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News: Drei Stück Zucker, bitte!

Manche Menschen mögen es süß. Sie schaufeln den Zucker löffelweise in ihren Kaffee, könnten ohne Schokolade gar nicht leben und ziehen ein süßes Stückchen jedem Käse- oder Leberwurstbrot vor. Schuld daran sind mal wieder die Gene. Diesmal das Gen für einen Zuckerrezeptor, der in einigen Geschmacksknospen auf der Zunge sitzt und bei Kontakt mit dem zuckrigen Stoff sofort erregte Signale ans Gehirn sendet. Die Entdeckung des süßen Gens soll die Entwicklung neuer Süßstoffe vorantreiben, die mehr nach Zucker schmecken und den Konsumenten somit leichter hinters Licht führen.
Süß, sauer, bitter, salzig: Normalerweise entgeht keine der vier Geschmacksrichtungen unseren vielen Sensoren auf der Zunge. So wird jede Nahrungsaufnahme zu einem kulinarischen Gaumenschmaus, oder einer großen Pleite, je nachdem. Aber die Entwicklung des Geschmacks macht auch aus Sicht der Evolution Sinn. Süße Früchtchen enthalten mehr Zucker und somit Energie, während bittere Pflanzen oft giftig sind. Um sich halbwegs ungefährdet durch das unbekannte Nahrungsangebot zu essen, waren die Geschmacksrichtungen sicher sehr sinnvoll. Und heute schlecht für die Zähne.

Was passiert, wenn wir genussvoll in ein Stück Schokolade beißen und der Zucker auf der Zunge schmilzt? Diese Frage interessierte gleich zwei voneinander unabhängige Forschungsgruppen, die sich alle auf die Suche nach dem süßen Geheimnis machten und es auch lüfteten. Sie fischten im menschlichen Genom nach dem entsprechenden Gen: T1r3. Dieses Gen kodiert für einen Rezeptor, der in süßen Geschmacksknospen auf die zuckrigen Moleküle lauert. Kommen beide miteinander in Kontakt, startet eine biochemische Kaskade. Der Sensor schickt über Nervenbahnen erregt Signale ans Gehirn, das die Botschaft entsprechend verarbeitet: Zucker ist im Anmarsch.

Fündig wurden die Forscher jedoch nicht durch trübes Fischen im menschlichen Genom. Statt dessen untersuchte ein Team um Marianna Max von der New York University zwei unterschiedliche Mäusestämme, von denen nur der eine mit dem Gen ausgestattet war. Die Tiere, die süßes Wasser dem reinen Nass vorzogen, gaben den Forschern den Hinweis auf T1r3. Daraufhin durchsuchte Jean-Pierre Montmayeur von der Harvard Medical School das menschliche Genom nach einer ähnlichen Gensequenz und konnte schließlich auch in unserer Spezies jenen Rezeptor nachweisen. Wahrscheinlich arbeitet T1r3 mit zwei Mitspielern, T1r1 und T1r2, zusammen, die bereits 1999 entdeckt wurden. Die Position von T1r3 im Genom lässt die Forscher aber vermuten, dass es eine Vormachtstellung gegenüber den beiden anderen einnimmt und dass der "Schlüsselrezeptor" die Wahrnehmung der Süße kontrolliert. Die An- beziehungsweise Abwesenheit einer Zuckerkette im Rezeptor scheint die Sensibilität und Vorliebe für Süßes im Leben zu bestimmen.

Doch nicht nur die pure Existenz des Rezeptors beeinflusst den persönlichen Geschmack. Manche Menschen besitzen eine reichere Ausstattung an Geschmacksknospen auf der Zunge als andere. Und reagieren somit auch sensibler auf nur geringe Mengen süßer oder bitterer Substanzen. Nun wollen Chemiker diese Informationen nutzen, um eine neue Generation von Süßstoffen zu entwickeln, die unserer Zunge täuschend echt vorkommen. Aber nicht so schlecht sind für die Zähne.

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  • Quellen
Nature Genetics 28:58–63 (2001)
Nature Neuroscience 4(5): 492–498 (2001)

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