Direkt zum Inhalt

Stubentiger: Wie Katzen ihr Fellmuster kriegen

Ein Gen namens »Dickkopf 4« erzeugt die Streifen im Katzenfell. Sie entstehen schon lange, bevor sich die ersten Haarfollikel bilden.
Zwei Babykatzen liegen in einem Korb und gucken erwartungsvoll in die Kamera.

Die verschiedenfarbigen Fellmuster getigerter Katzen entstehen schon beim frühen Embryo, lange bevor sich die Haarfollikel bilden. Dabei bilden sich verdickte und dünnere Zonen auf der Haut des Embryos, die den späteren dunkleren und helleren Bereichen entsprechen, berichtet eine Arbeitsgruppe um Gregory S. Barsh von der Stanford University. Wie das Team in »Nature Communications« schreibt, identifizierte es als zentralen Faktor dieser Musterbildung das Gen »Dickkopf 4« (DKK4), das ein Signalmolekül codiert. In seiner Studie nutzte es Katzenembryos, die in Tierkliniken beim Kastrieren von verwilderten Katzen anfallen. An diesen untersuchten die Forscher die Struktur der Haut sowie die Aktivität verschiedener Gene in verschiedenen Stufen der Entwicklung. Dabei stieß das Team auf eine Mutation von DKK4, die dafür sorgt, dass eine eigentlich getigerte Katze ihr Fellmuster verliert und einfarbig erscheint. Die Studie erhellt einen weiteren Aspekt der bis heute rätselhaften Bildung von Fellmustern bei Säugetieren.

Die Haarfollikel bei Säugetieren entstehen aus identischen Zellen der Hautschicht des Embryos. Doch um die verschiedenen Muster der getigerten Katzen zu erzeugen, müssen die entstehenden Haare je nach Region unterschiedliche Farben haben. Fachleute vermuten, dass dahinter chemische Rückkopplungsschleifen stecken, die bestimmte Signale je nach ihrer unmittelbaren Umgebung entweder stark ausprägen oder völlig unterdrücken. Den grundsätzlichen Mechanismus beschrieb bereits 1952 der britische Mathematiker Alan Turing – wie der Prozess aber in der Realität abläuft und gesteuert wird, ist nur teilweise geklärt.

Bei getigerten Katzen mit ihren hellen und dunklen Streifen sind einige Details dieses Musterbildungsprozesses bekannt. Eines davon machte sich das Team um Barsh zu Nutze. So ist bekannt, dass die ursprünglichen Tigerstreifen zu einem marmorkuchenähnlichen Muster werden, wenn das Gen für das Protein Transmembran-Aminopeptidase Q (Taqpep) defekt ist. Anhand dieser Besonderheit zeigte das Team, dass die verdickten Bereiche in der Haut der Katzenembryos tatsächlich den späteren dunklen Tigerstreifen entsprechen. Mit weiteren Genanalysen demonstrierte es dann, dass die Aktivität von DKK4 dieses Streifenmuster schon vor der Entstehung der dicken und dünnen Zonen anlegt.

Das Gen »Dickkopf 4« – anders als der Name nahelegt, wurde diese Genfamilie nicht bei Katzen, sondern bei Krallenfröschen entdeckt – steht demnach ganz am Anfang der Streifenbildung getigerter Katzen. Es codiert ein Protein, das in die Signalwege von Zellen eingreift. Im weiteren Verlauf der Streifenentwicklung verlagert sich die Bildung des DKK4-Proteins immer mehr auf einzelne Zellen der Streifenregion – bis es nur noch in jenen Zellen auftaucht, die später dunkle Haare bilden. Einen weiteren Hinweis auf die Bedeutung von »Dickkopf 4« entdeckte die Arbeitsgruppe in einer Mutation dieses Gens. Ist es nämlich durch eine Veränderung unbrauchbar, ist die Katze nicht getigert, sondern »getickt«. Solche Katzen haben zwar die Gesichtsmarken getigerter Katzen, jedoch kein Fellmuster. Bei ihnen erscheint das Fell lediglich an einigen Stellen heller oder dunkler, weil die individuellen Haare gestreift sind.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.