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Gedächtnis: Strom des Vergessens

Elektrokrampftherapie schwächt Erinnerungen bei depressiven Patienten.
Gleichstromstimulation

Manche Erinnerungen möchten wir am liebsten aus dem Gedächtnis streichen. Leichte Elektroschocks können dabei helfen: Wie ein internationales Forscherteam herausfand, schwächen milde Stromstöße das Gedächtnis depressiver Patienten für kurz zuvor erinnerte Geschichten.

Die Forscher um Marijn Kroes von der Radboud-Universität in Nimwegen präsentierten 42 Depressiven zunächst zwei Bilderserien. Dazu hörten die Probanden jeweils eine Angst einflößende oder eine traurige Geschichte. Eine Woche später zeigten ihnen die Forscher das erste Bild aus einer der Serien erneut und stellten eine Reihe von Fragen. So reaktivierten sie die Erinnerung der Probanden.

Anschließend wurden einige per Elektrokrampftherapie (EKT) behandelt: Unter Vollnarkose erhielten sie kurze Elektroschocks an der Schädeloberfläche. Diese Therapiemethode hilft häufig schwer Depressiven, die nicht auf Medikamente ansprechen. Die Stromstöße stimulieren offenbar die Neubildung von Nervenzellen und die Ausschüttung verschiedener Neurotransmitter.

Am folgenden Tag konnten sich die Probanden deutlich schlechter an diejenige Erzählung erinnern, die vor den Elektroschocks aufgefrischt worden war. 90 Minuten nach der Behandlung hatte ihr Gedächtnis dagegen noch keine Einschränkungen gezeigt. Patienten ohne Elektrokrampftherapie erinnerten sich erwartungsgemäß besser an die reaktivierte Geschichte.

Das Auffrischen einer Erinnerung stärkt diese normalerweise, macht sie gleichzeitig aber auch anfällig für Störungen – zum Beispiel durch Elektroschocks. Laut der Forscher offenbart sich die resultierende Erinnerungsschwäche jedoch erst verzögert, weil das Festigen der Gedächtnisspur Zeit braucht.

Vermutlich schwächt die Elektrokrampftherapie aber auch positive oder neutrale Rückblicke. Wie lange der Effekt anhält, ist noch unklar.

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