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News: Ruhelose Bakterien

Bakterien haben die unschöne Angewohnheit, sich in Biofilmen zu organisieren und in dieser engen Gemeinschaft Antibiotika-Angriffe nahezu unbeschadet überstehen zu können. Fehlt jedoch das für die Mikroorganismen lebensnotwendige Metall Eisen, kommen sie nicht zur Ruhe: Sie bewegen sich unaufhörlich auf die Oberfläche, statt sich in Zellgruppen anzusiedeln.
Krankheitsauslösende Bakterien sind eine Plage. Tummeln sich die Mikroorganismen noch einzelgängerisch, können ihnen Antibiotika das Leben zwar noch schwer machen. Organisieren sich die Bakterien aber in größeren Zellverbänden in einem selbstproduzierten Schleim als so genannte Biofilme, genießen sie den Schutz einer engen Gemeinschaft. Und Antibiotika greifen nun kaum noch.

Da bei vielen kritischen menschlichen Erkrankungen bakterielle Biofilme die Organe besiedeln, suchen Mediziner nach immer neuen Wegen, die Bildung der zellulären Gemeinschaften zu verhindern. Fündig wurden Pradeep Singh und seine Kollegen von der University of Iowa nun beim menschlichen Immunsystem, das gegen den permanenten Befall von Bakterien wie Pseudomonas aeruginosa einen natürlichen Abwehrmechanismus entwickelt hat.

Einer der Streiter in der ersten Verteidigungslinie ist die Verbindung Lactoferrin, die in hohen Konzentrationen in Tränen, Flüssigkeitsabsonderungen der Lunge und Muttermilch vorkommt. Der bislang nicht gerade als besonders streitbar geltende Stoff hat auf die Bakterien eine eigentümliche Wirkung: Selbst kleine Mengen der Substanz lassen die Bakterien in Laborversuchen geschäftig auf der Oberfläche umherirren. Zeit, um sich in gefährlichen Biofilmen zu organisieren, bleibt nicht mehr.

Doch wie bringt Lactoferrin die Mikroorganismen zu diesem ungewöhnlichen Verhalten? Es wirkt wie eine Falle, in der es Eisen gefangen hält, das nun für die Bakterien unerreichbar ist. Doch diese können nicht so einfach auf den für sie essenziellen und dabei schwer zu gewinnenden Nährstoff verzichten. Bevor sie daher den sicheren Hafen eines engen Biofilms gründen, machen sie sich doch lieber auf die Suche nach besseren Bedingungen – und eilen durcheinander.

Sollte das im Labor beobachtete Verhalten auch bei Bakterien in ihrer natürlichen Umwelt auftreten, hoffen die Forscher, zukünftig die Gründung von Biofilmen durch Lactoferringabe verhindern zu können. Geholfen wäre damit beispielsweise Patienten mit der Lungenkrankheit Mukoviszidose, der Herzinfektion Endokarditis und Diabetespatienten, die häufig von Wundinfektionen geplagt werden.

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