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News: Ohne Licht durchs All

Neun Zehntel des Universums bestehen aus rätselhafter dunkler Materie. Sie strahlt kein Licht aus und absorbiert es auch nicht. Aus ihr entwickelten sich alle Galaxien, von denen wohl die meisten keinen einzigen Stern hervorbringen und unsichtbar bleiben. Doch wenn so eine dunkle Galaxie mit einem sichtbaren Sternensystem kollidiert, verrät sie sich aufgrund ihrer Gravitation.
Wenngleich die in einer Umlaufbahn befindlichen Observatorien wie Chandra oder Hubble immer tiefer ins All blicken, bleibt ihnen ein Großteil dessen, was in ihrem Blickfeld erscheint, verborgen. 90 Prozent des Weltalls, so vermutet man heute, bestehen aus dunkler Materie - Materie, die sich prinzipiell nur gravitativ bemerkbar macht, ansonsten aber unsichtbar bleibt: Sie leuchtet nicht und absorbiert auch keine Strahlung.

Womöglich sind 99 von 100 Galaxien aus jenem geheimnisvollen Stoff, von dem kaum mehr bekannt ist, als seine bloße Existenz. Das vermuten jedenfalls Neil Trentham, Ole Moller und Enrico Ramirez-Ruiz vom Institute of Astronomy der University of Cambridge. Und jetzt sind sie einer solchen Galaxie offenbar auf die Spur gekommen. Natürlich bleibt sie auch für diese Forscher unsichtbar, sie verrät sich aber nach einer Kollision mit einer anderen Galaxie (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society vom Januar 2001).

Es ist nichts Ungewöhnliches, dass zwei Sternensysteme miteinander kollidieren. Lösen sie sich wieder voneinander, so bleiben sie eine Weile über eine Brücke aus Sternen und Gasen miteinander verbunden. Die beiden sehen dann ganz ähnlich aus, wie zwei benachbarte Hoch- und Tiefdruckgebiete auf einer Wetterkarte. Genau so eine Kollision widerfuhr auch der Galaxis UGC 10214. Allerdings stieß sie, so vermuten Trentham und seine Kollegen, nicht auf ein leuchtendes Sternensystem, sondern auf eine unsichtbare Galaxie aus dunkler Materie.

Prinzipiell könnte es sich bei dem hellen Schweif von UGC 10214 auch um einen Jet oder Materiestrahl hoch ioniserter Gase (Plasma) handeln, die häufig in aktiven Galaxien zu beobachten sind. Doch Trentham meint, diese Spur sei viel zu dick und außerdem seien darin zahlreiche Sterne zu finden. In einem Jet wäre dies unmöglich. Er ist deshalb sicher, dass es sich hierbei um eine typische Verbindung zwischen zwei Galaxien handelt.

Über die Entstehungsweise dieser dunklen Galaxien gibt es nur Theorien. Während sich normale Sternensysteme in der Regel wenige Milliarden Jahre nach dem Urknall bilden, sind diese dunklen Galaxien möglicherweise Nachzügler, welche fünf bis zehn Milliarden Jahre nach dem Beginn von Raum und Zeit entstanden. Galaxien bilden sich normalerweise aus Inhomogenitäten innerhalb der dunklen Materie. Hier konzentrieren sich die interstellaren Gase und werden schließlich zu Sternen. Mit zunehmendem Alter expandiert das Universum, die Gase bewegen sich immer schneller und werden zudem von den Sternen aufgeheizt. Für jene Galaxien, die erst jetzt aus der dunklen Materie hervorgehen, gibt es also schlichtweg nicht mehr genug Gas, um Sterne zu bilden. Sie blieben dunkel, verraten sich aber bei einem intergalaktischen Crash.

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