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Metzler Lexikon Philosophie: Stoa

um 300 v.Chr. von Zenon von Kition gegründete, nach der als Versammlungsort dienenden »bunten Säulenhalle« (stoa poikile) in Athen benannte, weitverbreitete Richtung der hellenistischen Philosophie. Gemäß der Einteilung des Akademikers Xenokrates gliedert sich die stoische Lehre in Logik, Physik und Ethik. – Die Logik der S. umfasst die Rhetorik, die Erkenntnistheorie und die Dialektik; in der Erkenntnistheorie wird die »erfassende Vorstellung« (phantasia kataleptike) als Wahrheitskriterium bestimmt, während sich die Dialektik aus der Lehre vom sprachlichen Zeichen, der sprachlichen Bedeutung und aus einer auf die Megariker zurückgreifenden, formalen Aussagenlogik zusammensetzt. – In ihrer Physik geht die S. von zwei kosmologischen Prinzipien aus: dem Tätigen und dem Leidenden. Sie bestimmt die göttliche Weltvernunft, den tätigen Logos, als ein kosmisches Wirkprinzip, das als Feuer oder Pneuma die eigenschaftslose, leidende Materie durchwaltet und zu Körpern ausformt. Der Kosmos wird dabei als Organismus gedacht, dessen Entstehen und Vergehen im Plan des göttlichen Logos vorgezeichnet ist. Einerseits ist die Welt nun gemäß göttlicher Vorsehung (pronoia) teleologisch strukturiert; ihr Ziel ist die Selbsterhaltung der Vernunft. Andererseits unterliegt sie den unabänderlichen Gesetzen des Logos und somit dem Schicksal (heimarmene) als durchgängiger kausaler Determination alles Geschehens. – Die Ethik der S. fasst die vernunft- und naturgemäße Apathie (Affektfreiheit) als höchstes Gut und identifiziert das Glück mit der im Ideal des Weisen verkörperten Tugend als der Einsicht in die sittliche Gleichgültigkeit aller anderen Güter. Sozialethisch vertritt die S. ein Naturrecht, das auf dem Gefühl der Zusammengehörigkeit aller Vernunftwesen beruht. – In der Geschichte der S. werden drei Perioden unterschieden: Die ältere S. mit Zenon, Kleanthes und Chrysipp, der der stoischen Lehre ihre systematische Grundlage gibt. Sie versteht sich als eigentliche Fortsetzung und Erneuerung der Sokratik und setzt sich von daher kritisch mit der Akademie und dem Peripatos auseinander. Die mittlere Periode mit Panaitios und Poseidonios als wichtigsten Vertretern modifiziert das altstoische System und öffnet sich in späterer Zeit zunehmend eklektisch dem Einfluss platonischen und aristotelischen Gedankenguts. Die späte S. der Kaiserzeit dringt in breite Kreise der römischen Bildungsschicht ein, verliert aber an eigenständiger philosophischer Kraft. Zu ihr zählen Seneca, Epiktet und Kaiser Marc Aurel.

Literatur:

  • M. Forschner: Die stoische Ethik. Stuttgart 1981
  • M. Hossenfelder: Die Philosophie der Antike 3. Stoa, Epikureismus und Skepsis. München 1985
  • M. Pohlenz: Die Stoa. 2 Bde. Göttingen 61984/61990
  • J. M. Rist: Stoic Philosophy. Cambridge 21980
  • F.H. Sandbach: The Stoics. Bristol 21989.

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Herausgegeben von Peter Prechtl (†) und Franz-Peter Burkard.

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