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News: Lebensfreundliche Hitze-Fallen

In "nur" etwa 500 Millionen Jahren entstanden aus organischen Molekülen die ersten einzelligen Lebewesen. Doch wie fanden die Bausteine des Lebens eigentlich zueinander?
Hitze-Falle
Der Ursprung des Lebens ist und bleibt geheimnisvoll. Vor allem der evolutionäre Sprung von einfachen organischen Molekülen zu selbstorganisierenden Einzellern bereitet den Forschern einiges Kopfzerbrechen. Denn um die notwendigen Prozesse in Gang zu setzen, muss sich eine recht hohe Konzentration an Reaktionspartnern zusammengefunden haben.

Doch wie kamen die im Wasser treibenden Urbestandteile des Lebens zueinander? Sorgten verdampfende Tümpel oder oberflächenaktive Minerale für die notwendige Anreicherung? Dieter Braun und Albert Libchaber von der Rockefeller University in New York schlagen einen ganz neuen Mechanismus vor: Wärme.

Auf diese Idee kamen Braun und sein Kollege, als sie Wasser mit darin enthaltener DNA lokal erhitzten. Dazu brachten sie kleine, mit einer fluoreszierenden Farbe präparierte DNA-Stränge von der Größe eines Plasmids in einer 25 Mikrometer dicken wasserhaltigen Kammer unter und erhöhten die Temperatur in der Mitte mit Hilfe eines Infrarot-Lasers um etwa zwei Grad Celsius. Wie erwartet, bewegten sich die Moleküle von der heißen Stelle weg - ein Effekt, der als thermale Diffusion bekannt ist.

Doch als die Forscher eine doppelt so dicke Kammer mit kühlenden Glasabdeckungen verwendeten und die Temperatur auf bis zu 80 Grad Celsius erhöhten, erlebten sie eine echte Überraschung: Zunächst drifteten die organischen Moleküle schnell von der heißen Mitte weg. Doch dann kehrten sie nach einigen Sekunden um und lagerten sich in einem konzentrischen Ring am Boden der Zelle ab. Was war passiert?

In der größeren Kammer konnte die Flüssigkeit zirkulieren: Erhitztes, vergleichsweise leichtes Wasser stieg dabei nach oben, kühlte sich an der Decke wieder ab und sank dann an den Seiten der Kammer wieder zu Boden, wo es sich aufgrund des ständigen Nachschubs wieder in Richtung Mitte bewegte. In einem Ring um die heiße Stelle entstand schließlich ein Gleichgewicht zwischen der Wärmezirkulation oder Konvektion und der thermischen Diffusion – und dort lagerten sich die DNA-Stränge folglich ab, und zwar in 60fach erhöhter Konzentration.

Aber was passierte eigentlich mit den organischen Molekülen bei dieser gefährlich hohen Temperatur? Die beruhigende Antwort der Forscher: Gar nichts. Da die Moleküle sich schon innerhalb einer Minute am kühlenden Boden der Kammer ablagerten, überschritten sie nie eine Temperatur von 42 Grad Celsius und blieben nachweislich unbeschädigt.

Braun und seinem Kollegen stellten außerdem fest, dass eine 500 Mikrometer dicke Kammer, die sie direkt punktförmig am Boden erhitzten, sich noch viel besser zum Fangen organischer Moleküle eignete. Hier lagerte sich die DNA nach drei Minuten in einem mikroskopisch kleinen Bereich von 20 Mikrometer Durchmesser sogar mit bis zu 2500facher Konzentration ab. Und das Schöne an der Sache: Je komplexer, also je länger die DNA-Stränge waren, desto besser funktionierte die Kammer. Nur mit Salz vertrug sich die Hitze-Falle gar nicht. Schon eine Konzentration von 500 Millimol pro Liter NaCl – wie sie auch im heutigen Meerwasser herrscht – und 20 Millimol pro Liter MgCl2 unterdrückte die thermische Diffusion.

Dennoch glauben die Forscher, dass heiße poröse Steine im Ur-Ozean dem Leben gehörig eingeheizt haben könnten, gibt es doch viele Theorien, die auf einen sehr niedrigen Salzgehalt in den Ur-Meeren hindeuten. Und Hitze-Fallen in Gesteinen, so die Überlegung der Forscher, hätten ideale Bedingungen geliefert: Hohe Konzentration von organischen Molekülen, insbesondere an langen komplexen Strängen, und ein anregender Wärmefluss, der vielleicht die Entstehung einer frühen Form von Stoffwechsel begünstigt hätte.

Natürlich ist das alles Spekulation, wie mehr oder minder alle Überlegungen über die Entstehung des Lebens, und so schnell wird sich diese Theorie - wenn überhaupt - auch nicht beweisen lassen. Dennoch wird die Hitzefalle die Biologen und Materialforscher noch etwas länger verfolgen. Denn ihre Fähigkeit, organische Moleküle wie DNA-Stränge oder Proteine oder auch 200 Nanometer große Kunststoffkügelchen für Untersuchungen auf kleinstem Raum zu konzentrieren, ist auch für die heutige Forschung sehr nützlich.

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