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Südgeorgien: Eine Insel übersät mit Walknochen

Was Walfänger am Anfang des 20. Jahrhunderts über Bord kippten, haben Genetiker nun untersucht. Ihr Ergebnis: Die Jagd auf die Tiere hat mütterliche Linien ausgelöscht.
Walknochen auf Südgeorgien

Walknochen auf Südgeorgien

Walfänger erlegten allein im 20. Jahrhundert mehr als zwei Millionen Tiere auf der Südhalbkugel. Die Folge: Die Walpopulationen brachen ein und haben sich teils bis heute nicht vollständig erholt. Doch die Jagd auf die Meeressäuger dezimierte auch die genetische Vielfalt der Tiere, wie nun eine Forschergruppe um Angela Sremba und Scott Baker von der Oregon State University im Fachblatt »Journal of Heredity« berichtet. Dafür beprobten die Fachleute Knochen von Blau-, Buckel- und Finnwalen, die entlang der Küste der Insel Südgeorgien im Südatlantik liegen. Im Vergleich mit den Erbgutdaten heute noch lebender Wale zeigte sich, dass die Tiere vor mehr als 100 Jahren noch über mehr mütterliche Abstammungslinien verfügten.

Auf Südgeorgien herrschen günstige Bedingungen, damit sich selbst in Knochen, die jahrzehntelang unter freiem Himmel liegen, noch Genmaterial erhalten kann – es ist dort nämlich verhältnismäßig kühl, die Temperaturen schwanken übers Jahr um null Grad Celsius. Wie Sremba, Baker und ihr Team berichten, steuerten die ersten Walfänger 1904 die entlegene Insel an. Die Überreste der erlegten und ausgeweideten Wale wurden damals – bis ungefähr in das Jahr 1921 – ins Meer gekippt. Später verarbeiteten die Walfänger alle Teile der Meeressäuger. Heute säumen jedenfalls tausende Walknochen, die wieder an Land geschwemmt wurden, die Küsten der Insel.

Aus den Knochen extrahierte Sremba nun die mitochondriale DNA der Tiere, die nur Mütter an ihre Nachkommen weitergeben können. Vor allem drei Arten identifizierte die Forscherin, Blauwal (Balaenoptera musculus intermedia), Buckelwal (Megaptera novaeangliae) und Finnwal (Balaenoptera physalus). Dabei fand sie auch heraus, dass die genetische Vielfalt der Kern-DNA relativ stabil blieb, die Populationen der Blau- und Buckelwale jedoch einen Verlust an mütterlichen Linien erlitten. Im Fall der Finnwale lagen den US-Fachleuten nicht genügend heutige Vergleichsdaten vor.

Wie Sremba in einer Pressemitteilung betont, werden über die mütterliche Abstammungslinie diverse Kenntnisse an die nächste Generation weitergereicht, etwa über Futterplätze und die Aufzucht des Nachwuchses. »Wenn eine mütterliche Linie verloren geht, ist dieses Wissen wahrscheinlich auch verloren«, so die Biologin.

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