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Klimawandel oberbayerisch

Zufällig am Abend vor der Bekanntgabe des 3. Teils (»Maßnahmen«) des IPCC-Klimaberichts der UN sprach Hartmut Graßl in Schriesheim bei Heidelberg, der langjährige Direktor des Hamburger MPIs für Meteorologie. Der Kämpfer für ein Problembewusstsein zum Klimawandel kann seine oberbayerische Herkunft nicht verleugnen, auch kann er sich, wie er sagte, »volkstümlich« ausdrücken. Und wie er mit seinen wild aufstehenden Haaren das Verderbnis der Menschheit an die Wand malt, gleicht er einem in vielen Diskussionen erprobten Missionar.

Das scheint oft nötig, auch wenn sich seit dem UN-Klimabericht vom Februar ein Meinungswandel zum Klimawandel abzeichnet, gelegentlich sogar Untergangshysterie. In dem proppenvollen Saal eines klimaanlagenfreien Feuerwehrhauses berichtet er denn auch Dramatisches: So seien seit 1850 die Gletschermassen in den Alpen um 70 Prozent zurückgegangen – und zwar schneller denn je. »Heute weichen sie nicht mehr zurück, sondern sie fallen förmlich in sich zusammen«, berichtet der Klimatologe. Er legt aber Wert nicht nur auf die teils drastischen IPCC-Aufheizungsszenarien, sondern auch auf vermeintlich »kleine« Dinge: Lüften bei gekipptem Fenster, Elektroschalter hinter dem Trafoteil beim Hosenbügler, Häuser ohne Energiepass.

Graßls beste Anekdote: Im schneearmen Jahr 2003 sollten die Biathlonrennen in Oberhof auf jeden Fall stattfinden. Also wurde »Schnee« herangekarrt, genauer: zu Eissand gemahlenes Eis aus einer Fischfabrik in Bremerhaven. Bei Schirennen sei das Umdenken noch nicht sehr weit gekommen. Anders bei den Zuhörern. Hier spüre ich weniger Ohnmachtsgefühle als eine Art Aufbruchstimmung.

Reinhard Breuer

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