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  • Warum wird der Strahlungsdruck je nach Maßstab unterschiedlich ausgelegt?

    11.08.2017, Aleksandar Janjic, Freising
    In der Kosmologie wird die räumliche Form und Ausdehnung gemeinhin mit drei Zuständen von Energie beschrieben: Materie, Strahlung und Vakuumenergie (letzteres je nach Quelle anders benannt). Es wird argumentiert, dass Materie durch ihre Masse großräumig gravitativ anziehend wirkt und die Beschleunigung der Expansion dadurch verlangsamt. Bei der Vakuumenergie hingegen wird die Expansion durch negativen Druck beschleunigt (und sie dominiert wohl heute unser Universum in From der Dunklen Energie). So weit, so gut. Nun aber wird argumentiert, dass Energie in Form von Strahlung entgegen der intuitiven Meinung nicht ausdehnend wirkt und die Expansion beschleunigt, sondern dass sie im Hinblick auf Äquivalenz von Energie und Masse ebenfalls als Masse beschrieben werden kann und somit der Strahlungsdruck dazu beiträgt, dass der Raum gravitativ kontrahiert und die Expansion verlangsamt.

    Nun frage ich mich schon, wie das mit der stellaren Astrophysik in Einklang zu bringen ist. Hier argumentieren wir stets, dass der Strahlungsdruck der Eigengravitation entgegenwirkt. Wieso wird in der Kosmologie aber plötzlich der Strahlungsdruck sehr wohl und völlig gegensätzlich als gravitativ anziehend beschrieben - das würde übertragen auf Sterne bedeuten, dass diese gar nicht existieren dürften sondern sofort und noch schneller unter ihrem Druck kollabieren müssten.

    Stellungnahme der Redaktion


    Lieber Herr Janjic,

    das ist wirklich eine sehr gute Frage. Es ist einerseits vollkommen richtig, dass jeglicher Druck an sich gravitativ wirkt. Positiver Druck erzeugt nach der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) eine gravitative Anziehung. Strahlung wirkt in diesem Sinne in der ART sogar doppelt anziehend: Durch ihre Energiedichte, und zusätzlich durch ihren Druck. Sie sehen vollkommen richtig, dass dies - wenn die ART wirklich die Natur allgemein beschreiben soll - nicht nur in den großen, weitgehend leeren Räumen der Kosmologie gelten kann, sondern auch innerhalb von Sterrnen oder hier auf der Erde gelten muss.

    Also: Auch in Sternen wirkt die Strahlung gravitativ anziehend! Genau wie die Atome.

    Und jetzt kommt die Lösung Ihres Rätsels: Beim Strahlungsdruck in Sternen geht es nicht um die gravitative Wirkung der Strahlung, sondern um die hydrodynamische. Die Photonen stoßen permanent mit Atomen zusammen und werden reflektiert oder absorbiert und re-emittiert. Dabei übertragen sie jedes Mal ihren Impuls auf die getroffenen Atome. In diesem Sinne wirken sie auf die Atome genau wie die Stöße der Atome untereinander: Sie erzeugen einen mechanischen Druck. Dieser ist es, der die Sterne am Kollabieren hindert. Bei den meisten Sternen ist der Druck durch die Stöße der Atome untereinander der bei weitem wichtigere Teil, aber der (meist winzige) mechanische Druck durch die Strahlung ist immer auch da. Nur bei sehr heißen Sternen, und nur in gewissen Zonen dieser Sterne, kann der Strahlungsdruck sogar der wichtigere Anteil werden.

    Ulrich Bastian

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