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News: Die 'Killerviren' kommen

Es klingt nach Stoff für den nächsten James-Bond-Film: Australische Wissenschaftler haben zufällig ein Virus geschaffen, das alle seine Opfer tötet, indem es Teile des Immunsystems ausschaltet. Außerdem ist es so aggressiv, dass Impfungen fast wirkungslos bleiben. Das Virus - es handelt sich um eine modifizierte Form der Mäusepocken - ist für Menschen völlig harmlos. Aber da es sehr eng mit dem Pockenvirus verwandt ist, besteht die Furcht, dass demnächst gentechnisch veränderte Krankheitserreger von gewissenlosen Terroristen eingesetzt werden könnten.
Millionen und Abermillionen Mäuse in aller Welt fressen jedes Jahr riesige Getreidemengen, verschmutzen Lagerhallen, Silos und Transportschiffe mit ihrem Kot und übertragen Krankheiten auf den Menschen. Konventionelle Gifte schaffen nur begrenzt Abhilfe und haben zudem den Nachteil, dass sie oft Haustiere wie Hunde und Katzen töten. Raubtiere und Greifvögel, die sich von Mäusen ernähren, werden ebenfalls durch vergiftete Nager geschädigt.

In Australien experimentiert man seit einiger Zeit mit verschiedenen Viren, die Nagetiere unfruchtbar machen sollen. Ron Jackson vom Forschungsinstitut CSIRO und Ian Ramshaw von der Australian National University planten, einen empfängnisverhütenden Impfstoff für Mäuse zu entwickeln. Dieser Stoff sollte eine Immunreaktion der Maus gegenüber befruchteten Eizellen hervorrufen und so dafür sorgen, dass sie abgestoßen werden. Zu diesem Zweck fügten die Wissenschaftler ein Gen, welches große Mengen an Interleukin-4 (IL-4) produziert, in das Mäusepocken-Virus ein. Das immunregulierende Protein Interleukin-4 kommt natürlicherweise im Körper vor und spielt eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von T-Zellen. Das Mäusepocken-Virus selbst stellt nur das Vehikel dar, mit dem Proteine der Mäuse-Eizellen in die Tiere transportiert werden. Diese Eizellproteine lösen die Reaktion der Antikörper aus und das Interleukin-4 steigert die Produktion dieser Immunzellen. Zu ihrer Überraschung stellten die Wissenschaftler aber fest, dass Teile des Immunsystems komplett unterdrückt wurden (Journal of Virology vom Februar 2001, Abstract).

Während Mäusepocken normalerweise nur schwache Symptome bei den Nagern hervorruft, starben alle Tiere, die mit dem neuen Virus infiziert wurden, innerhalb von neun Tagen. Und selbst bei Mäusen, die gegen Mäusepocken geimpft waren, lag die Sterberate noch bei 50 Prozent der Tiere.

Das Mäusepocken-Virus stellt für den Menschen keinerlei Gefahr dar. Aber die Wissenschaftler machen sich Sorgen, dass diese Methode zur Entwicklung von biologischen Kriegswaffen eingesetzt werden könnte. "Wir wollen die Öffentlichkeit warnen, dass diese hochgradig gefährliche Technik verfügbar ist", sagt Ron Jackson. "Und wir möchten anderen Wissenschaftlern klarmachen, dass sie sehr vorsichtig sein sollen. Denn die Schaffung von wirklich bedrohlichen Organismen ist nicht besonders schwer."

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