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Pflanzenbiophysik: Verdrehte Gurkenranken

Spiralförmige Ranken der Gurkenpflanze

Zart anmutende Ranken fixieren den Spross der Gurkenpflanze an allem, was als Stütze herhält. Sie ertasten einen stabilen Anhaltspunkt, umschlingen ihn mit der Spitze und ziehen den Spross nach, indem sie sich spiralförmig zusammenziehen – trotz der Last, die an ihnen hängt.

Spiralförmige Ranke der Gurkenpflanze | Hat die Ranke der Gurkenpflanze Halt gefunden, so staucht eine asymmetrisch kontraktierende, verhärtete Zellfaser in ihrem Innern (hier extrahiert) sie zur Spirale zusammen.

Forscher von der Harvard University in Cambridge um Sharon Gerbode haben nun herausgefunden, dass es sich bei der Spiralbildung aber gar nicht um einen aktiven Kraftakt handelt, sondern vielmehr um eine passive Kontraktion: Sobald die Ranke an etwas Halt gefunden hat, verhärten ein bis zwei Zellschichten zu einem verholzten Faserstrang, der die Ranke vom Ansatz bis zur Spitze durchzieht. Die Kontraktion entsteht schließlich dadurch, dass die lignifizierten Zellen Wasser an ihre Nachbarzellen abgeben. Allerdings nur in eine Richtung: Mikroskopische Aufnahmen von Gefäßschnitten zeigen, dass die Verholzung auf einer Seite der Zellen stärker ist. Durch den asymmetrischen Wasserverlust schrumpft die Zelle einseitig. Die Faser wölbt sich – und mit ihr die Ranke. Da das Ende der Ranke bereits am stützenden Etwas fixiert ist, nimmt die Spannung zu, und schließlich dreht sie sich zu einer Helix ein.

Als die Forscher die Elastizität sowohl der Gurkenranken von Cucumis sativus und Echinocystis lobata als auch eines Modells aus Silikonbändern testeten, waren sie überrascht. Sie hatten alle drei Helices mit fixierten Enden auseinandergedreht, doch nur die Silikonbänder entkringelten sich erwartungsgemäß. Die Gurkenranken dagegen drehten sich immer stärker ein. Erst nach sehr starkem Ziehen verlor auch die Gurkenhelix ihre Form.

Nachdem sie die Silikonbänder um eine Fixierung ergänzt hatten, die der lignifizierten Faser in den Gurkenranken entspricht, konnten die Forscher mit ihrem Modell die Ursache dieser "Überdrehung" demonstrieren: Sobald die Ligninfaser ausgetrocknet ist, fixiert sich der Krümmungsgrad ihrer Windungen. Wird sie auseinandergezogen, ohne dass sich ihre Enden mitdrehen dürfen, kann sie der Dehnung nur nachgeben, indem sie sich der Krümmung entsprechend weiter aufdreht. Da Lignin aber nicht so hart ist wie zum Beispiel eine Metallfeder, gibt die Spirale bei zu starker Dehnung schließlich doch nach und verliert ihrer Form.

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