le t\}\end{eqnarray} für alle t ≥ 0 einen normalen Poisson-Prozeß (Nt)t≥0 mit Intensität λ. Umgekehrt erhält man aus einem normalen Poisson-Prozeß (Nt)t≥0 mit Parameter λ durch die Definitionen \begin{eqnarray}{S}_{n}=\inf \{t\ge 0:{N}_{t}\ge n\}\end{eqnarray} für alle n ∈ ℕ0 und Xn = SnSn−1 für alle n ∈ ℕ eine derartige Folge (Xn)n∈ℕ. In beiden Fällen können die Realisierungen der Xn als Zeitpunkte interpretiert werden, zu denen das n-te aus einer Folge von Ereignissen, etwa Emissionen radioaktiver Teilchen, eintritt, und die Realisierungen der Sn als die Zeit zwischen dem Eintreten zweier aufeinanderfolgender Ereignisse.

    Bemerkenswert ist noch, daß (Nt)t≥0 schon dann ein Poisson-Prozeß ist, wenn er die Bedingungen (i) und (ii) erfüllt, und (iii) durch die Forderung ersetzt wird, daß der Prozeß stationäre Zuwächse besitzt. Der Poisson-Prozeß ist darüber hinaus ein Beispiel für eine zeitlich homogene Markow-Kette mit stetiger Zeit.

    Gelegentlich werden Poisson-Prozesse auch als einer Filtration (𝔄t)t≥0 in 𝔄 adaptierte Prozesse definiert, die die Bedingungen (i) und (iii) erfüllen und statt (ii) (𝔄t)-unabhängige Zuwächse besitzen.

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    • Die Autoren
    - Prof. Dr. Guido Walz

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