Direkt zum Inhalt

Auch im Kleinen mangelhaft



Die Debatte über Raketenabwehr konzentriert sich im allgemeinen auf landesweite Systeme, die das Territorium der USA vor Interkontinentalraketen schützen sollen. Die USA entwickeln jedoch auch eine Reihe von taktischen Systemen zum Schutz eigener Truppen und Einrichtungen in anderen Ländern vor Raketen mit einer Reichweite von 30 bis 3000 Kilometern. Nach gängiger Meinung ist eine taktische Abwehr leichter zu erreichen als eine landesweite, denn die zu verteidigende Fläche ist kleiner, und die angreifenden Raketen sind langsamer. Doch beide Arten von Abwehrsystemen lassen sich mit relativ simplen Mitteln unterlaufen. Zudem zeigen die Testergebnisse taktischer Abwehrsysteme, daß es alles andere als einfach ist, eine anfliegende Rakete mit einem anderen Flugkörper zu treffen.

Das bekannteste und zugleich einzige jemals im Kampf eingesetzte taktische Abwehrsystem ist die Patriot der US-Armee, die ursprünglich als Flugabwehrrakete entwickelt wurde und im Golfkrieg gegen irakische Scud-Raketen ihre Feuertaufe zu bestehen hatte. Der Sprengkopf der Patriot sollte in der Nähe ankommender Raketen detonieren und sie auf diese Weise zerstören oder zumindest von ihrem Kurs ablenken.


Die Armee spricht von einer 60-prozentigen Erfolgsquote, doch Kritiker behaupten, die Patriot habe bei all ihren Einsätzen versagt und dies, obwohl die Gefechtsköpfe der Scud-Raketen mit keinerlei erkennbaren Gegenmaßnahmen ausgestattet waren. Gegenwärtig wird das Patriot-System mit einer neuen Rakete aufgerüstet, die dieselbe hit-to-kill-Technologie nutzt wie das nationale Abwehrsystem.

Das Verteidigungssystem "Theater High Altitude Area Defense" der Armee, kurz THAAD, soll das vielseitigste und leistungsfähigste hit-to-kill-System werden. Sein Entwicklungsstand hat zwar noch nicht denjenigen der Patriot-Rakete erreicht, aber es wird schon geplant, es gegen taktische Raketen großer Reichweite sowohl innerhalb als auch außerhalb der Atmosphäre einzusetzen. Indes hat das THAAD-System mehr als jedes andere gezeigt, wie schwierig es ist, eine wirksame Raketenabwehr zu entwickeln: Von den ersten sieben Abfangtests seit 1995 war nur einer erfolgreich.

Das "Theater-Wide"-System der US-Marine ist ähnlich konzipiert. Es soll aus Abfangraketen großer Reichweite bestehen und auf Schiffen in der Nähe von Staaten stationiert werden, die mit ballistischen Flugkörpern US-Truppen oder die Städte von verbündeten Nationen bedrohen könnten. Ein analoges System der Marine mit kürzerer Reichweite ist unter dem Namen "Area Defense" bekannt. Auch für das Schlachtfeld wird ein mobiles taktisches Abwehrsystem entwickelt.

Eine gänzlich andere Abfangtechnologie umfaßt Laserwaffen. Die US-Luftwaffe plant den sogenannten Airborne Laser, der – auf einer Boeing 747 stationiert – Raketen bereits in einer frühen Flugphase zerstören soll. Und um bereits in der Startphase der feindlichen Raketen zuschlagen zu können, entwickelt die Luftwaffe einen weltraumgestützten Laser


Aus: Spektrum der Wissenschaft 11 / 1999, Seite 69
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.