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Editorial



Bisweilen veröffentlichen wir in Spektrum Geschichten, die Sie einladen, den wissenschaftlichen Fortschritt bei einem Sprung nach vorne mitzuerleben. Unsere Titelgeschichte über die "Jagd auf Gravitationswellen" ist, denke ich, solch ein spannendes Thema. Es befasst sich mit einem Projekt, das die Forschergemeinde im Grund schon seit dem Jahre 1916 beschäftigt. Damals sprach Albert Einstein erstmals über Gravitationswellen. Über die Aussichten, sie auch beobachten zu können, machte er sich jedoch keine Illusionen.

Seither hat die Astronomie unser Weltbild mit den aufregendsten Beobachtungen bereichert. Die Gravitationswellen allerdings ließen sich bis heute nicht nachweisen – sie sind einfach, wie der Erfinder der Relativitätstheorie realistisch gesehen hatte, viel zu schwach. Doch die Chance, ein neues Fenster zum Kosmos zu öffnen, also mit diesem exotischen Wellentyp kosmische Prozesse zu beobachten, wollten sich die Astronomen nicht entgehen lassen – und forschten jahrzehntelang, den schwer fassbaren Wellen auf die Schliche zu kommen.

Die Zeit, ihre Mühen belohnt zu sehen, mag nicht mehr fern liegen. Modernste Materialien, neue optische Technologien und Computertricks aller Arten werden es vermutlich Ende des nächsten Jahres möglich machen: Weltweit sollen dann kilometergroße Antennen Signale von kosmischen Katastrophen einfangen.

Weil Gravitationswellen so schwach sind, blieb nach den vergeblichen Versuchen des amerikanischen Physikers Joseph Weber mit tonnenschweren Aluminiumzylindern nur eine Methode übrig: die Interferometrie. (Weber verstarb am 30. September dieses Jahres im Alter von 81 Jahren.) Als ich in den siebziger Jahren am Max-Planck-Institut für Physik und Astrophysik in Garching bei München arbeitete, testeten meine Institutskollegen gerade die ersten, drei Meter langen Prototypen, eine 30-Meter-Version folgte 1983. Die Empfindlichkeit war damals wie heute ein Problem, ebenso die Unterdrückung von Störquellen. Denn neben den Lkws der nahen Autobahn registrierten die Messanlagen noch Wellen, die an die Mittelmeerküsten schlugen.

Um solche und andere irdische Quellen auszuschließen, sollen alle diese Antennen so bald wie möglich auch im Verbund ("in Koinzidenz") messen: der eher kleinere Detektor "Geo 600" bei Hannover zusammen mit den Geräten in den USA, Italien, Japan und schließlich auch Instrumenten im Weltraum. Die Physiker haben sich zweifellos ein hohes Ziel gesteckt. Der Preis, der ihnen winkt, verlockt jedoch: Denn keine andere Strahlung lässt sie so tief ins Innere kosmischer Prozesse blicken.

Aus: Spektrum der Wissenschaft 12 / 2000, Seite 3
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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