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Metzler Lexikon Philosophie: Definition

Bestimmung eines Begriffs bzw. Festlegung oder Festsetzung der Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks. Dabei wird der zu definierende Ausdruck als Definiendum, der definierende als Definiens bezeichnet. D.en sind ein unverzichtbarer Bestandteil wissenschaftlicher Methode mit dem Ziel, sprachliche Ausdrücke für Forschungszwecke hinreichend genau zu charakterisieren. Wird die bereits akzeptierte Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks angegeben, spricht man von einer feststellenden oder deskriptiven D. (»Wasser ist H2O«), soll dagegen eine Vereinbarung zur Verwendungsweise eines Ausdrucks getroffen werden, handelt sich um eine festsetzende oder stipulative D. (»eine Sekunde ist das 9192631770fache der Periodendauer der dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von Atomen des Nuklids 133Cs (Cäsium) entsprechenden Strahlung«). Nur deskriptive D.en können wahr oder falsch sein, stipulative D.en können jedoch nach ihrer Angemessenheit beurteilt werden (Adäquatheitsbedingung). Näher unterscheidet man bei D.en (1) explizite D.en, bei denen ein Gegenstandsausdruck durch Identität (»∅:= {x: x≠x}«) und ein Prädikatausdruck durch eine materiale Äquivalenz (»Eine Person hat Fieber genau dann, wenn ihre Körpertemperatur 38 °C oder mehr beträgt«) eingeführt wird und die v.a. von impliziten D.en abgegrenzt werden. Für die Korrektheit expliziter D.en müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein, die sich zusammenfassen lassen unter dem Gebot der Eliminierbarkeit, wonach, grob formuliert, das Definiendum jederzeit durch das Definiens ohne Bedeutungsverlust ersetzbar ist, und dem Gebot der Nichtkreativität, das, semantisch ausgedrückt, die Beweisbarkeit neuer Wahrheiten auf der Grundlage der D. verbietet. Zu den impliziten D.en zählen (2) D.en durch Postulate, bei denen sprachliche Ausdrücke oder Begriffe implizit durch die Angabe von Axiomen oder Postulaten bestimmt werden (»Eine Halbgruppe ist eine nichtleere Menge G zusammen mit einer zweistelligen Operation # auf G, so dass a#(b#c) = (a#b)#c für alle a,b,c aus G«), sowie (3) Kontextdefinitionen, die kein Synonym für das Definiendum liefern, aber die bedeutungserhaltende Ersetzung von Aussagen, die das Definiendum enthalten, durch solche, die es nicht enthalten, ermöglichen. Ein bekanntes Beispiel dafür ist Russells Kennzeichnungstheorie, die die Paraphrasierung von Kennzeichnungstermen durch gleichzeitig all- und existenzquantifizierte Aussagen erlaubt. Für formale Zwecke besonders bedeutsam sind ferner (4) induktive D.en, die Mengen oder Bereiche durch einen induktiven, also schrittweisen Prozess bestimmen, der von Anfangselementen ausgehend den gesamten Bereich durch die (endlich) iterierte Anwendung vorbestimmter Operationen erzeugt. Induktiv definiert ist z.B. die Menge der Formeln einer formalen Sprache, wobei die sog. Atomformeln die Anfangselemente bilden und sich die Menge der Formeln aus den Verknüpfungen bereits definierter Formeln durch die logischen Konstanten ergibt. Eng verwandt mit induktiven D.en sind (5) rekursive D.en, die sich von ersteren allerdings dadurch unterscheiden, dass sie einen Begriff oder Ausdruck über einem seinerseits induktiven Bereich bestimmen. Ein bekanntes Beispiel ist die D. der Addition auf der induktiv definierten Menge der natürlichen Zahlen (»x+0=x; x+Nachfolger(y) = Nachfolger(x+y)«). Von wissenschaftstheoretischem Interesse sind (6) bedingte D.en, bei denen die D. nur unter einer bestimmten Bedingung anwendbar ist. Sie finden z.B. Anwendung bei der D. von sog. Dispositionsprädikaten (»zerbrechlich«). Weitere bekannte Arten von D.en sind (7) partielle D.en, bei denen keine notwendigen und hinreichenden Bedingungen für die Ersetzbarkeit des Definiendums angegeben werden (»wenn ein Lebewesen ein Vogel ist, dann hat es Flügel«) und zu denen auch D.en durch Beispiele zählen (»Farben sind z.B. Rot, Blau, Grün, Gelb...«), ferner (8) die von P. Bridgman eingeführten operationalen D.en, denen zufolge die Bedeutung eines wissenschaftlichen Begriffs in den Methoden und Verfahren seiner Untersuchung besteht. So ergibt sich z.B. nach Bridgman die Bedeutung des Längenbegriffs operational aus den für Längenmessung verwendeten Verfahren. Diese, in den zwanziger Jahren entstandene Auffassung konnte sich allerdings nicht durchsetzen. Von philosophischem Interesse sind weiterhin die von C. L. Stevenson beschriebenen (9) persuasiven D.en, die eine begriffliche Bestimmung mit dem Ziel der Beeinflussung unter bewusster Verwendung emotionaler Aspekte vornehmen (»Abtreibung ist die grausame Ermordung wehrlosen ungeborenen Lebens«).

Mit diesen Unterscheidungen wird im Wesentlichen die traditionelle Unterteilung der D.en in Real- und Nominaldefinitionen abgelöst. Realdefinitionen werden verstanden als Wesenserklärungen. Dies geschieht einer durch Aristoteles begründeten Auffassung zufolge für einen Begriff durch Angabe der nächsthöheren Gattung sowie der spezifischen Differenz zu anderen Arten (»der Mensch ist ein vernünftiges Lebewesen«). Nominaldefinitionen setzen dagegen lediglich Wortbedeutungen fest. Dies wird von Leibniz dahingehend verstanden, dass nur Realdefinitionen auch über die Möglichkeit eines Begriffs Aufschluss geben, während Nominaldefinitionen nur Identifikationsmerkmale liefern und offenlassen, ob das Definierte in den Bereich des Möglichen fällt.

Literatur:

  • I. Copi: Introduction to Logic. New York 61982
  • R. Kleinknecht: Grundlagen der modernen Definitionstheorie. Königstein 1979
  • E. v. Savigny: Grundkurs im wissenschaftlichen Definieren. München 1970
  • P. Suppes: Introduction to Logic. Princeton 1957.

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Herausgegeben von Peter Prechtl (†) und Franz-Peter Burkard.

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