Direkt zum Inhalt

Gefühlsregulation: Feedback von Freunden funktioniert anders

Ab einem bestimmten Alter orientieren sich Heranwachsende lieber an ihresgleichen als an ihren Eltern. Das hilft ihnen oft auch, eine gute Gefühlskontrolle zu entwickeln.
Zwei junge Frauen spenden einander Trost. Die Frau links trägt eine schwarze Lederjacke und hat rot getönte Haare, die Frau rechts trägt einen rosa gefärbten Pullover, blaue Jeans und hat dunkle Locken. Beide sitzen auf einer Bank.
Heranwachsende teilen ihre Gefühle häufig lieber mit Gleichaltrigen als mit ihren Eltern. Das hat Vorteile für ihre Gefühlsregulation. (Symbolbild)

Heranwachsende müssen lernen, mit ihren Gefühlen umzugehen und diese auf angemessene Weise auszudrücken. Gelingt ihnen das nicht, kann sich ihr Risiko für psychische Probleme erhöhen. Emotionsregulation lernen Kinder und Jugendliche dabei nicht allein von den Eltern. Ihre Freunde spielen ebenfalls eine wichtige Rolle, wie australische Psychologinnen in einer neuen Studie entdeckten.

Das Team um Madison Delios von der Australian Catholic University in Melbourne fasste dafür acht zuvor publizierte Untersuchungen zusammen. Es ging um die Frage, wie die Reaktionen von Gleichaltrigen auf die Gefühlsäußerungen von Jugendlichen deren weitere Entwicklung beeinflussen. Die Teilnehmenden waren zwischen 10 und 18 Jahre alt. In dieser Lebensphase sind nicht nur heftige Gefühlsausbrüche an der Tagesordnung; es ist auch eine Zeit, in der Freundschaften besonders starken Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung haben.

Ein Ergebnis der Analyse war, dass offenbar bloß die engsten Freunde langfristig die Entwicklung der Emotionsregulation beeinflussen. Wie der weitere Freundeskreis sich verhält, wenn jemand starke Gefühle äußert, spielt eine untergeordnete Rolle. Den günstigsten Einfluss auf die Emotionsregulation hatte unterstützendes Verhalten: etwa trösten, einfühlsam sein und die eigene Perspektive teilen.

Erstaunlicherweise half es vielen Jugendlichen nach eigener Auskunft jedoch ebenso, wenn ihre Freunde negative Gefühle übergingen, überspielten oder davon ablenkten. Vor allem bei Wut schien diese Strategie günstig zu sein, weniger bei Traurigkeit und anderen negativen Emotionen. Die Forschenden führen das darauf zurück, dass Jugendliche, die ihre Wut offen zeigen, eher auf Ablehnung stoßen.

Gemischt waren die Ergebnisse für die »Augmentation« negativer Gefühle. Dabei spiegeln Freunde Gefühle wie Wut oder Traurigkeit und verstärken sie dadurch. Einerseits fühlen sich Jugendliche auf diese Weise besser verstanden, andererseits kann dieses Feedback weiteres »Problemwälzen« fördern. Sogar eine »Bestrafung« für die Gefühlsäußerung – sich darüber lustig machen oder sich zurückziehen – konnte laut einigen Studien die Gefühlsregulation langfristig verbessern. Auch das galt vor allem bei Wut.

Bemerkenswert fanden Delios und Kolleginnen, dass es Formen von Feedback gibt, die bei Eltern als Erziehungsfehler gelten, die sich aber positiv auswirkten, wenn sie von engen Freunden kamen – etwa negative Gefühle zu ignorieren oder zu verstärken. Diese Erkenntnis könne helfen, Interventionen zu entwickeln, die Jugendliche beim Erlernen von Strategien zur Gefühlsregulation unterstützen.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Quellen
Mental Health & Prevention 10.1016/j.mhp.2023.200299, 2023

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.