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Kommentare - - Seite 92

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • Zweierlei Brei

    21.10.2021, Paul S
    Mir scheint, wir haben hier ein Definitionsproblem: Mit dem Begriff „Bewusstsein“ bezeichnen wir verschiedene Dinge. Einerseits steht es für die Eigenschaft, die, subjektiv zumindest, das Sein vom Nichtsein unterscheidet. In diesem Sinne kann es nur in Verbindung mit einem Inhalt existieren, Bewusstsein ohne Inhalt, ohne etwas, das ist, erlebt wird, ist von Bewusstlosigkeit nicht zu unterscheiden. Diese Eigenschaft studieren Sie am besten in dem kurzen Augenblick zwischen Tiefschlaf und Aufwachen, wenn Sie merken, dass da etwas ist, aber noch nicht wissen, was – es gibt weder Sie noch ein Universum, ist auch schwer, das Wort „Gefühl“ für diesen Bewusstseinsinhalt zu gebrauchen, da ist einfach etwas, das kein Nichtsein ist und erst nach und nach mit der Welt gefüllt wird.

    Andererseits werden damit bereits die Inhalte des Bewusstseins bezeichnet, die von ihm wahrgenommene Realität. Und weil es so viele Möglichkeiten und Kombinationen gibt, kann sich da jeder Interessierte nach Lust und Laune austoben. Dann gerät man aber schnell in semantische Notlagen, zum Beispiel stolpert man über Argumente, wie: Das Tier registriere die Welt, hätte aber kein Bewusstsein, weil es sich nicht selber wahrnähme oder hinterfragte (anscheinend streifen reichlich Werwölfe durch die Philosophie, die das Tiersein jeden Vollmond aus eigener Erfahrung kennenlernen). Ja, was hat es dann, Zwiebelmett? Ohne Bewusstsein (Typ1) könnte es die Welt gar nicht registrieren, über sein Bewusstsein (Typ2) kann der Mensch nur Schlussfolgerungen aus dem Tier in sich ziehen. Und wenn ich mich da durchlese, scheint es mir, dass da das Tier die Schlussfolgerungen zieht, weil es in seiner Natur liegt, sich für auserwählt und überlegen zu halten.

    Um Bewusstsein zu studieren, gibt’s theoretische Konzepte, wie den philosophischen Zombie – man kann sich ja ein Wesen vorstellen, das eine leblose Puppe ohne Bewusstsein ist, doch so verschaltet, dass sie genauso handelt und Gefühle äußert, wie ein Mensch. Problem dabei: Machen Sie mal – stellen Sie es sich vor. Geht nicht, oder? Eine solche Puppe wäre ohne Puppenspieler nicht denkbar, der die Fäden zieht, ohne Beobachter, der sie von Außen wahrnimmt, und solch eine Puppe mit integriertem Puppenspieler und Beobachter sind Sie selber. Wenn im Wald ein Baum umfällt und keiner es mitkriegt, ist er dann wirklich umgefallen? Um das zu untersuchen, entferne ich alles, was den Baum eventuell wahrnehmen könnte, inklusive Wald und Baum – klappt auch nicht. Ich find's sehr interessant, dass wir über Dinge nachdenken und Konzepte entwickeln können, die in der Wirklichkeit unmöglich sind, aber das ist ein Thema für sich.

    Hier hilft einem die Realität gern auf die Sprünge. Die meisten Dinge auf der Welt sind dazu da, genau das zu tun, was sie auch ständig tun; dass das Bewusstsein eine Funktion hat und welche das ist, ergibt sich aus der Beobachtung. Ohne Bewusstsein sind Sie nicht handlungsfähig – Sie existieren nicht, Ihr Körper ist nur ein Klumpen Materie, er bewegt sich nicht, er wird bewegt. Man könnte Sie anzünden, Ihr Fleisch reagiert, ein paar Muskeln zucken, doch Sie existieren nicht und erfahren von all dem erst, wenn Ihr Bewusstsein wieder online geht. Bewusstsein ist ein Ermöglicher, völlig neutral, passiv, teilnahmslos gegenüber seinen Inhalten, doch unverzichtbar: Ohne es keine Wahrnehmung, kein Fühlen, keine Reaktion. Zielgerichtete Aktivität ist nur auf Ebenen festzustellen, die nicht von der Bewusstlosigkeit betroffen sind: Um den Körper herum und bei niederen Körperfunktionen. Ich weiß nicht, ob Ihre Zellen im Schlaf ein eigenes Bewusstsein entwickeln, es liegt aber nahe. Muss ja bei weitem nicht so reich gefüllt sein, wie das kollektive Bewusstsein, das Sie Ich nennen.

    Beobachtung zeigt: Dinge, die nicht bewusst beobachtet werden, lösen sich auf, funktionieren aber immer noch. Wenn die Lehrerin die Schüler anschaut, haben wir eine organisierte Klasse, dreht sie sich zur Tafel, zerfällt diese in lauter tuschelnde Kindergruppen. Verminderte Beobachtung führt zu verminderter Organisation, doch die Lehrerin kann ja immer noch hören, und die Kinder wissen, dass sie von anderen Kontrollinstanzen überwacht werden, wenn auch nicht kontinuierlich. Sobald die Glocke klingelt, löst sich die Klasse vollends auf, existiert nur noch als Erinnerung und fügt sich nur dadurch wieder zusammen, weil Eltern, Lehrer, Staat, Gesellschaft, die Kinder mit Millionen Augen beobachten. Die stärkste Kraftquelle macht die Regeln und bestimmt das System, in dem alle anderen funktionieren – schließt sie die Augen, erwachen andere Systeme mit anderen Kraftquellen, die Kinder werden zu völlig anderen Wesen. Verglichen mit der Quantenwelt, ist der Physiker so was wie die Andromeda-Galaxie, die sich hinter einem Holunderbusch versteckt und glaubt, dass sie keiner bemerkt – das Energiegefälle ist so groß, dass der Effekt auch bei kleinsten Teilchen merkliche Veränderungen auslöst. Umgekehrt sind wir der Staub, der die echte Andromeda-Galaxie anguckt, und würden sicherlich reagieren, wenn sie zurückschaut – ihr ist unser Voyeurismus hingegen völlig egal.

    Das Bewusstsein (Typ1) scheint also eine physikalische Kraft zu sein, auf die der Mensch beileibe keinen Exklusivanspruch hat. Was bewusstlos erscheint, dürfte eine chaotische Masse von Objekten sein, die als Ganzes nur höchst eingeschränkt auf die Umwelt reagieren kann, weil jedes der Objekte sich als Individuum begreift, dessen Umwelt aus anderen Individuen seiner Art besteht: Das große, gemeinsame Ding, das sie zusammen bilden, existiert zu dem Zeitpunkt nicht. Ihre Firma lebt tagsüber, wenn sie von gemeinsamen Zielen, gemeinsamem Willen, gemeinsamen Kraftquellen kontrolliert wird. Nach Feierabend löst sie sich auf und übersteht die Nacht nur als Traum, während Sie die stärkste Kraftquelle in Ihrer Wohnung spielen. Schätze mal, die Bewusstlosigkeit des Schlafes könnte man als Feierabend für die Körperzellen werten. Würden Sie in der Firma bleiben, würde ihr Ich durch die Firma unterdrückt, Sie würden sich nicht um sich selbst kümmern, kaputtgehen und damit auch die Firma schwächen. Für Ihre Zellen ist halt der Körper die Firma.

    Das Problem bei solchen Spekulationen ist: Wenn ich davon ausgehe, dass es wahr ist, passt alles Geschehen im Universum ins Muster, von Donald Trump über die Evolution bis zu dem, was Sie gerade machen, wenn Sie diesen Text lesen. Doch ich kann Bewusstsein nur bei mir selbst wahrnehmen. Die Welt besteht aus Indizien und sonst gar nichts – und doch fehlt der ultimative Beweis. Wenn's aber so gut passt, dürften wir damit dem heißen Brei ziemlich nahe gekommen sein.
  • Fertig gelesen

    11.10.2021, Martin Piehslinger
    Nachdem ich das Buch fertig gelesen habe, folgt Teil 2 meiner Reflexionen.

    Ein Kandidat für die Vereinheitlichung von Quantenphysik und Relativitätstheorie, an der sich TheroretikerInnen seit Jahrzehnten die Zähne ausbeißen, ist die Stringtheorie. Hier ist Schluss mit den anschaulichen Erklärungen, das versucht der Autor gar nicht. Was er hier ausführt muss man einfach so glauben. Ich glaube es ihm gerne, denn das ist sein Spezialgebiet. Hier liest sich das Buch leicht, ich habe einiges erfahren was ich trotz langjähriger Lektüre des Spektrum der Wissenschaften nicht gewusst habe. Stringtheorie für Dummies, eben.

    Die Stringtheorie funktioniert nur in mindestens 10 Dimensionen und das Problem der überzähligen Dimensionen beherrscht die Ausführungen. Möglichkeiten, diese überzähligen Dimensionen los zu werden, gibt es unendlich viele. Anderswo liest man nicht "unendlich", sondern 10 hoch 500, auch keine überschaubare Menge. Jede beschreibt ein mögliches Universum. Die meisten davon funktionieren in unserem Sinn nicht, es könnten sich keine Sterne und erst recht keine lebensfreundlichen Planeten bilden, oft nicht einmal Atome. Der Frage, warum wir ausgerechnet in einem funktionierenden Universum leben und ob da zwingend ein lenkender Gott dahinter stehen müsse, hält der Autor das anthropische Prinzip entgegen. Demnach existierten wir nicht und könnten uns nicht diese Frage stellen wenn es nicht so wäre, also erübrigt sich die Frage.

    Trotzdem bleibt die Frage, wie man unter dieser Vielzahl der Möglichkeiten die Beschreibung unseres Universums heraus findet. Bei der Beseitigung von Unendlichkeiten, wie sie sich aus der Relativitätstheorie im Fall von Urknall und schwarzen Löchern ergeben, deretwegen die Stringtheorie ja entwickelt wird, ergibt sich das Problem dass man sich neue Unendlichkeiten einhandelt, die man auch wieder los werden muss. Das bekannte Verfahren der Renormierung, das in anderen Fällen geholfen hat, lässt sich hier nicht anwenden. Die Stringtheorie ist nicht renormierbar.

    Eine der Versprechungen der Stringtheorie ist, zu ergründen, was vor dem Urknall geschehen ist. Also wie und warum unser Universum entstanden ist. Hier vermutet der Agnostiker Michio Kaku, noch zu findende Ergebnisse der Stringtheorie vorwegnehmend, Gott. Das nimmt er zum Anlass, sich mit den Gottesbeweisen von Thomas von Aquin aus dem 13. Jahrhundert herumzuschlagen. Gottesbeweise, die ich, ebenfalls Agnostiker, sowieso nicht für überzeugend halte, nicht einmal für erwähnenswert.

    Kaku erwähnt dass das Higgs-Boson auch Gottesteilchen genannt wird, verschweigt aber, warum und von wem es so genannt wird: Das "gottverdammte Teilchen" wurde von einem übermotivierten Buchverleger kurzerhand zum "Gottesteilchen" umbenannt, hat also mit Gott überhaupt nichts zu tun. Kaku scheint zu versuchen, dem - aus meiner Sicht unglücklich gewählten - Buchtitel gerecht zu werden.

    Nicht nur der Anfang des Universums beschäftigt uns, sondern auch sein Ende. Kaku betont dass nicht weniger als das Schicksal des Universums davon abhängt, welche Lösung der Stringtheorie wir finden. Ein Big Crunch, ein Big Freeze, ein Big Bounce bei dem gleich wieder ein neuer Urknall eintritt, oder es entstehen und vergehen ständig große und kleine Universen, oder was sonst noch bei der Rechnung heraus kommen könnte. Eine der vielen sprachlichen Ungenauigkeiten: Nicht das Schicksal des Universums hängt davon ab, sondern unsere Beschreibung dieses Schicksals. Don't try to eat the menu.

    Gegen Ende verliert sich das Buch in Metaphysik und Science Fiction. Ob es doch mehr Dimensionen geben könnte und wie sich die Menschheit vor dem Ende des Universums mit Hilfe dieser Extradimensionen in ein (zum heutigen Wissensstand völlig hypothetisches) Parallel-Universum retten könnte. Hier ist dem Autor definitiv die Phantasie durchgegangen.

    Trotz meiner Einwände habe ich das Buch gerne gelesen, würde es aber nur unter Vorbehalten empfehlen und würde empfehlen, einige Kapitel auszulassen.
  • All und Lineal

    23.09.2021, Paul S
    Mathe funktioniert, weil sie das Grundmuster des Universums widerspiegelt: Die Explosion, die aus Explosionen besteht und neue Explosionen bildet, das Fraktal aus Blasen/Linsen. Genau wie die Schwerkraft vor Newton, oder die allgegenwärtige Relativität vor Einstein, hat sich die Schaumbad-Natur des Universums nie vor uns versteckt, und so machten schon Höhlenmenschen Physik auf einem Niveau, das unseres übersteigt, indem sie ganz einfach alle Vorgänge der Umgebung auf ein und demselben Blatt Papier abpausten, nachdem sie festgestellt hatten, dass sie dann weniger oft von Säbelzahntigern gefressen werden. So ließ sich die gesamte Welt auf ein einziges Lineal quetschen, ein Frequenzband, ein Schweizer Taschenmesser, das zwar ständig durch Mehrdeutigkeiten nervt, man weiß auch nie, ob ein großes Rätsel der Mathematik durch ungelöste Geheimnisse der Physik entsteht, oder Mathe einfach aufgrund eines Konstruktionsfehlers zu sabbern beginnt, das aber immer und auf alles passt, solange der Mathematiker nicht Nagelfeile mit Korkenzieher verwechselt. Anders gesagt, ein Taschenmesser ist eine bessere Keule, die passt auch immer, solange der User passt.

    Mathe ist Zahlen nach Malen – es spiegelt Grafik wieder. Das Zentrum der Explosion sind 1 und 0, im echten Leben gibt’s die sowohl getrennt, als Enden eines Spektrums (wobei sie oft für Unendlichkeit stehen), wie auch überblendet, als Teile ein und derselben Linie, die auf Sie zukommt: on/off, true/false, als Zustände eines Punktes (unsere Computer sind binär, weil unsere Chip-Produktionstechnologie so primitiv ist, dass sie nur die zwei gröbsten, deutlichsten, elementarsten Zustände des Universums unterscheiden können). Dividieren ist Verkleinern, Zeugs entfernt sich von Ihnen. Multiplizieren ist Vergrößern, Zeugs nähert sich. Addieren und Dividieren heißt entweder, Zeugs fliegt nach links und rechts, oder es fliegt Ihnen in einem bestimmten Winkel um beide Ohren. Auch diverse andere Zahlenreihen entsprechen perspektivischer Verkürzung, Zeugs, das in einem bestimmten Winkel auf Sie zukommt, wobei es Welle spielt und Sprünge macht: In jeder Explosionsblase/Linse wird es gestreut, dann wieder gebündelt.

    Hier sieht man auch schon den ersten Konstruktionsfehler: In der Wirklichkeit fliegt Zeugs nach links und rechts gleichberechtigt, in der Mathe musste „Minus mal Minus gleich Minus“ nachgerüstet werden. Dass man Zahlen, die näher an der Realität liegen, als „irreal“ bezeichnet, ist wohl Mathematiker-Humor.

    Wenn Sie 6000 Würfelwürfe zu einem einzigen Ereignis zusammenfassen, haben Sie einen Würfel, der zuverlässig sechs Zustände gleichzeitig einnimmt. Sein weiteres Verhalten hängt von der Umwelt ab: Wenn die Spielregeln heißen, „bei 1 saufen, bei 3 fressen, bei 5 vögeln“, bekommen Sie an einem Bierfass Leute, die emsig würfeln und gelegentlich trinken, bietet aber die Umwelt Ressourcen für alle drei Ereignisse, bekommen Sie eine Party – zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Genetiker, noch mehr empfehle ich den Selbstversuch. Weil auch die Ressourcen von Würfeln und Wahrscheinlichkeiten bestimmt werden, bekommen Sie lauter neue Zahlenreihen: Sind die Lieferketten stabil, ist die Wahrscheinlichkeit in der Wirklichkeit stabilisiert worden, können wir sie mit dem Lineal vermessen – sind sie instabil (vergleiche das Gesetz der Serie im Alltag), erscheinen sie uns chaotisch. Die wirklich stabilen Zahlenreihen, solche, die Naturgesetze geworden sind, sieht man auf dem Lineal selbst. Um ihre Entstehung zu verstehen, müsste man es mehrdimensional auflösen, sich ansehen, wie es aussieht, wenn mehrere Lineale, oder besser noch, Reihen von Einsen und Nullen aus verschiedenen Richtungen zusammentreffen. Am Ende sind es nur Wellenmuster, Kreisläufe, Spiralen, einfach, weil die Physik so funktioniert.

    Die Lotto-Trommel bietet eine vorherbestimmte, eingeschränkte Zahl von Möglichkeiten, die Frage ist aber, ob wir die Trommel erkennen, wenn wir nur das Chaos darin sehen. Wenn Sie Auto fahren, hat das Auto für Sie eine Bewegungsrichtung, für die Ameise auf dem Rückspiegel nicht, die wird bei jeder Bodenwelle woanders hingeschleudert. Ein anderes Beispiel sind Extinktionsmuster: Angeblich gibt’s alle zig Millionen Jahre eine Naturkatastrophe mit Wetterchaos, tektonischen Aktivitäten und Asteroid-Regen, die zu Massenaussterben führt, das deutet auf ein wiederkehrendes kosmisches Ereignis hin. Wenn aber, wie bei den Dinosauriern, Vulkanausbrüche und Asteroideinschlag im Einzelfall achthundert Jahrtausende auseinander liegen können, fällt es uns schwer zu sagen, ob dieses Muster überhaupt existiert. Was für ein kosmisches Ereignis bedeutungslose Schwankungen sind, ein leichtes Flimmern, sind für uns völlig unzusammenhängende Vorgänge.

    Ein Schachspiel erscheint uns chaotisch, obwohl die Zahl der möglichen Schachpartien beschränkt ist – es sind einfach zu viele, als dass wir sie erfassen könnten, und selbst wenn man es könnte, man weiß nie, welche von ihnen gerade läuft. Schließlich gibt es für jeden Zug eine große Zahl von möglichen Gegenzügen. Feste Zahlenreihen verraten uns die Spielregeln: Wir können die Felder zählen und aus dem Verhalten der Figuren auf ihre Möglichkeiten schließen. Wir können erkennen, dass es nur fünf mögliche Ergebnisse gibt: Ich gewinne, du gewinnst, Patt, Mutation, Abbruch (Mutation heißt, die Regeln ändern sich mittendrin). Vereinfacht: Matt, Patt, Eingreifen überschachlicher Mächte, die das Spiel höchstens dadurch andeutet, dass es auf dem Schachbrett nichts gibt, was die Figuren bewegen, das Schachspiel schaffen oder die Regeln durchsetzen könnte, und auch da könnte man streiten, ob die Schachspieler nicht bereits Teil des Spiels geworden sind, indem sie sich auf ihre Funktion als Schachspieler reduzieren ließen: Die Lottotrommel, die die Lottotrommel umgibt. Ein dynamisches System lässt sich halt nur anhand seiner Brennpunkte erfassen, einer Serie von Schnappschüssen der Momente, in denen die Wahrscheinlichkeit ausreichend reduziert ist, dass wir sie handhaben können.

    Dass Leute, die dieselbe Welt mit demselben Lineal vermessen, früher oder später Gemeinsamkeiten finden werden, ist zu erwarten. Ob sie selbst es erwartet haben oder nicht, ist ein bedeutungsloses Flimmern im System.
  • Joseph Silvermans „große Vermutungen“

    23.09.2021, Peter Angermann
    Wie schon die Formulierung „eine Art Oberfläche“ oder gar „eine Art dreidimensionaler Oberfläche“ für den Graphen der Jacobi-Varietät nahe legt, handelt es sich bei dem Produkt zweier elliptischer Kurven sicher weniger um „hohle Donuts mit zwei Löchern“, sondern eher um die definitiv zweidimensionale Kleinsche Flasche, eingebettet in den vierdimensionalen Raum.
    Denn solche geschlossene Kurven entsprechen im Prinzip Schleifen rekursiver Prozesse, genauer Iterationen komplexzahliger Gleichungen, die auch die beschriebenen fraktalen Strukturen hervorbringen. Ihre Zusammenlegung (der Torsionspunkte) spannt eine geschlossene Fläche im vierdimensionalen Raum auf: eben die Kleinsche Flasche. Sie ist alles andere als eine Oberfläche, schließt Volumen weder ein noch aus und stellt nichts anderes dar als das Produkt zweier elliptischer Kurven.
    In dieser Hinsicht bildet die Kleinsche Flasche buchstäblich die bedeutungsvolle Schnittfläche zwischen Arithmetik und Komplexer Dynamik, was auch schon in Ihrem früheren Artikel „Geometrie, Rechtecke im Kreis“ angesprochen wurde (spektrum.de/artikel/1783520).

    Mit freundlichen Grüßen
    Peter Angermann
  • Zu kurz

    20.09.2021, Anonymer Kritiker
    Fehlt da eine zweite Seite im Artikel? Wie hat der Computer das gemacht? Was ist denn nun kondensierte Mathematik? Wie sieht diese Vision aus? Wie geht's jetzt weiter? Der Artikel endet abrupt.
    Stellungnahme der Redaktion

    Vielen Dank für Ihre Zuschrift.
    Ich verstehe Ihren Einwand durchaus, nur leider lässt sich auf so kurze Art und Weise das Konzept der „Kondensierten Mathematik“ leider nicht erläutern. Ziel dieses Artikels war es, den Fortschritt bei den Computerprogrammen hervor zu heben.

    Zu diesem Thema hatten wir auch schon ausführlichere Artikel, etwa:

    Mathematiker aus Silizium

    Hilbert und Isabelle

  • enttäuschend

    01.09.2021, Martin.Piehslinger
    Ich habe mir das Buch aufgrund dieser Rezension gekauft. Ich verstehe etwas von den Newtonschen Bewegungsgleichungen und von den Maxwellgleichungen, ein bisschen von der Relativitätstheorie und gar nichts von der Stringtheorie. Stringtheorie für Dummies sollte daher für mich genau passen.

    Die Relativitätstheorie in einfacher Sprache zu erklären ist natürlich ein schwieriges, wenn nicht gar aussichtsloses Unterfangen. Wenn sie sich in einfacher Sprache erklären ließe, wäre die komplizierte wissenschaftliche Sprache nicht notwendig.

    Jetzt bin ich gerade durch das Kapitel Relativitätstheorie durch. An einigen Stellen habe ich am Rand die Frage "Warum" hingeschrieben. Wir erfahren dass die Gravitation nur eine Illusion ist und dass ein Apfel und der Mond nicht durch die Gravitation von der Erde angezogen werden sondern dass die Krümmung des Raumes die Effekte der scheinbaren Gravitation hervorruft. Einen gekrümmten Raum erklärt an der Autor anhand von Beispielen, ein Karussell als umgekehrte Schüssel und eine Matratze die durch einen schweren Gegenstand eingedrückt wird und so eine Murmel auf eine Kreisbahn zwingt. In beiden Beispielen handelt es sich um eine zweidimensionale Fläche, die in der dritten Dimension Platz hat um sich zu krümmen. Wie ein dreidimensionaler gekrümmter Raum beschaffen ist und wie man sich ihn vorstellen kann, muss man woanders nachlesen.

    Am Rand eines Karussell wird man stärker zusammengedrückt als in der Mitte. Dass ich auf einem Karussell zusammengedrückt werde, ist eine Behauptung, die einfach so in den Raum gestellt ist. Auch hier habe ich "Warum" hingeschrieben.

    Außerdem benötigen diese Beispiele für die Kraft die sie hervorrufen sollen, die Schwerkraft. Eben die Schwerkraft, die es gilt wegzudiskutieren. Und ein paar Seiten später taucht die Schwerkraft wieder auf, also ist sie doch keine Illusion?

    Warum der gekrümmte Raum den Mond von sich weg und damit zur Erde hin drücken soll, wird nicht erklärt..

    Der Leser soll die Relativitätstheorie verifizieren indem er das GPS benutzt. So kann ich sie aber nicht verifizieren, ich als Benutzer kann die Effekte der Relativitätstheorie natürlich nicht erkennen.

    "Das GPS System kann immer Signale von drei Satelliten empfangen". Ich hätte es so formuliert: das GPS System muss immer  Signale von mindestens drei Satelliten empfangen können.

    Das sind zwar nur sprachliche Ungenauigkeiten, aber mich stören sie.

    Das Lesevergnügen bleibt weit hinter meinen Erwartungen zurück und ich beginne zu zweifeln ob mir der Autor die Stringtheorie erklären kann.
  • Wie erforscht man undefiniertes Bewußtsein? (zu SdW 8-9/21)

    30.08.2021, alexander braidt
    Die beiden Artikel „Mathematisierung des Bewußtseins“ von Johannes Kleiner und „Das große Experiment“ von Manon Bischoff demonstrieren einmal mehr die totale Misere und Hilflosigkeit der Hirnforschung seit Jahrzehnten zum Thema Bewußtsein. Warum? Weil alle Beteiligten vorgeben, irgendetwas Relevantes zum Bewußtsein zu sagen – tatsächlich aber über ein Phantom sprechen. Beleg ist die Darstellung Kleiners: „betrachtet (Tono¬ni) das Bewußtsein nicht als rein menschliche Eigenschaft, sondern als graduelles Phänomen, das auch bei Tieren … auftreten kann.“ „Das Einzige, dessen wir uns wirklich sicher sein können, so Tononi, ist das Vorhandensein unseres eigenen Bewußtseins.“ „Das Ziel der integrierten Informationstheorie (IIT) ist es, das subjektive Erleben eines jeden physikalischen Systems … mathematisch zu bemessen.“ (S. 79) Weiß also Tononi welche Eigenschaft Bewußtsein auszeichnet? Eigenstandenermaßen: Nein! Er kann nicht ein einziges, sicheres Merkmal angeben. Aber er mißt Bewußtsein mathematisch. Das grenzt an Scharlatanerie. Doch auch ohne verstanden zu haben, was die verschiedenen, psychischen Phänomene auszeichnet, läßt sich eines gewiß aussagen: Sie sind mathematisch nicht berechenbar. Beweis: Das Gehirn besitzt 86 Milliarden Neuronen als Funktionseinheit. Jedes Neuron nimmt über ca. 10 000 Dendriten unterschiedliche Impulse auf und gibt einen bestimmten Impuls über ca. 10 Axone an andere, genauso prozessierende Neurone weiter: bis zu 500 Mal in der Sekunde. Ein Neuron steht nicht für e i n e Information, sondern ständig fluktuierende Impulsmuster wechselwirken ständig untereinander. Wir haben somit ein hyperkomplexes, nichtlinear prozessierendes System vor uns, das laufend Bifurkationen produziert und immer wieder Chaosphasen durchläuft. Mathematisch gewiß sind lediglich periodische Zustände determinierten Chaos̕ und zu beobachten sind sich bildende Musterattraktoren als Ordnungszustände. Ganz offenbar gelingt das mehr oder minder sichere neuronale Evolvieren von angepaßter Wahrnehmung – aber die kognitive Reaktion darauf, die ja ebenfalls evolviert werden muß, kann natürlich ebenso wenig errechnet werden.
    Analoges gilt für Bischoffs Bericht zum „großen Experiment“, wenn sie Sta-nislas Dehaene zitiert: „Im Prinzip zirkulieren Informationen in einem Netzwerk weit entfernter Hirnareale, bevor eine von ihnen das Bewusstsein, den globalen Arbeitsraum, erreicht“. Wir stellten aber eben fest, daß das Gehirn nicht wie ein elektronisches „Netzwerk“ funktionieren kann, wie er meint. Wenn der „globale Arbeitsraum“, also das gesamte Gehirn, Bewußtsein ausmacht, dann identifizierte er es mit jeder psychischen Leistung – tatsächlich bereits mit simpler Wahrnehmung. Die andere Theorie der Integrier¬ten Information bleibt genauso vage: „Das Bewusstsein entspricht der Fähigkeit, sich selbst zu verändern: durch seinen vergangenen Zustand geprägt zu sein und seine Zukunft zu beeinflussen. Je besser ein System das kann, desto bewusster ist es“ (S. 50) erklärt Christoph Koch. Auch Koch, weiß offenkundig auch nicht ansatzweise anzugeben, was Bewußtsein überhaupt sein soll – außer, daß es ein neuronales Korrelat habe. Und woher weiß er d a s? Trotzdem „widmen sich sechs Teams auf der ganzen Welt den gleichen Experimenten mit insgesamt 500 Versuchspersonen“ – um ein Phantom zu jagen, von dem diese Neurowissenschaftler weniger wissen als die Physiker von schwarzer Materie (die immerhin Gravitation verrät): Sie glauben nämlich nur, daß es Bewußtsein geben soll.
    Die Hirnforscher könnten einen bedeutenden Schritt weiter sein, wenn sie das Buch „Bewußtsein – Der Abgrund zwischen Mensch und Tier“ (von 2010) zur Kenntnis genommen hätten. Seine empirische Analyse zeigt präzise, daß es von Anfang an ein methodischer Fehler war, nach spezifischen, psychischen Inhalten oder Funktionen und deren neuronalen Korrelaten zu suchen. Der Nachweis in gebotener Kürze: Tatsache ist, daß wir von den meisten unserer kognitiven Leistungen nicht wissen, wie sie zustande kommen, daneben aber von einem kleinen Teil wissen können. Folgende Schlüsse drängen sich auf: Erstens muß sowohl unbewußt-zu-sein wie bewußt-zu-sein in einem jeweils eigenen, allgemeinen S y s t e m-Zustand bestehen, da die gleichen, spezifischen Kognitionsinhalte (Sprache, Gedächtnis, komplizierte, motorische Fähigkeiten usw.). in beiden Zuständen geleistet werden. Dieser Schluß wird gestützt durch schwerste medizinische Ausfallerscheinungen im Gehirn (Gedächtnis, Sprache, alle möglichen Sinnesleistungen, Persönlichkeitswandel) – was nie etwas am Allgemeinzustand des Bewußten änderte. Bewußtsein kann somit keine spezifische Funktion wie etwa Aufmerksamkeit sein, die wir zudem auch bei unbewußt agierenden Lebewesen beobachten können. Zweitens verlangt dieser exquisite Zustand eine Position neben, ja über dem Wahrgenommenen, ja über allen bewußt erbrachten, kognitiven Leistungen, denn die Wahrnehmung etc. findet nicht bloß einfach statt (wie bei einer Kamera), sondern Jemand weiß schließlich von ihr, beobachtet gewissermaßen das Erbringen der Wahrnehmung. Bei bewußter Wahrnehmung findet offenbar eine Verdoppelung statt: Die ursprünglich einfache Wahrnehmung wird selbst wahrgenommen – von einem ebenfalls bewußt gewordenen Teil-Ich. Exakt dies Phänomen des Autonomen macht menschliche Kognitionsentwicklung einzigartig. – Diesen Sachverhalt hätte man mit etwas gesundem Menschenverstand und Kombinatorik schon lange herausfinden können. Wie dieser nur dem Menschen eigene Autonomie-Zustand neurophysiologisch zustande kommt, enträtselt demnächst das Buch „Der Mensch – Sprung aus der Evolution“ (eingeführt auf YT).
  • Populistische Beschreibungen

    29.08.2021, Tim
    In diesem Beitrag wird so einiges auf populistische Weise durcheinandergebracht.

    Natürlich zahlen auch in den USA Milliardäre mehr Steuern "... als Stahlarbeiter, Lehrer und Rentner". Wahrscheinlich meint die Rezensentin nicht Steuern, sondern Steuersätze. Allerdings ist auch ein Steuersatz nur beschränkt aussagefähig, da es gerade bei sehr reichen Personen eine Vielzahl von Abschreibemöglichkeiten gibt sowie teilweise sehr unklare Definitionen, welche Arten von Vermögen nun eigentlich steuerpflichtig sind (siehe etwa in den USA die Debatte über Steuern auf Aktienkurssteigerungen). Deshalb können auch bei sinkenden Steuersätzen die Steuererträge steigen.

    Und natürlich sind auch in den USA nicht die Steuergesetze die "Hauptursache für mehr Ungleichheit", sondern die ökonomische Entwicklung, Erbreichtum und Eigentumsverhältnisse. Auch das Steuersystem der USA verteilt von oben nach unten um, wie jedes andere mir bekannte Steuersystem in der westlichen Welt. Diese Umverteilungswirkung ist aber sicher geringer als in den 60er Jahren. Eine geringere steuerliche Umverteilung von oben nach unten bedeutet nun aber natürlich nicht eine steuerliche Umverteilung von unten nach oben.

    Irreführend ist auch der Verweise auf Unternehmenssteuern. Unternehmen sind keine Menschen, sie sind aus gutem Grund überhaupt nicht Teil von Berechnungen der Ungleichheit in Gesellschaften. In der Rezension wird angedeutet, dass Unternehmen zu den "Reichen" gehören - nein, das tun sie natürlich nicht. Gerade in den USA beteiligen sich viele Menschen an börsennotierten Aktiengesellschaften, die dort viel treffender als in Deutschland "public company" heißen. Auch die mächtigen Pensionsfonds (als Rententräger) sind an vielen Aktiengesellschaften beteiligt. Gehören die Rentner als zu den angesprochenen "Reichen"? Ganz sicher nicht, auch nicht in den USA. Die Wirklichkeit ist auch hier viel komplexer, als die Rezensentin sie darstellt.

    Schlussendlich ist auch der Verweis auf Trump wieder hochgradig selektiv. Es war Obama, in dessen Regierungszeit die Staatsquote von ihrem Höchststand nach der Finanzkrise wieder stark reduziert wurde. Wenn man immer nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit zeigt, kann man sich jede Bewertung herbeiargumentieren. Wissenschaftlich glaubwürdig ist das nicht.

    Insgesamt kommt mir die Rezension für Spektrum-Verhältnisse merkwürdig verkürzt und tendenziös vor. Ich erwarte hier mehr Recherche und Sachkunde - gerade bei einem Thema wie der sozialen Ungleichheit, die für die westlichen Gesellschaften zu einem immer größeren Problem wird.
  • für Matthias Warkus

    28.08.2021, fatma serenli
    Ich bin eigentlich neugierig auf Ethik und Moral.
    Warum wollen die Leute trotz so viel immer mehr?


  • Can I play with madness?

    28.08.2021, Paul S
    Ich find's an sich sehr interessant, dass wir uns die Psyche von Computern heute so vorstellen, wie wir uns über Jahrhunderte die Psyche von Engeln vorgestellt haben. Ich hatte meines Wissens noch nie eine vulkanische Geistesverschmelzung mit meinem Radiowecker, andere Menschen behaupten es zumindest selten, wieso bilden wir uns dann so unreflektiert ein, es zu wissen? Vermutlich einfach, weil so eine Psyche in unserem eigenen Gehirn existiert – zusammen mit all den anderen. Ist ein ziemliches Gedränge da oben, wenn ich's mir so angucke.

    Mein Versuchskaninchen zur Erforschung des menschlichen Geistes habe ich billig erstanden – einen leidlich funktionalen leidlich menschlichen Geist gab's als kostenloses Gimmick zu mir dazu. Darin gibt’s einen Ort, wo ich mich gerne aufhalte, während meine Hände die Kaffeemaschine anknipsen, ohne dass ich Wasser eingefüllt habe oder sonst was total Trotteliges, im Outer Space des Inner Space, genau zwischen purer Logik und purem Wahnsinn. Dort schwebe ich fern und hoch im Orbit der Welt, beobachte die Dinge aus der ISS-Perspektive oder vom Pluto aus, reise durch das Universum, ohne mich von der Stelle zu rühren und sehe all den handelsüblichen irren Krempel, der Spinner öfters dazu treibt, im besten Lovecraft-Tonfall Sätze wie „Ich sehe das Licht und das Grauen und die Pracht und Herrlichkeit der Hölle“ zu verzapfen, und es auch so zu meinen. F ü h l t sich zumindest so an. Habe mal Pillen dagegen genommen, doch die Leere im Kopf nicht lange ausgehalten – also nehme ich mich selbst einfach nicht ernst, funktioniert besser. Noch vor ein paar Jahrzehnten hätte ich die Whacky Horror Picture Show wohl für bare Münze genommen, und würde entweder in der Gummizelle stecken, oder in der Bibel, aber zum Glück hat die Wissenschaft seitdem die Schizophrenie erfunden.

    Die Neurologie sagt mir, dass ich da mein geistiges Auge wohl genau zwischen beiden, entsprechend spezialisierten Hirnhälften parke, das, was mir da so groß und gewaltig vorkommt, einfach nur Impulse sind, Datenfetzen, die aus allen Ecken des schädelimmanenten Fettklumpens zusammengetragen werden, das High nur ein Dauerfeuer winziger Aha-Erlebnisse, sich summierende Mini-Orgasmen eines Neuronen-Gangbangs, und das Höllen-Ambiente damit zu tun haben dürfte, dass meine Rückenschmerzen ständig Strom in die Nervenbahnen pumpen. Raum ist relativ, das Gehirn enthält genauso kosmische Weiten, wie die physikalische Welt um uns herum. Was ich dabei beobachte, ist: Der Verstand ist nicht gefühllos. Er ist ein Jäger. Ein Psychopath mit einem Skalpell, ein Haifisch mit schnell und präzise schneidenden Zähnen. Der Verstand ist scharf und gierig nach neuer Beute. Er versteckt das Ich, beobachtet und lauert, rennt, fängt, kämpft, spielt, zerfleischt und verdaut. Er verfügt über Triebe und eine Form der Empathie, die kein Mitgefühl auslöst. Anders gesagt, wir haben ein semantisches Problem: „gefühllos“ und „gefühllos“ sind zwei verschiedene Sachen: Einerseits bedeutet es „ohne Gefühle“, andererseits „Asi“.

    Jemand mit Depression wird Ihnen vielleicht erzählen, wie schrecklich es sich anfühlt, keine Gefühle zu haben. Doch er fühlt ja was: Schmerz und Abwesenheit. Und auch das Gefühl „rational“ ist auch nur ein Gefühl. Achten Sie mal darauf. „Objektiv“, „alltäglich“, „normal“, „unwichtig“, „mir egal“, sind alles Gefühle. Ohne das Gefühl „hell“ ist Weiß nicht hell und ohne das Gefühl „dunkel“ ist Schwarz nicht dunkler als Weiß. Ohne Gefühle passiert einfach nix: Es findet eine Beobachtung statt, der nicht mal das Gefühl „ich“ innewohnt, und das, was beobachtet wird, ist einfach nur. Wertung und Motivation sind immer emotional.

    Streng genommen, kann man Schwarz und Weiß als Gefühle mit der Wertung 0 einordnen, die mit der üblichen „+ 0 -“-Skala verknüpft werden, mit der wir so ziemlich alles wiegen und messen, vergleichen und ordnen. Sie sehen Überblendung, Überlappung: Verschiedene Dinge, die an sich nichts miteinander zu tun haben, befinden sich an einem Ort gleichzeitig und erzeugen zusammen etwas Neues.

    Fühlt sich interessant an. Ich folge der Spur noch ein Weilchen. Mal sehen, ob der Verstand in meinem Kopf scharf genug dafür ist, oder ob ich mir daran seine Zähne ausbeiße.

    Oder, mit etwas mehr Gefühl: Weil Sie so freundlich gefragt haben, das sind so Fragen, die mich gerade umtreiben. Danke für Ihr Interesse, meines ist Ihnen sicher, ich hoffe, ich gehe Ihnen mit meinen nicht unbedingt rational nachvollziehbaren Schrullen und Macken nicht allzu sehr auf die Nerven – sind einfach nur Kompromisse zwischen inkompatiblen Persönlichkeitsbausteinen, bitte nicht ernst nehmen. Glückwunsch zur 100ten!
  • KI aber nicht KMI

    22.08.2021, Wolfgang Stegemann
    Künstliche Intelligenz wird solange keine künstliche menschliche Intelligenz sein, wie man die Prinzipien von Leben und die des Gehirns nicht versteht. Analogien wie die der neuronalen Netze helfen da nicht. Die elektrochemisch arbeitende Physiologie des Hirns generiert eine virtuelle Systemstruktur, die erst zusammen mit einigen Vorbedingungen Bewusstsein und damit Empathie und anderes ermöglicht. Derzeitige neuronale Netze sind 'dumm'. Ihre 'Intelligenz' erhalten sie ausschließlich durch Big Data, die mittels Algorithmen strukturiert werden. Zu glauben, ab einer bestimmten Quantität und Tiefe von neuronalen Netze entstehe quasi automatisch Bewusstsein, ist naiv und dem latent überall vorhandenen Reduktionismus geschuldet.
  • CORONAPERSPEKTIVEN

    21.08.2021, Rainer Kirmse
    Von Alpha bis Omega,
    das Virus mutiert weiter;
    bleiben wir trotzdem heiter.

    CORONA-HERBST

    Die Virologen liegen im Streit,
    Impfmüdigkeit macht sich breit.
    Wie lange sind die Leute immun,
    Was ist mit Schulkindern zu tun?
    Wie sind die Regeln beim Reisen,
    Was muss man alles vorweisen?

    Corona-Herbst und vierte Welle,
    Die Delta-Version ist zur Stelle.
    Das Virus mutiert munter weiter,
    Bleiben wir wachsam und heiter;
    Trotzen furchtlos, mit Verstande
    Auch noch der Omega-Variante.

    Corona-Weihnacht Nummer zwei,
    Impfen und Testen bis in den Mai.
    Mit Maske begrüßen wir den Lenz,
    Noch immer im Blick die Inzidenz.
    So bleibt das Ende der Pandemie
    Im Land wohl noch länger Utopie.

    Rainer Kirmse , Altenburg

    Herzliche Grüße aus Thüringen
  • CCS wird sogar von den Potsdamer Forschern...

    15.08.2021, L. Sigmut
    Ottmar Edenhofer und Johan Rockström befürwortet, weil es in Teilen der Landwirtschaft und bei der Zementherstellung gar nicht anders geht. Was soll dann ein Satz wie: "An anderer Stelle verspricht man Scheinlösungen wie Wasserstoff, CO2-Speicherung (CCS) oder Geoengineering, wodurch man vor allem Liberale dazu verleitet, vorhandene Lösungen wie die erneuerbaren Energien zu ignorieren..."

    Mit einer wissenschaftlichen Buchrezension hat das meiner Meinung nach nichts zu tun.
  • Ursprünglich sollten die IPCC-Berichte lediglich die Tatsachen beschreiben...

    15.08.2021, René Maçon
    ...Schlussfolgerungen für das politische Handeln sollten der Politik überlassen werden.

    Das war eine sehr sinnvolle Arbeitsteilung, weil die Wissenschaft nur Tatsachen beschreiben nicht aber Handlungsnormen (Sollenssätze) festlegen kann.

    Dass im gerade erschienen IPCC-Bericht nun sogar die mittelalterliche Warmzeit nicht mehr stattfindet und der Hockeystick noch etwas glatter geworden ist, deutet nach meiner Einschätzung nicht darauf hin, dass eine große Verschwörung von Klimawandelleugnern die Debatte determiniert. ( Eine Übersicht von peer-reviewed Studien zur mittelalterlichen Warmzeit findet sich hier: https://www.google.com/maps/d/viewer?mid=1akI_yGSUlO_qEvrmrIYv9kHknq4&ll=-3.81666561775622e-14%2C-52.015098267192&z=1 )
  • Scheint eine höchst einseitige Darstellung des wissenschaftlichen Forschungsstandes zu sein..

    15.08.2021, Hanna Ketwich
    ...vollends absurd ist allerdings die Behauptung: "In diesem erklärt er, warum Politik und Gesellschaft so gleichgültig auf den Klimawandel reagieren."

    In welchem Paralleluniversium lebt die Autorin?
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