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Arbeiterfamilien: Studentinnen haben mehr Selbstzweifel

Arbeiterkind und weiblich: Das trifft auf ungefähr jede vierte Person zu, die an einer westlichen Universität studiert. Dieser »doppelte Nachteil« schlägt sich in der Selbsteinschätzung nieder.
Studenten absolvieren Test
Studierende aus Arbeiterfamilien halten sich grundsätzlich für weniger begabt als ihre Kommilitonen aus Akademikerhaushalten. Allerdings sind Frauen darüber hinaus von Geschlechtervorurteilen betroffen (Symboldbild).

Bereits 2023 hat ein Team um Christina Bauer und Veronika Job von der Universität Wien festgestellt, dass Arbeiterkinder sich als weniger begabt einschätzen als ihre Mitschüler. Allerdings sind Frauen darüber hinaus von Geschlechtervorurteilen betroffen, wie es in seiner aktuellen Studie herausgefunden hat: »Während ein Mann mit sehr guten Noten eher als Genie beurteilt wird, sieht man Frauen mit gleichen Leistungen zum Beispiel eher als fleißig an«, erklärt Bauer.

Wie beeinflusst die Kombination beider Faktoren die Selbsteinschätzung? Dieser Frage gingen die Sozialpsychologinnen nun nach – schließlich machen Frauen aus Familien ohne Hochschulerfahrung rund ein Viertel der Studierendenschaft an westlichen Universitäten aus. In einer ersten Studie beurteilten 1200 deutsche Studentinnen und Studenten die eigene geistige Begabung. Sowohl das Geschlecht als auch die soziale Herkunft hatten einen signifikanten Einfluss auf die Selbsteinschätzung. Im Vergleich zu Männern ohne studierte Eltern oder Befragten aus einem Akademikerhaushalt gaben Frauen aus Arbeiterfamilien den geringsten Wert an. Statistisch betrachtet waren die beiden Effekte unabhängig voneinander, was darauf hindeutet, dass es sich um einen »doppelten Nachteil« handelt.

Mit welchen Konsequenzen? Das untersuchten Bauer und Job in einer zweiten Studie. Diesmal rekrutierten sie 390 Hochschulabsolventen aus den USA über Facebook und erweiterten die Aufgabenstellung: Unter anderem konnten die Teilnehmenden den Schwierigkeitsgrad einer »akademischen Challenge« frei wählen – laut den Forscherinnen ein Maß dafür, wie sich das Selbstbild auf das Studium auswirkt. Höchstens jede dritte Versuchsperson begnügte sich mit einer leichten Aufgabe, außer unter den Frauen aus Arbeiterfamilien: In dieser Gruppe tat das jede zweite. Bauer und Job empfehlen, Programme an deutschen Hochschulen zu entwickeln, die die doppelt benachteiligte Gruppe gezielt anspricht. Zudem raten sie, die Bedeutung von Fleiß als Erfolgsfaktor hervorzuheben.

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