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News: Völkerwanderung bei Schmetterlingen

Manche Menschen halten die globale Erwärmung für einen Mythos - Schmetterlinge scheinen es jedoch besser zu wissen. Ein Vergleich der Fundorte europäischer Schmetterlinge zeigt, daß viele Arten ihr Verbreitungsgebiet in diesem Jahrhundert nach Norden ausgedehnt haben. Ein Teil der Spezies hat dabei seinen Lebensraum im Süden aufgegeben.
Vor drei Jahren entdeckte die Ökologin Camille Parmesan vom National Center for Ecological Analysis and Synthesis in Santa Barbara, Kalifornien, daß eine amerikanische Schmetterlingsart, Edith's checkerspot, ihren Lebensraum in Nordamerika in höhere Breitengrade zu verlagern scheint. In dem Maße, wie die Schmetterlinge neue Kolonien an der nördlichen Grenze ihres Verbreitungsgebietes gründeten, verschwanden sie im Süden. Um dieses Phänomen in einem größeren Maßstab untersuchen zu können, ging Parmesan nach Europa. "Wir haben entschieden mehr historische Daten vorliegen", sagt ihr Mitarbeiter Brian Huntley von der University of Durham in Großbritannien. In einem Artikel in Nature vom 10. Juni 1999 berichten sie nun, daß viele Schmetterlingsarten im Laufe dieses Jahrhunderts nach Norden gewandert sind.

Zusammen mit einem Dutzend Kollegen aus Europa arbeitete sich Parmesan durch ungefähr 250 Schmetterlingssammlungen von Museen und Liebhabern sowohl aus nord- als auch südeuropäischen Ländern. Anhand der Daten und Fundorte von 35 unterschiedlichen Spezies fertigte sie Karten an, aus denen die Verbreitungsgebiete in aufeinanderfolgenden Jahrzehnten hervorgehen. Sie entdeckte, daß im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts elf Arten an Ort und Stelle blieben, zwei nach Süden, die große Mehrzahl von 22 Spezies jedoch nach Norden gewandert waren. Der Trend "zeigte sich ganz eindeutig", sagt Huntley. Die Verbreitungsgrenzen verschoben sich dabei um 35 bis zu 240 Kilometer. Bei einigen Arten sind die neuen Nordgrenzen fast deckungsgleich mit den aufgrund der Klimaerwärmung gut hundert Kilometer nach Norden verlagerten Isothermen.

Die Daten deuten an, daß die bescheidene Erwärmung in Europa im letzten Jahrhundert – weniger als ein Grad Celsius – einen erheblichen ökologischen Einfluß hatte. Huntley weist darauf hin, daß Schmetterlinge sozusagen vor Klimaveränderungen davonlaufen können, weil sie als Reaktion auf regionale Wetterveränderungen rasch neue Kolonien gründen können. Schnecken und Käfer sind jedoch nicht so mobil, und daher ist die Gefahr größer, daß sie Opfer dieser Veränderungen werden, sagt er.

Die Ergebnisse zeigen auch die wichtige Rolle von Museen und Hobby-Wissenschaftlern, denn ohne die Daten der Schmetterlingssammler hätte die Studie niemals durchgeführt werden können. Zwar sehen viele molekularbiologisch orientierte Wissenschaftler deren Arbeit als veraltet an, für solche Fragestellungen sind ihre Kenntnisse jedoch ungeheuer wichtig.

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